Dass Städte als signifikanter Teil des internationalen Multigovernancesystems wahrgenommen werden ist nicht selbstverständlich und auch erst eine Entwicklung der ca. letzten 15 Jahre. Weltweit lebt schon seit langem mehr als die Hälfte der Menschen in Städten, 80 % des globalen Bruttosozialprodukts wird in Städten und urbanen Regionen erwirtschaftet aber letztlich auch ca. 75 % der globalen CO2-Emissionen kommen von dort. Da ist es mehr als deutlich, dass der Kampf um die globale Erreichung der 17 UN-Nachhaltigkeitsziele nur mit und in den Städten und urbanen Regionen gewonnen werden kann. Auf europäischer Ebene ist Eurocities, das zwar schon 1986 gegründet wurde, aber erst Ende der 1990er-Jahre/Anfang 2000 richtig Fahrt aufnahm, mit aktuell 135 Städten aus 35 Ländern der zentrale Lobbyverband, wenn es um die städtischen Interessen auf Europäischer Ebene geht.
Weitere Netzwerke sind UCLG (United Cities and Local Governments), die aktuell den größten Einfluss auf globaler Ebene zum Thema Umsetzung der 17 UN-Nachhaltigkeitsziele gegenüber UN-Habitat und der UN haben. Strukturell vertreten die Städte in Europa natürlich noch der Rat der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE) bzw. Council of European Municipalities (CEMR) und Metropolis das nur Städte über 500.000 Einwohner zulässt und vielleicht das politischste Gremium zur weltweiten Vertretung von Städten, das Global Parliament of Mayors (GPM).
Dieses, inzwischen vom Gründungsmitglied, dem Mannheimer Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz geführte Netzwerk, geht auf eine Idee des leider viel zu früh verstorbenen amerikanischen Politologen und US-Präsidentenberater, Benjamin Barber, zurück. Dieser formulierte nach langjährigen Erfahrungen im politischen Multigovernancesystem und Forschungen sein epochales Werk "If mayors ruled the world". Darin vertritt er die These von der Dysfunktionalität der nationalstaatlichen Ebenen, die mit den aktuellen Herausforderungen wie dem Klimawandel, Terrorismus, Armut, soziale Spaltungen in ihrer aktuellen Governancestruktur nicht zurechtkommen. Er war davon überzeugt, dass die lokale Ebene die Entscheidende ist! Die Demokratie entstand in Städten und funktioniert dort am besten. Bürgermeister sind die pragmatischsten und effektivsten aller politischen Führer, denn sie müssen Dinge durchsetzen. Hier ist die direkte Schnittstelle von Bürgerinnen und Bürgern und politischen Entscheidungsträgern und hier vor Ort treffen die Probleme und Herausforderungen direkt die Menschen. Daher müssten Bürgermeister bei der Lösung der Probleme eine größere Rolle spielen und am besten in einem neu zu konstituierenden Global Parliament of Mayors zentraler Entscheidungs- und Diskussionsbestandteil des Multigovernancesystems sein. Aktuell spielten sie eine untergeordnete Rolle, gerade bei der Lösung der globalen Probleme. Dazu gibt es globale themenspezifische Netzwerke wie ICLEI (Local Governments for Sustainability) oder die von dem ehemaligen New Yorker Bürgermeister und Milliardär Michael R. Bloomberg (intrinsische Motivation, die Welt zu retten) gegründeten C40, inzwischen fast 100, die sich explizit dem Kampf gegen die weltweite Klimaerwärmung verschrieben haben.