Durch das Jahressteuergesetz 2022 (JStG 2022) ergeben sich zwei grundlegende Änderungen, welche die bisherige Besteuerung einer Photovoltaikanlage ganz erheblich verändert haben.
1.1 Einkommensteuer
Mit Wirkung ab 1.1.2022 gibt es eine Steuerfreiheit für Einnahmen und Entnahmen aus einer "kleineren" Photovoltaikanlage. Welche Photovoltaikanlagen hierunter fallen, bestimmt sich gemäß § 3 Nr. 72 EStG nach den folgenden Werten:
- Die installierte Gesamtbruttoleistung (laut Marktstammdatenregister) einer Photovoltaikanlage auf, an oder in Einfamilienhäusern (einschließlich Dächern von Garagen, Carports bzw. anderen Nebengebäuden) oder auf, an oder in nicht Wohnzwecken dienenden Gebäuden (z. B. Gewerbeimmobilie, Garagenhof) darf bis zu 30 kW (peak) betragen.
Ist die Photovoltaikanlage auf, an oder in sonstigen Gebäuden (z. B. sog. Mischgebäude) installiert, gilt eine maximale Größe von 15 kW (peak) anteiliger Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister pro Wohn- oder Gewerbeeinheit. Bei der Anzahl der Wohn- bzw. Gewerbeeinheiten ist auf eine selbstständige und unabhängige Nutzbarkeit der Einheiten abzustellen.
Neue Leistungsgrenze ab 2025
Mit dem JStG 2024 wurde die maßgebende Gesamtbruttoleistung vereinheitlicht. Für nach dem 31.12.2024 in Betrieb genommene Photovoltaikanlagen gilt nunmehr eine einheitliche Leistungsgrenze mit 30 kW (peak). Davon profitieren Anlagen auf sonstigen Gebäuden, für welche jetzt die doppelte Leistung je Einheit steuerbefreit ist.
- Werden mehrere Photovoltaikanlagen betrieben, ist zusätzlich die aufsummierte Leistungsobergrenze von maximal 100 kW (peak) für jeden Steuerpflichtigem (natürliche Person oder Kapitalgesellschaft) oder für jede Mitunternehmerschaft zu beachten. Die 100 kWp-Begrenzung ist nach Auffassung der Finanzverwaltung eine Freigrenze; dies wurde durch eine Änderung im Rahmen des JStG 2024 ausdrücklich gesetzlich klargestellt. Wird diese Freigrenze überschritten, entfällt die Steuerbefreiung für alle Photovoltaikanlagen.
Maßgebende Leistungsgrenzen
Herr A betreibt mehrere Photovoltaikanlagen: Zwei Anlagen auf einem EFH mit angrenzender Scheune mit 12 kWp + 17 kWp und eine Anlage auf einem MFH mit 5 Wohneinheiten mit 65 kWp. Die Summe der Leistung der EFH + Scheune bleibt mit 29 kWp unter der 30 kWp-Grenze. Auch die Anlage auf dem MFH übersteigt nicht die Grenze von 5 x 15 kWp je Wohneinheit. Zudem wird durch alle Anlagen zusammen auch die für den A geltende maximale Obergrenze mit 100 kWp nicht überschritten.
Details und einzelne Auslegungsfragen hat die Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 17.7.2023 geregelt.
Die obige Abgrenzung betrifft nicht nur den sachlichen Anwendungsbereich, sondern umfasst auch noch einen persönlichen Anwendungsbereich. Praxisrelevant kann dies z. B. bei Eheleuten sein.
Photovoltaikanlagen von Eheleuten
Ehemann M betreibt eine Photovoltaikanlagen mit 20 kWp auf dem gemeinsam bewohnten EFH und die Ehefrau F betreibt auf einem dazugehörigen Garagengebäude eine eigenständige Photovoltaikanlage mit 12 kWp. Zudem betreiben M und F als GbR eine gemeinsame Photovoltaikanlage mit 24 kWp auf einem vermieteten ZFH.
Alle drei Photovoltaikanlagen erfüllen die Voraussetzungen für eine kleinere Anlage und sind damit steuerfrei.
Kommt es zu Änderungen, z. B. bei der Anzahl der Einheiten oder bei der installierten Gesamtleistung einer Photovoltaikanlage, kann die Voraussetzung für eine Steuerfreiheit unterjährig erstmalig eintreten oder wieder entfallen.
Unterjährige Änderung
A betreibt auf einem Gebäude mit zwei Gewerbeeinheiten eine Photovoltaikanlage mit 40 kWp. Diese war bis 2021 steuerpflichtig und ist es auch in 2022 noch. Durch einen Umbau befinden sich ab dem 1.8.2023 drei Gewerbeeinheiten in dem Gebäude.
Die Photovoltaikanlage ist nur noch bis zum 31.7.2023 steuerpflichtig, erstmals ab dem 1.8.2023 liegen die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit vor.
1.2 Umsatzsteuer
Bei der Umsatzsteuer wurde durch das Jahressteuergesetz 2022 für "kleinere" Photovoltaikanlagen ein neuer sog. Nullsteuersatz geschaffen. Der Umsatzsteuersatz für eine gelieferte Photovoltaikanlage beträgt 0 %.
Welche Photovoltaikanlagen sind davon betroffen?
Ähnlich, aber nicht identisch, ist die Abgrenzung kleinerer Photovoltaikanlagen für die Umsatzsteuer in § 12 Abs. 3 UStG geregelt; hiernach profitieren von der Neuregelung:
- Photovoltaikanlagen auf und in der Nähe von Privatwohnungen und Wohnungen. Eine Wohnung ist jeder umschlossene Raum, der zum Wohnen oder Schlafen benutzt wird. Damit fallen auch Freizeitgrundstücke oder stationäre Wohnwagen hierunter. Und "in der Nähe" umfasst insbesondere Garagen, Gartenschuppen oder Container mit Wohnnutzung.
- Ebenso begünstigt sind Anlagen auf und an öffentlichen oder anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienend...