Zusammenfassung
Nachhaltigkeit ist in aller Munde. Daher gibt es zunehmend ein Umdenken in den Unternehmen. Denn der verantwortungsvolle Umgang mit natürlichen Ressourcen, Umweltschutz oder die Bekämpfung von Armut sind nicht nur eine Frage der eigenen Überzeugung, sondern auch des Firmenimages oder gesetzlicher Anforderungen. Doch was sich leicht in der Geschäftsphilosophie zum Ausdruck bringen lässt, bedeutet meist harte Veränderungsarbeit. Worauf es ankommt und welche Fallstricke es gibt, beleuchtet dieser Beitrag.
1 Aktuell wie nie zuvor – doch Vorsicht vor Aktionismus
"Bei uns hat die Geschäftsführung Nachhaltigkeit mit Priorität 1 ausgerufen. Seitdem sind wir alle in hellem Aufruhr". So berichtet es eine Mitarbeiterin aus einem Bildungsunternehmen. Ganz typisch, lange passiert nichts, plötzlich herrscht Aktionismus. Auslöser dafür können die Erwartungen von Kunden sein oder gesetzliche Anforderungen, wie etwa das anstehende Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, das zum 1.1.2023 in Kraft tritt. Aber auch die Erkenntnis bei der Geschäftsführung, dass es höchste Zeit ist zu handeln, wenn sich wieder mal durch Wetterphänomene oder Feuersbrünste zeigt, dass der Klimawandel in vollem Gange ist. Auch der Erdüberlastungstag erinnert uns jährlich daran, dass wir die Erde unberührt weiter ausbeuten. So war am 28.7.2022 das Datum, zu dem die Menschheit nach Berechnungen des Global Footprint Network bereits alle natürlichen Ressourcen verbraucht hatte. Für unsere Anforderungen bräuchte die Menschheit 1,75 Erden, sagt der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND).
Unternehmen wie der Nudelproduzent Barilla aus Italien haben schon viel früher ihre Produktionskette ökologisch nachhaltig ausgerichtet. Die Inhaber der größten Nudelfabrik der Welt sind überzeugt, dass nur gesunde Lebensmittel auch umweltschonend sind. Die 3 Brüder Paolo, Guido und Luca richten den 140 Jahre alten Nahrungsmittelhersteller aus Parma etwa seit dem Jahr 2010 auf Nachhaltigkeit aus. Denn sie sehen ihre globale Verantwortung und wollen die Umweltzerstörung stoppen.
Wer sich dem Thema Nachhaltigkeit neu widmet und das Unternehmen in diese Richtung bewegen möchte, hat viele Fragen: Wo fange ich an? Was verstehen wir genau unter Nachhaltigkeit? Wie bringe ich die Mitarbeiter hinter mich? Und v.a.: wie setze ich all das strukturell und kulturell im Unternehmen um? Und das auch hier nachhaltig, sprich dauerhaft und wirksam.
2 Hochrisikogebiet: Wenn Nachhaltigkeit nur ein Feigenblatt ist
Klassischerweise rufen Vorstände bzw. Geschäftsführungen betriebliche Veränderungsprozesse aus und treiben diese voran. So auch beim Thema Nachhaltigkeit bzw. Corporate Sustainability. Und da gibt es aus Change-Sicht eine wichtige Regel. Solange es auf dieser Ebene keinen wirklichen Treiber und Promotor für den Wandel gibt, geht einem Change-Prozess schnell die Luft aus. Das Top-Management muss eine leuchtende Vorbildwirkung haben und aktiv unterstützen, wie auch Krüger betont.
Wenn der Chef mit einem statusbetonten, spritfressenden SUV vorfährt und gleichzeitig die Dienstreisen CO2-reduziert sein sollen, ist das der frühe Tod der Change-Begeisterung bei den Mitarbeitern. Denn diese sagen sich berechtigt, wieso soll ich mich in meinem Denken und Verhalten ändern, wenn es die Führung im Unternehmen nicht tut. Das wäre gerade beim Thema Nachhaltigkeit besonders bitter. Schließlich gibt es im Gegensatz zu vielen anderen Change-Initiativen wohl kaum so hohe Offenheit bei vielen Menschen, hier Dinge anders zu machen.
Als Change-Verantwortlicher gilt es, die folgenden Mechanismen im Blick zu halten und zunächst gerade die oberste Führungsebene für deren zentrale Rolle im Veränderungsprozess zu sensibilisieren; gleichwohl dann auch bei allen anderen Führungskräften im Unternehmen, die schlussendlich den Wandel gestalten.
Nach Krüger gibt es insbes. 3 Attribute, die eine wichtige Rolle spielen: Authentizität, Glaubwürdigkeit und Vorbildfunktion.
- Authentizität sagt aus, dass sich eine Persönlichkeit unverstellt zum Ausdruck bringt. Sie ist so, wie sie ist.
- Glaubwürdigkeit betrifft die Überzeugungskraft. Gerade in Situationen, in denen es eine hohe Unsicherheit gibt, ist diese Eigenschaft wichtig. Denn Glaubwürdigkeit schafft Vertrauen und letztendlich die Akzeptanz von angestrebten Änderungen.
- Vorbildfunktion: Wenn Worte und Taten von Führungskräften nicht im Einklang stehen, sinkt die Akzeptanz. Trotz des Wissens um die Vorbildwirkung gibt es in den Unternehmen immer wieder eklatante Verstöße gegen diese Erwartung.
Wimmer weist auf das Phänomen der inneren Distanziertheit hin, das dazu beiträgt, dass Manager nicht die entsprechende Überzeugungskraft und Vorbildwirkung ausstrahlen. Dabei erleben sich Manager als Macher und Gestalter des Change-Prozesses, fühlen sich aber selbst nicht unmittelbar davon betroffen. Ändern müssen si...