EU-Taxonomie: Klassifizierungskriterien zur Nachhaltigkeit
Die europäischen Staaten haben sich zuletzt in 2019 durch den Vorschlag für ein europäisches Klimagesetz zur Verwirklichung einer CO2-neutralen Europäischen Union bis 2050 (kurz: EU Green Deal) darauf geeinigt, die EU klimaneutral zu machen. Damit dieses ambitionierte umweltpolitische Ziel erreicht wird, sollen auch die Finanzmärkte, spezielle Investitionen und wirtschaftliches Handeln eine – ökologisch nachhaltige – Rolle einnehmen (Sustainable Finance). Weitere Informationen hierzu finden Sie in unserer News zur Sustainable Finance-Strategie der EU-Kommission.
EU-Taxonomie: Klassifizierung von wirtschaftlichen Tätigkeiten
Zur Umsetzung bedient sich die Europäische Kommission der Sustainable Finance-Taxonomie (auch EU-Taxonomie oder Taxonomie genannt). Die konkrete Ausgestaltung hat die EU-Kommission der Technical Expert Group (TEG) übertragen, die wiederum im März 2020 ihren ersten Bericht vorgestellt hatte. Zur verpflichtenden Anwendung in der EU bedarf es allerdings immer noch eines (delegierten) Rechtsakts durch die EU-Kommission.
Mittels der Taxonomie werden innerhalb der EU erstmals Klassifizierungskriterien zur Nachhaltigkeit eingeführt/vorgegeben, wonach zukünftig innerhalb der EU Wirtschafts-/Investitionsaktivitäten aufgrund ihrer Nachhaltigkeit eingeordnet werden. Im ersten Schritt stellt die EU-Taxonomie dabei auf Klimaziele ab. Eine Wirtschaftsaktivität ist als taxonomiekonform anzusehen, wenn diese einen wesentlichen Beitrag zu mindestens einem von insgesamt sechs Umweltzielen leistet:
- Klimaschutz
- Anpassung an den Klimawandel
- Nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen
- Wandel zu einer Kreislaufwirtschaft
- Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung
- Schutz und Wiederherstellung von Ökosystemen und Biodiversität
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Adressaten und Kriterien der EU-Taxonomie
Adressaten sind:
- die EU sowie Mitgliedstaaten der EU,
- Finanzmarktteilnehmer, die Finanzprodukte bereitstellen,
- Unternehmen, die zur Veröffentlichung nicht-finanzieller Erklärungen verpflichtet sind.
Als ökologisch nachhaltig gilt eine Wirtschaftstätigkeit, wenn diese
- einen wesentlichen Beitrag zur Verwirklichung eines oder mehrerer der definierten Umweltziele leistet,
- dabei nicht eines oder mehrere der Umweltziele erheblich beeinträchtigt (do not harm-Prinzip),
- dabei ein Mindestmaß/-schutz in Bezug auf Menschenrechte ausgeübt wird und
- den in der EU-Verordnung festgelegten technischen Bewertungskriterien entspricht.
Unternehmen, die der nicht-finanziellen Berichterstattung gem. CSR-Richtlinie (EU-Richtlinie 2014/95/EU; in Deutschland ergibt sich dies aus § 289b HGB bzw. § 315b HGB) unterliegen, haben ihre nicht-finanzielle Erklärung um Informationen zu ergänzen. Die EU-Taxonomie enthält dabei in Art. 8 eigenständige Vorgaben.
Anzugeben sind, wie und in welchem Umfang das Unternehmen in ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten gemäß Definition der EU-Taxonomie involviert ist. Zu berichten ist hierbei jeweils über den ökologisch nachhaltigen Anteil an den drei KPIs
- „Umsatzerlöse“,
- „Investitionsausgaben (CapEx)“ sowie
- „Betriebsausgaben (OpEx)“.
Anfang März 2021 hat die ESMA Richtlinien veröffentlicht, die bei der Ermittlung der Angaben helfen sollen.
Zeitliche Anwendung der EU-Taxonomie
Bereits am 18. Juni 2020 wurde die EU-Taxonomie-Verordnung veröffentlicht (Verordnung (EU) 2020/852 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 18.6.2020 über die Einrichtung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2019/2088, Amtsblatt der Europäische Kommission).
Die Berichtspflichten in der nicht-finanziellen Berichterstattung gelten ab dem 1.1.2022 für alle EU-Mitgliedstaaten. Über die Ziele „Klimaschutz“ und „Anpassung an den Klimawandel“ ist bereits ab dem 1.1.2022 (somit für das Geschäftsjahr 2021) zu berichten, die weiteren Umweltziele der EU-Taxonomie wurden vor Veröffentlichung des delegierten Rechtsaktes zu Art. 8 der EU-Taxonomie noch auf den 1.1.2023 festgelegt. Dies wurde jedoch präzisiert.
Delegierter Rechtsakt zu Art. 8 der Taxonomie-Verordnung
Am 6.7.2021 hat die Europäische Kommission den
finalen delegierten Rechtsakt zur EU-Taxonomie veröffentlicht. Dieser enthält Vereinfachungen zu Art. 10 der EU-Taxonomie.
Für Nicht-Finanzunternehmen (corporates) beziehen sich die Erleichterungen auf Angaben im Jahr der Erstanwendung, somit solche, die vom 1.1. bis zum 31.12.2022 veröffentlicht werden.
Die Klarstellungen umfassen folgende Punkte:
- Im ersten Berichtsjahr (2022) ist nur der Anteil der taxonomiefähigen und der nicht-taxonomiefähigen Wirtschaftstätigkeiten bezogen auf die drei KPIs anzugeben.
- Im ersten Berichtsjahr sind keine Vorjahreswerte zu berichten.
- Verkürzung der Vorjahresangaben von 5 Vergleichsjahren auf 1 Vergleichsjahr.
- Gewährung eines Übergangszeitraumes zur Anwendung der Berichtspflichten zu den weiteren vier Umweltzielen. Entgegen der ursprünglichen Regelung (1.1.2023) ist erst ein Jahr nach Geltungsbeginn des diesbezüglich noch zu erlassenden Delegierten Rechtsakts zu den technischen Bewertungskriterien zu berichten (geplant bis zum 31.12.2021).
Praxistipp: einheitliches Klassifizierungssystem nutzen
Das Klassifizierungssystem der EU-Taxonomie soll ein einheitliches Verständnis der Nachhaltigkeit von wirtschaftlichen Tätigkeiten in der EU schaffen.
Die Klarstellungen durch den Delegierten Rechtsakt der EU-Kommission zu Art. 8 schaffen für Anwender (Nicht-Finanzunternehmen) Erleichterungen, die zu begrüßen sind. Eine Inanspruchnahme ist daher zu empfehlen.
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