Bilanzierung von "grünen" Finanzierungen

Am 21.7.2021 veröffentlichte das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) ein 31-seitiges Papier, in dem auf die aktuellen Herausforderungen für Bilanzierende und Prüfer bei der bilanziellen Abbildung von "grünen" Finanzierungen sowohl auf Seiten der Investoren als auch der Emittenten eingegangen wird.

Hintergrund ist die Stoßrichtung insbesondere der EU (aber nicht nur), die Wirtschaft nachhaltiger auszurichten. Dies soll auch stark über die Finanzierung erreicht werden sowie die daraus resultierenden vielfältigen Regulierungsbestrebungen, die derzeit oft sehr kurzfristig umgesetzt werden. So liegen Pläne der EU-Kommission vor, eine zeitnahe Änderung einiger EU-Richtlinien bezüglich der Vorschriften zur Corporate Social Responsibility (CSR)-Berichterstattung vorzunehmen (Ausweitung der nichtfinanziellen Berichterstattung: CSR-Richtlinie zur Überarbeitung vorgeschlagen) oder zu EU Green Bond Standards. Bereits beschlossen sind eine EU-Taxonomie zur Klassifizierung von "grünen" (=von der EU als nachhaltig angesehener) Wirtschaftstätigkeiten.

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IDW Knowledge Paper: Bilanzierung von "grünen" Finanzierungen

Das IDW weist darauf hin, dass der bilanziellen Abbildung von "grünen" Finanzierungen bislang wenig Beachtung geschenkt wurde. Weder die IFRS noch das Handelsrecht enthielten derzeit Vorschriften, welche sich speziell mit der Bilanzierung dieser Art von Finanzinstrumenten auseinandersetzen. Daher werden mit dem IDW Knowledge Paper (IDW KP) "Bilanzierung von "grünen" Finanzierungen" wesentliche Aspekte, die bei der bilanziellen Abbildung von "grünen" Finanzprodukten zu berücksichtigen sind, erläutert und darüber hinaus erste Anregungen für eine weitergehende Diskussion gegeben. Eine solche Diskussion ist aus Sicht des IDW unter Beteiligung der verschiedenen Adressatengruppen der Rechnungslegung dringend zu führen, damit eine transparente und vergleichbare Darstellung von "grünen" Finanzinstrumenten in den Abschlüssen der Unternehmen gewährleistet ist.

"Grüne" Finanzinstrumente: Enorm heterogen

Grundsätzlich sind "grüne" Finanzinstrumente sehr heterogen, da es sich um vertragliche Ausgestaltungen handelt, bei denen quasi als Nebenbedingungen mehr oder weniger strenge Klauseln den Emittenten zur Beachtung bestimmter nachhaltigkeitsrelevanter Handlungen (oder Unterlassungen) verpflichtet. Diese Covenants (Vertragsnebenabreden) waren zwar auch bereits bei Verabschiedung des IFRS 9 im Jahr 2014 bekannt, doch wurden diese damals ganz überwiegend rein finanziell verstanden. Die mit den "grünen" Finanzierungen zusammenhängenden Nebenabreden sind da anders einzuschätzen. Hier kommt es zu einer Kopplung der Rückflüsse an bestimmte Nachhaltigkeitsindikatoren (sog. ESG-linked-Instrumentes) oder die Rückflüsse sind abhängig von Erlösen aus bestimmten, als nachhaltig eingestuften Projekten (sog. Green Bond / Green Loan / Grüne Schuldscheine). Daraus folgt allerdings, dass bei diesen "grünen" finanziellen Vermögenswerten ggf. mit einer Variabilität der Zahlungsströme aufgrund dieser Nachhaltigkeitsfaktoren in der Vertragsgestaltung zu rechnen ist.

Bewertung von "grünen" Finanzinstrumenten nach HGB und IFRS

Sofern die Zahlungsstrombedingung erfüllt ist, ist in Abhängigkeit vom vorherrschenden Geschäftsmodell (GM) eine Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten (GM = "Halten") oder erfolgsneutral zum Fair Value (GM = "Halten und Verkaufen") möglich. Ist die Zahlungsstrombedingung nicht erfüllt, was bei einer gewollten starken Abhängigkeit von Nachhaltigkeitsaspekten häufig zu erwarten wäre, ist – unabhängig vom Geschäftsmodell – eine erfolgswirksame Bewertung zum Fair Value geboten (IDW KP S. 13). Dies führt gerade bei nicht-börsennotierten Wertpapieren zu einem erheblichen Bewertungsaufwand. Bei Bilanzierung nach dem HGB bestehen dagegen keine Änderungen zu normalen finanziellen Vermögenswerten, da diese stets mit den (fortgeschriebenen) Anschaffungskosten zu bilanzieren sind. Auf der Passivseite der Bilanz stellt die Analyse "grüner" finanzieller Verbindlichkeiten nach IFRS auf vorhandene eingebettete und abspaltungspflichtige Derivate die Emittenten vor Herausforderungen.

IDW Kowledge Paper (KP): Klassifizierung und Bilanzierung "grüner" Finanzinstrumente

In dem IDW KP wird nach der Darstellung der bislang erfolgten Regulierung zu "grünen" Finanzinstrumenten und der Klassifizierung der verschiedenen Ausgestaltungsvarianten intensiv auf die Facetten der Bilanzierung dieser Instrumente für Emittenten und Investoren eingegangen, wobei der Schwerpunkt der Ausführungen auf den IFRS liegt. In Fazit und Ausblick dieses sehr fundierten KPs wird auf die aus der Sicht des IDW überfällige Diskussion der Bilanzierung dieser gerade auch politisch gewollten Finanzierungsformen hingewiesen und erste Ansätze vorgeschlagen. Das IDW hält es kurzfristig für wünschenswert, dass das IASB ein gesondertes Projekt mit dem Ziel einer begrenzten Änderung von IFRS 9 kurzfristig in seinen Arbeitsplan aufnimmt (IDW KP S. 24). Generell sollten sich sowohl auf globaler Ebene (IFRS) als auch auf nationaler Ebene (HGB) mit dieser neuen Art der Finanzinstrumente und deren Bilanzierung intensiv auseinandergesetzt werden (IDW KP S. 25).

Das Knowledge Paper Bilanzierung von „grünen“ Finanzierungen ist hier abrufbar.


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