Philippe Lorenz, Lisa Watermann
Liefer- und Wertschöpfungsketten können sich auf verschiedene Weise auf die Pflichten im ESG-Kontext auswirken:
- Begründung neuer Pflichten kraft Stellung in einer Wertschöpfungskette (insb. durch LkSG und CSDDD).
- Mittelbare Betroffenheit durch besondere Pflichten der eigenen Vertragspartner (das kann durch materielle Anforderungen an die Vertragspartner der Fall sein, z. B. durch die EUDR, ebenso wie durch besondere Berichtspflichten wie beispielsweise von Finanzdienstleistern, Fonds oder Versicherern, die hierzu ihrerseits Informationsanforderungen stellen).
- Schließlich können wesentliche KPIs für eigene Berichtspflichten auch von Informationen durch Vertragspartner abhängen (z. B. Informationspflichten zum Energieverbrauch in Mietobjekten).
Für die Geschäftsleitung ist es daher wichtig, gerade Zulieferer, Kunden und Vertragspartner in die eigene Analyse frühzeitig einzubeziehen und ggf. vertraglich die Bereitstellung von Informationen sicherzustellen oder sogar vertraglich bestimmte Tätigkeiten oder Handlungen auszuschließen bzw. sich die Einhaltung von bestimmten Mindeststandards garantieren zu lassen.
5.1 LkSG und CSDDD
Die folgende Übersicht zeigt die wesentlichen Inhalte des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG, deutsche Ebene) sowie der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD, europäischer Ebene):
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LkSG |
CSDDD |
Persönlicher Anwendungsbereich |
- Unternehmenssitz in Deutschland
- mehr als 3.000 Arbeitnehmer: ab 01.01.2023
- mehr als 1.000 Arbeitnehmer: ab 01.01.2024
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- Mehr als 1.000 Arbeitnehmer und mehr als 450 Mio. EUR Nettoumsatz weltweit (gestufte Einführung, zeitlich gestaffelt nach Unternehmensgröße)
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Räumlicher Anwendungsbereich |
- Drittstaatengesellschaften mit inländischen Mitarbeiterschwellen (s. o.) erfasst
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- Drittstaatengesellschaften mit einem Nettoumsatz von mehr als EUR 450 Mio. in der EU
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Sachlicher Anwendungsbereich |
- 12 Menschenrechtskodifikationen
- 8 Umweltschutzkodifikationen
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- 12 Menschenrechtskodifikationen
- 16 Umweltschutzkodifikationen
- Kopplung an Pariser Klimaabkommen (Erderwärmung max. 1,5°C)
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Reichweite der Sorgfaltspflichten |
- Eigener Geschäftsbereich, beeinflusste Tochtergesellschaften, unmittelbare Zulieferer ("Lieferkette")
- Mittelbare Zulieferer nur bei "substantiierter Kenntnis"
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- Eigener Geschäftsbereich, sämtliche Tochtergesellschaften, unmittelbare und mittelbare Zulieferer ("Value Chain")
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Haftungsrechtliche Vorgaben |
- Zivilrechtliche Haftung explizit ausgeschlossen
- Besondere Prozessstandards für inländische Gewerkschaften und NGOs
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- (Eingeschränkte) zivilrechtliche Haftung
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Kollisionsrechtliche Vorgaben |
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- Verpflichtung zum Erlass von Eingriffsnormen
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Pflichtenadressat |
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5.2 Entwaldungs-Verordnung ("EU Deforestation Regulation", "EUDR")
EU hat im Bereich der Lieferkettensorgfalt mit der (in der Öffentlichkeit kaum bekannten) sog. Entwaldungs-Verordnung auf die fortschreitende globale Vernichtung von Waldflächen zu Zwecken der gewerblichen landwirtschaftlichen Nutzung reagiert. Ziel ist es, einen Beitrag zur Eindämmung der weltweiten Vernichtung oder Beschädigung von Waldflächen zu leisten sowie die Treibhausgasemissionen und den Beitrag zum weltweiten Biodiversitätsverlust zu reduzieren.
Die Verordnung statuiert zu diesem Zweck ein grundsätzliches Ein- und Ausfuhr- bzw. Vertriebsverbot für die in der Anlage zur Verordnung aufgeführten Rohstoffe, wie bspw. Kaffee, Kautschuk oder auch Holz. Eine Ausnahme ist nur zuzulassen, wenn die Güter (i.) entwaldungsfrei sind, (ii.) in Übereinstimmung mit den einschlägigen Vorschriften des Erzeugerlandes hergestellt wurden und (iii.) eine sog. Sorgfaltserklärung vorliegt.
Sorgfaltspflichten für Marktteilnehmer und Händler
Die Verordnung statuiert umfangreiche Sorgfaltspflichten für Marktteilnehmer und Händler:
- Marktteilnehmer in diesem Sinne sind in der EU niedergelassene natürliche oder juristische Personen, die im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit nach der Verordnung relevante Erzeugnisse erstmalig auf dem Unionsmarkt bereitstellten.
- Bei einem Händler handelt es sich um jede Person in der Lieferkette (mit Ausnahme des Marktteilnehmers), die im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit nach der Verordnung relevante Erzeugnisse bereitstellt.
- Bereitstellen bedeutet in diesem Zusammenhang, dass ein nach der Verordnung relevantes Erzeugnis zum Vertrieb, Verbrauch oder zur Verwendung im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit in Verkehr gebracht wird.
Entwaldungsfreiheit
Zentraler Begriff der Verordnung ist der Begriff der Entwaldungsfreiheit, welcher ebenso die Waldschädigung miteinschließt. Die erfassten Erzeugnisse dürfen insofern keine Rohstoffe enthalten oder unter ihrer Verwendung hergestellt worden sein, die auf entwaldeten Flächen erzeugt worden sind. Unter "Entwaldung" ist die Umwandlung von Wäldern in landwirtschaftlich genutzte Flächen zu verstehen. Als Wald werden Flächen von über 0,5 Hektar mit über fünf Meter hohen Bäumen charakterisiert. Für holzbasierte Erzeugnisse gilt zudem, dass das Holz aus Wäldern geschlagen worden sein muss, die nicht von Waldschädigung betroffen sind.
Zu beachtende Sor...