Zur Entwicklung von Steuerungskennzahlen zu einer ökologisch nachhaltigen Wirtschaftstätigkeit wird exemplarisch ein Logistikunternehmen betrachtet. Die Logistikbranche ist in Deutschland ein bedeutender Wirtschaftszweig und Arbeitgeber. Zudem bestehen insbesondere im Logistikmarkt große transformatorische Herausforderungen bei der Bewältigung des Umwelt-, Klima- und Ressourcenschutzes.
Bei dem Fallbeispiel handelt es sich um ein fiktives Unternehmen: "European Logistics GmbH" in Berlin (nachfolgende kurz: EL GmbH). Das Unternehmen betätigt sich als Speditions- und Logistikdienstleister im Güterverkehr in Deutschland und im europäischen Ausland. Die Geschäftsbereiche des Unternehmens sind Nahverkehr (bis 50 km) und Fernverkehr (ab 50 km). Das Unternehmen verfügt gegenwärtig über Fahrzeuge mit Elektro- und Verbrennungsmotoren:
- Nahverkehr: 10 Fahrzeuge (Elektromotor; Fahrzeugklasse N1); 5 Fahrzeuge (Verbrennungsmotor; Fahrzeugklasse N2),
- Fernverkehr: 12 Fahrzeuge (Verbrennungsmotor; Fahrzeugklasse N2); 3 Fahrzeuge (Elektromotor; Fahrzeugklasse N1)
Die Fahrzeugklassen sind wie folgt einzuordnen: Kraftfahrzeuge der mit einer zulässigen Gesamtmasse von höchsten 3,5 Tonnen (Fahrzeugklasse N1), über 3,5 Tonnen bis höchsten 12 Tonnen (Fahrzeugklasse N2). Alle hier im Beispiel aufgeführten Fahrzeuge sind nicht zum Transport von fossilen Brennstoffen bestimmt.
Die EL GmbH hat die CSRD anzuwenden, wobei es sich um ein Nicht-Finanzunternehmen handelt.
Die Gewinn- und Verlustrechnung stellt sich für den Zeitraum vom 1.1.2023 bis zum 31.12.2023 wie folgt dar (Abb. 3). Der Umsatz ist gleichverteilt auf Basis der Anzahl der Fahrzeuge, unabhängig von der Antriebsart.
Abb. 3: Gewinn- und Verlustrechnung der EL GmbH für das Geschäftsjahr 2023
Stufen 1 bis 3
Nach der Vorgehensweise in Abb. 1 ist zuerst der NACE-Code für die EL GmbH festzulegen (Stufe 1). Für die Güterbeförderung im Straßenverkehr kann der EL GmbH ein NACE-Code der Klasse 49.41 zugeordnet werden. Das Unternehmen hat somit das Potenzial einer ökologisch nachhaltigen Wirtschaftstätigkeit, folglich ist es taxonomiefähig. Weiterhin wird für das Unternehmen das Umweltziel 1 "Klimaschutz" festgelegt (Abb. 1; Stufe 2). Auf Basis dieses Umweltziels sind die technischen Bewertungskriterien zur Einstufung der Wirtschaftstätigkeit als "ökologisch nachhaltig" für die Güterbeförderung im Straßenverkehr anzuwenden. Zielsetzung ist damit, die Taxonomienkonformität festzustellen (Abb. 1; Stufe 3). Einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten bei der EL GmbH gegenwärtig folgende Fahrzeuge: 10 Elektro-Fahrzeuge im Nahverkehr und 3 Elektro-Fahrzeuge im Fernverkehr, da diese keine direkten CO2-Abgasemissionen verursachen (Fahrzeugklasse N1). Die folgenden Fahrzeuge leisten keinen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz: 5 Fahrzeuge im Nahverkehr und 12 im Fernverkehr, die als Antriebsart den Verbrennungsmotor (Fahrzeugklasse N2) haben und Emissionen von nicht weniger als 1 g CO2 pro km ausstoßen. Somit sind dies keine "emissionsfreien schweren Nutzfahrzeuge".
Hinsichtlich der Prüfung einer Vermeidung erheblicher Beeinträchtigung (DNSH-Kriterium) kann in diesem Beispiel davon ausgegangen werden, dass eine erhebliche Beeinträchtigung bei den anderen Umweltzielen nicht vorliegt. Ferner kann davon ausgegangen werden, dass der Mindestschutz eingehalten wird.
Damit ergibt sich aus der Erfüllung der technischen Bewertungskriterien für die EL GmbH, dass der Geschäftsbereich Nahverkehr taxonomiekonform ist. Der Geschäftsbereich Fernverkehr ist gegenwärtig nicht taxonomiekonform, da dieser insgesamt gegenwärtig keinen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leistet. Allerdings ist es zukünftig möglich, dass die Anschaffung neuer Elektro-Fahrzeuge im Fernverkehr eine wesentliche, positive Auswirkung auf die Umwelt hat. Zudem kann davon ausgegangen werden, dass aufgrund der wirtschaftlichen Lebensdauer der Verbrenner-Fahrzeuge die langfristige Umweltzielerreichung dem Klimaschutz nicht hinderlich ist (Lock-in-Effekt). Die Ergebnisse sind in der nachfolgenden Abb. 4 zusammengefasst.
Abb. 4: Struktur des Fuhrparks der EL GmbH und Taxonomiekonformität
Berechnung der Steuerungskennzahlen
Auf Basis der taxonomiekonformen Aktivitäten, die als ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten eingestuft werden können, ist eine Berechnung der Steuerungskennzahlen möglich. Dazu werden die in Abb. 1 dargestellten Steuerungskennzahlen (Umsatz-KPI, CapEX-KPI und OpEX-KPI) herangezogen.
Bei den gesamten Umsatzerlösen 2023 (47 Mio. EUR) leisten die 10 Elektro-Fahrzeuge aus dem Nahverkehr einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz (12 Mio. EUR / 15 Fahrzeuge * 10 Fahrzeuge = 8 Mio. EUR), weshalb dieser Geschäftsbereich insgesamt taxonomiekonform ist (Umsatzanteil > 50 %). Im Fernverkehr ergibt sich folgendes Bild: In diesem Geschäftsbereich sind 3 Elektro-Fahrzeuge und 12 Verbrenner-Fahrzeuge. Damit beträgt der Umsatzanteil für die 3 Elektro-Fahrzeuge 7 Mio. EUR (35 Mio. EUR / 15 Fahrzeuge * 3 Fahrzeuge)...