Die in der Sachbilanz aufgenommen Daten zu Aktivitäten und Prozessen, die mit einem Produktsystem verbunden sind, werden im nächsten Schritt weiterbearbeitet, um die potenziellen Klimawirkungen zu ermitteln. Dies wird als Wirkungsabschätzung bzw. Life Cycle Impact Assessment (LCIA) bezeichnet. Von der Logik her muss ein Modell entwickelt werden, dass einen Zusammenhang zwischen dem betrachteten Produktsystem und seinen Inputs und Outputs zu potenziellen Klimafolgen erstellt. In der folgenden Abb. 7 ist die Wirkungskette vereinfacht dargestellt.

Abb. 7: Wirkungskette Klimawandel

Die direkten und indirekten THG-Emissionen, die bei der Herstellung, Nutzung und Entsorgung von Produkten entstehen, führen nach einer gewissen Zeit zu einem Anstieg der THG-Konzentrationen und damit zu einem Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur. Im Jahr 2022 hat diese bereits um 1,15 [1,02 bis 1,27] °C gegenüber über dem vorindustriellen Niveau (1850-1900) zugenommen. Das Jahr 2022 ist das 8. Jahr in Folge, wo ein Anstieg der globalen Jahrestemperaturen um mindestens 1 °C über dem vorindustriellen Niveau verzeichnet wurde.[1] In Deutschland erleben wir seit 1997 viele besonders warme Sommer. Der langfristige lineare Temperaturanstieg im Sommer entspricht für den Zeitraum 1881-2021 bereits 1,7 °C.[2]

Diese Zusammenhänge zwischen Ursache (THG-Emissionen), Klimawandel und dem damit verbundenen globalen Temperaturanstieg müssen im Rahmen der Wirkungsabschätzung so vereinfacht werden, dass eine Berechnung auf Basis der Input/Output-Betrachtungen einzelner Prozessmodule möglich wird. Dies erfolgt, indem die Verbrauchsdaten aus der Sachbilanz mit einem Emissionsfaktor[3] multipliziert werden (siehe Abb. 8). Ein Emissionsfaktor gibt i. d. R. das Verhältnis von THG-Emissionen zu der eingesetzten Masse eines Ausgangsstoffes an. Er wird durch wissenschaftliche Studien und Modelle ermittelt und als Konvention festgesetzt.

Abb. 8: Berechnungslogik für einen Carbon Footprint

Der zu verwendende Emissionsfaktor ist jeweils spezifisch für einzelne Ressourcen bzw. Energieträger und kann aus Datenbanken entnommen werden (Beispiele siehe Tabelle 3). Vereinfachend werden für bestimmte Ressourcen generische CO2-Faktoren verwendet, die auf Mittelwerten der jeweiligen Ressourcen beruhen (z. B. Mineralien: 0,7 tCO2-eq./t, Kunststoffe 3,7 tCO2-eq./t, Basischemikalien 2 tCO2-eq./t., organische Feststoffe und Flüssigkeiten 1,9 tCO2-eq./t).

 
Energieträger CO2-Faktor [t CO2/MWh]
Strommix BRD (2021) 0,420
Braunkohle 0,383
Steinkohle 0,335
Erdgas 0,201
Flüssiggas 0,239
Biogas 0,152
Rohbenzin 0,264
Wasserstoff (konventionell) 0,385
Ressource CO2-Faktor [t CO2/t]
Adipinsäure 13,2
Aluminium (primär/sekundär) 10 bzw. 0,52
Beton 6,12*10-2
Edelstahlblech 5,18
Polyethylen (HDPE/LDPE) 1,92 bzw. 1,96
Polypropylen 1,9
Polyurethan 5,05
Recycling-Kunststoff 1,16
Salzsäure 0,58
Steinwolle 1,32
Wasser 3,3*10-4

Tab. 3: Beispiele für Emissionsfaktoren[4]

 
Wichtig

Unterschiedliche Treibhausgase haben unterschiedliche Klimarelevanz

Es ist wichtig an dieser Stelle nochmal hervorzuheben, dass bei einer Klimafolgenbetrachtung immer die unterschiedlichen Treibhausgase mit ihrer unterschiedlichen Klimarelevanz betrachtet werden müssen. Das z. B. in Trafostationen eingesetzte SF6 oder bestimmte Kühlmittel haben im Vergleich zu CO2 eine sehr viel höhere Klimawirkung (siehe Tabelle 4).

Als Ergebnis wird das Global Warming Potential (GWP) in der Einheit CO2-Äquivalente [CO2-eq.] dargestellt (siehe Hinweis). Werden die GWP-Werte der betrachteten Prozesse sowie der verwendeten Energie und Materialien aufaddiert, erhält man den Carbon Footprint, eine hochaggregierte Kennziffer, die auch für Nicht-Experten verständlich und einfach zu kommunizieren ist.

 

Für die Bewertung der Klimawirkung von Treibhausgasen und anderen klimawirksamen Substanzen sind 2 wissenschaftliche Konzepte von Bedeutung:

  1. Das Konzept des Strahlungsantriebes (radiative forcing) sowie
  2. des Treibauspotenzials (GWP).

Der Strahlungsantrieb (radiative forcing) ist eine Maßzahl für den Einfluss von verschiedenen Faktoren auf die Energiebilanz der Erde und damit auf den Klimawandel. Es beschreibt die Differenz zwischen der einfallenden Sonnenstrahlung und der von der Erde reflektierten Strahlung sowie der von der Erde abgestrahlten Wärmestrahlung. Der Strahlungsantrieb wird in Watt pro Quadratmeter (W/m²) gemessen und kann sowohl positiv als auch negativ sein. Positives radiative forcing entsteht durch eine Erhöhung der Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre, was dazu führt, dass mehr Sonnenenergie von der Erde absorbiert und zurückgehalten wird. Dies wiederum resultiert in einer Erwärmung der Erdoberfläche. Negatives radiative forcing entsteht durch eine Erhöhung der reflektierenden Oberflächen wie Wolken, Schnee und Eis, die dazu führen, dass weniger Sonnenenergie von der Erde absorbiert wird und somit zu einer Abkühlung der Erdoberfläche führt. Der Strahlungsantrieb ist ein wichtiger Indikator für den Klimawandel und hilft d...

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