3.1.1 Greenwashing: Grünes Image ohne hinreichende Grundlage
Unternehmungen, die ihre geplanten Nachhaltigkeitsleistungen gegenüber ihren Stakeholdern werbewirksam kommuniziert haben, bleiben nicht selten plausible Belege für ihr avisiertes Engagement schuldig. Sie verharren in dem Entwicklungsstadium des "Greenwashing" und müssen sich vermehrt mit einer kritischen Berichterstattung auseinander setzen. Der Begriff Greenwashing spielt auf "grün" als Symbol für Natur und Umweltschutz und "Waschen" im Sinne von sich reinwaschen an.
Was ist Greenwashing?
Greenwashing ist eine kritische Bezeichnung für PR-Methoden, die darauf zielen, einer Unternehmung in der Öffentlichkeit ein umweltfreundliches und verantwortungsbewusstes Image zu verleihen, ohne dass es dafür eine hinreichende Grundlage gibt.
Greenwashing betreiben vor allem die Unternehmungen, die ganz genau wissen, dass sie nicht wahrhaftig nachhaltig wirtschaften. Sie versuchen, dem Verbraucher etwas zu suggerieren, das in der Realität nicht oder nicht in dem Maße gelebt oder vorhanden ist. Dennoch haben viele Unternehmungen wirklich die Absicht, nachhaltiger zu wirtschaften und ihr grünes Engagement auch zu zeigen. Doch sie laufen oft Gefahr, den ursprünglich formulierten Anspruch an sich selbst auf dem Altar des Profits und der Kostenersparnis zu opfern. Diese Kommunikationsstrategie funktioniert solange, bis ihre tatsächlichen Praktiken entlarvt werden. Dann kann Greenwashing schnell zum Bumerang werden. Welchen Stellenwert Nachhaltigkeit mittlerweile für viele Unternehmen und Organisationen hat, das hat das Terra Institute herausgefunden. Es hat große Unternehmen in der Schweiz nach den Erfolgsfaktoren für Nachhaltigkeit befragt. Das Ergebnis finden Sie in dem nachfolgenden Schaubild.
Abb. 4: Erfolgsfaktoren für Nachhaltigkeit
Auf den vorderen Plätzen sind Erfolgsfaktoren genannt, die auf die Außenwirkung und auf die Zukunftsfähigkeit von Unternehmungen einzahlen. Demnach geht es bei Nachhaltigkeit in erster Linie um Reputation und Image. Sie versuchen sich durch ein grünes und auf Nachhaltigkeit ausgerichtetes Engagement Wettbewerbsvorteile zu verschaffen, auch mittels Greenwashing.
Eine Studie der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) aus dem Jahr 2017 weist auf einen weiteren Sachverhalt hin: "Nachhaltige Unternehmungen sind sogar erfolgreicher. Nachhaltiges Wirtschaften verbessert demnach nicht nur das Image eines Unternehmens beim Verbraucher. Nach der Analyse der LBBW erzielen damit besonders Konsumgüterhersteller und Einzelhändler höhere Gewinne. Praktisch keine Unterschiede zwischen nachhaltig wirtschaftenden Unternehmungen und ihren konventionellen Konkurrenten gibt es dagegen im so genannten B2B-Bereich, wenn Unternehmungen ihre Produkte und Dienstleistungen entlang von Wertschöpfungsketten verkaufen".
Unternehmungen wenden zahlreiche Methoden an, um ihre Produkte, Leistungen und Lösungen "grün zu waschen" oder die Unternehmung vorteilhafter darzustellen. Eine dieser Methoden ist Verschleierung: Positive Eigenschaften werden in einem insgesamt negativen Zusammenhang betont.
Grüne Bahncard
Ein gutes Beispiel ist die als "grün" beworbene Bahncard: Die Fernverkehrszüge fahren zwar mittlerweile zu 100 % mit Ökostrom. Für die Nahverkehrsstrecken, welche den Großteil des Bahnnetzes ausmachen, gilt dies allerdings (noch) nicht. Hier kommt weiterhin Kohlestrom zum Einsatz.
Eine andere Methode ist Irreführung: Es werden falsche oder missverständliche Angaben gemacht. Ein Beispiel hierfür ist der Aufdruck "Biologisch zertifiziert", der als offizielles Label gar nicht existiert. Besonders beliebt sind auch unklare Begriffe: Die Verwendung von Begriffen wie "natürlich", "ökologisch" oder "grün" werden als Umschreibungen verwendet, obwohl keine nachweisbaren Zertifizierungen dahinterstehen.
Nach Überzeugung der Verbraucherorganisation Foodwatch "ist überall im Supermarkt Verbrauchertäuschung an der Tagesordnung. Hersteller ließen sich immer neue Tricks einfallen, um Kunden das Geld aus der Tasche zu ziehen", klagt Foodwatch. "Deshalb stehen auch in diesem Jahr 5 Produkte für den größten Schwindel für ihren Negativpreis Goldener Windbeutel zur Wahl". Verbraucher können jedes Jahr über die "dreisteste Werbelüge" des Jahres abstimmen. In 2020 standen "Arla Weidemilch haltbar", der "Volvic Bio Roibos Tee" von Danone Walters, "Grünländer Käse" von Hochland, "Be-Kind Protein Riegel Crunchy Peanut Butter" von Mars und der Erdbeer-Fruchtaufstrich "50 % weniger Zucker" von Zentis zur Wahl. Bleibt noch anzumerken, dass diese 5 Produkte aus insgesamt 200 Vorschlägen von Verbrauchern ausgewählt wurden. Foodwatch vergibt diesen Preis bereits zum 10. Mal. In 2020 geht der Goldene Windbeutel an den Käsereikonzern Hochland: Denn 43,5 % der mehr als 65.000 an der Abstimmung Teilnehmenden waren der Meinung, dass die Tierhaltungslüge von Hochland die dreisteste Werbelüge des Jahres war.
Die 4 Kriterien des Greenwashings
In der Vergangenheit wurden auch immer wieder sehr prominente Beispiele für Greenwashing vo...