Kennzahlen in Berichten zu EU-Taxonomie kaum aussagekräftig

Viele Unternehmen in Europa müssen Taxonomieangaben veröffentlichen. Eine aktuelle Studie zeigt jedoch, dass es noch an einer einheitlichen Vorgehensweise fehlt. Die veröffentlichten Berichte sind bisher nur wenig aussagekräftig und vor allem kaum vergleichbar. Auch die Taxonomiekennzahlen bleiben für Unternehmen noch eine große Herausforderung.

Grundlagen der Berichterstattung: taxonomiefähige und taxonomiekonforme Wirtschaftstätigkeiten

Mit der EU-Taxonomieverordnung wurde ein einheitliches Klassifikationssystem eingeführt. Hiermit soll ermittelt werden, welche wirtschaftlichen Tätigkeiten als nachhaltig einzustufen sind. Es wird zwischen „taxonomiefähigen“ und „taxonomiekonformen“ Tätigkeiten unterschieden:

  • Taxonomiefähige Tätigkeiten sind Wirtschaftstätigkeiten, die im delegierten Rechtsakt zur Klimataxonomie aufgeführt sind.
  • Taxonomiekonforme Tätigkeiten sind taxonomiefähige Wirtschaftstätigkeiten, die
    • einen Beitrag für mindestens eines der Umweltziele der EU leisten,
    • keinem der Umweltziele signifikant schaden (does no significant harm DNSH) und
    • ein Minimum an Sicherheitsstandards, zum Beispiel die UN Guiding Principles on Business and Human rights, erfüllen, um einen negativen sozialen Einfluss zu vermeiden.

Erste Berichte wurden veröffentlicht

Große, kapitalmarktorientierte Industrieunternehmen müssen bereits seit 1. Januar 2022 die EU-Taxonomieverordnung umsetzen. Allerdings ist die Umsetzung alles andere als einfach. So mussten beispielsweise in vielen Unternehmen zunächst einmal Datengrundlagen geschaffen und Kennzahlen erstmalig ermittelt werden. Und nicht zuletzt mussten sich Unternehmen mit den Klassifizierungen auseinandersetzen. Die ersten Berichte wurden mittlerweile veröffentlicht. Wie sind die ersten Ergebnisse zu beurteilen?

Taxonomieberichterstattung ist noch verbesserungswürdig

Eine Studie der Beratungsgesellschaft PwC kommt zu dem Resultat, dass die EU-Taxonomieberichterstattung der analysierten Unternehmen bisher kaum aussagekräftig ist. Es fehlt an Transparenz und Vergleichbarkeit. Für die Studie wurden die Berichte von 706 Industrieunternehmen und 146 Finanzinstituten in Europa für das Geschäftsjahr 2022 analysiert, die bis einschließlich 30. April 2023 veröffentlicht wurden.

Wo werden Taxonomieangaben veröffentlicht?

Erste Unterschiede zeigen sich bereits in der Vorgehensweise, wo Unternehmen ihre Angaben zur EU-Taxonomie veröffentlichen. So berichten 48 % der Industrieunternehmen über die Taxonomieangaben im Nachhaltigkeitsbericht und 27 % im Geschäftsbericht. Bei den Finanzinstituten veröffentlichen 51 % die entsprechenden Daten im Geschäftsbericht, 33 % in einer separaten nichtfinanziellen Erklärung.

Ein Drittel nutzt die verpflichtenden EU-KPI-Templates nicht

Große Herausforderungen zeigen sich bei der Veröffentlichung von Kennzahlen: So legen zwar 86 % die Kennzahlen für jede Wirtschaftsaktivität offen. Allerdings nutzen lediglich 66 % bisher die KPI-Templates, obwohl diese verpflichtend sind. Und nicht immer wird offengelegt, nach welchen Methoden die Kennzahlen ermittelt worden sind. So machen 23 % der Finanzinstitute keine genauen Angaben, wie die Taxonomiekennzahlen berechnet worden sind. Allerdings sind gerade Finanzinstitute in ihrer Berichterstattung auch abhängig von der Datenqualität ihrer Portfoliounternehmen.

Unklarheiten bei der Taxonomiefähigkeit und -konformität?

Die Studienergebnisse zeigen zudem eine große Diskrepanz zwischen der Taxonomiefähigkeit und der Taxonomiekonformität – und zwar sowohl bei den Umsätzen als auch den Investitionsausgaben und den Betriebsausgaben. In den Industriebranchen lag der durchschnittliche taxonomiefähige Umsatz bei 26 %, doch als taxonomiekonform wurden im Schnitt lediglich 7 % angegeben.

Woher kommt diese große Diskrepanz? Nadja Picard, Partnerin und Global Reporting Leader bei PwC Deutschland, vermutet: „Möglicherweise sind die Industrieunternehmen noch unsicher bei den Konformitätskriterien, die erforderlichen Daten sind im Unternehmen noch nicht verfügbar oder aber die Kriterien sind schlichtweg für eine Konformität noch nicht erfüllt. Unternehmen sollten sich weiterhin intensiv mit der EU-Taxonomie auseinandersetzen, insbesondere weil die Berichterstattung über weitere Umweltziele bevorsteht. Die Komplexität wird weiter zunehmen.“

Geringe Taxonomiefähigkeit und -konformität bei Umsätzen im Handel und der Gesundheitsbranche

Die Analyse offenbart außerdem große branchenbezogene Unterschiede: So stechen folgende Branchen beim taxonomiefähigen Umsatz hervor:

  • Real Estate (65 %)
  • Automobil (46 %)
  • Transport & Logistik (39 %)

Im Vergleich hierzu zeigt sich ein sehr niedriger taxonomiefähiger Umsatz bei:

  • Medien & Kommunikation (17 %)
  • Handel (5 %)
  • Gesundheitsbranche (0 %)

Zur Taxonomiekonformität weisen Unternehmen aus Energy, Utilities & Resources (20 %) Real Estate (16 %) einen besonders hohen Umsatz aus, während dieser bei Gesundheitsbranche (0 %) und Handel (1 %) erneut sehr gering ausfällt.

Bei Investitionsausgaben (CapEx) wurden im Schnitt 37 % als taxonomiefähig und 10 % als taxonomiekonform ausgewiesen. Bei den Betriebsausgaben (OpEx) wurden durchschnittlich 27 % als taxonomiefähig und 8 % als taxonomiekonform ausgewiesen.

Fazit: Das Studienergebnis verdeutlicht, dass es für Unternehmen zur EU-Taxonomieberichterstattung noch viel Handlungsbedarf gibt. Immerhin rund ein Drittel nutzt noch nicht die verpflichtenden EU-Templates zur Darstellung ihrer Kennzahlen. Auch die Datenqualität der veröffentlichten Kennzahlen ist mit einem Fragezeichen zu versehen. Die Verpflichtungen werden nicht weniger: Durch CSRD wird das ESG-Reporting an Komplexität zunehmen. In vielen Unternehmen ist damit zu rechnen, dass der Umsetzungsaufwand enorm sein wird. Das Thema Nachhaltigkeit wird also das Reporting noch erheblich fordern.

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