Prof. Guido Grunwald, Prof. Jürgen Schwill
Die "Personalentwicklung" beschäftigt sich mit der Vermittlung von Qualifikationen an Aufgabenträger zur zielgerechten Bewältigung von Aufgaben mit dem allgemeinen Ziel, eine optimale Passung zwischen den Fähigkeiten und Fertigkeiten der Aufgabenträger und den Anforderungen der Stelle herzustellen. Das konkrete Ziel der nachhaltigen Personalentwicklung besteht in der Steigerung der ethischen Kompetenz der internen Stakeholder (Mitarbeiter und Führungskräfte). Relevant in diesem Zusammenhang sind insb. Ziele auf der kognitiven und auf der affektiven Ebene.
2.4.1 Ziele auf der kognitiven und affektiven Ebene
Kognitive Ebene
Zur Erreichung kognitiver Ziele dienen die auf reine Wissensvermittlung ausgerichteten Trainingsmaßnahmen (z. B. über die Unternehmenskultur, das Werteset, den "Code of Ethics").
Interne Schulungen bei der Tchibo GmbH
Damit "Nachhaltigkeit von innen heraus" entwickelt werden kann, bietet Tchibo Nachhaltigkeits-Schulungen an, "in denen sich alle Kollegen über Hintergründe, Werte und Ziele des Nachhaltigkeitsengagements informieren können."
Affektive Ebene
Weit wichtiger sind die affektiven Ziele, bei denen es um Änderungen von Einstellungen und Werten der Mitarbeiter und Führungspersonen geht. Zentraler Fokus liegt hierbei auf der Vermittlung nachhaltiger (und damit ethischer) Denk- und Verhaltensweisen.
Befähigung zur aktiven Nachhaltigkeit bei der Otto Group
Im Rahmen ihrer neuen CR-Strategie verfolgt die Otto Group im Themenfeld "Empowered Employees" folgendes langfristiges Ziel ("Transformational Goal"): "Befähigung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Nachhaltigkeit aktiv zu leben und mitzugestalten."
Als Adressaten der nachhaltigen Personalentwicklung kommen grds. alle Mitarbeiter auf allen Hierarchieebenen des Unternehmens in Frage. So bietet es sich an, bereits bei den Auszubildenden "Nachhaltigkeit von Anfang an" zu schulen. Ethische Kompetenz ist bei Zielgruppen jüngeren Alters eher zu vermitteln, da sich eigene Überzeugungen sowie Denk- und Handlungsweisen noch nicht so ausgeprägt haben wie im höheren Alter.
Eine besonders relevante Zielgruppe der ethischen Personalentwicklung stellen die Führungskräfte dar. Durch ihre Vorbildfunktion, aber auch durch ihre Führungsarbeit, wie etwa in Form von Belohnungen und Sanktionen, sozialisieren und beeinflussen sie die Mitarbeiter. Auch andere Personen können als ethische Multiplikatoren wirken und sind insofern als Adressaten für nachhaltige Personalentwicklungsmaßnahmen relevant. Hierzu zählen bspw. die zur Durchführung von Entwicklungsmaßnahmen eingesetzten internen und externen Trainer.
Nicht zuletzt sind auch diejenigen Mitarbeiter interessant, die regelmäßigen Kontakt zu wichtigen Stakeholdern des Unternehmens haben. Zu denken wäre hier etwa an das Kundenkontaktpersonal (z. B. Vertriebsmitarbeiter, Verkaufspersonal, Mitarbeiter in der Kundenberatung). Im Rahmen ihrer kontaktintensiven Interaktionsprozesse "transportieren" sie als "Botschafter der Nachhaltigkeit" die Werte des Unternehmens, sie repräsentieren das "ethische Gesicht" des Unternehmens. Auf diesen Wertetransfer und auf diese Rolle sollten die Mitarbeiter gut vorbereitet sein und vorab entsprechend geschult werden.
2.4.2 Methoden zur nachhaltigen Qualifizierung des Personals
Zur nachhaltigen bzw. ethischen Qualifizierung des Personals können diverse Methoden der Personalentwicklung eingesetzt werden.
Die Value Clarification Methode
Neben Methoden, die primär der Wissensvermittlung relevanter Werte und Normen dienen (z. B. Vorträge zu Umweltthemen oder Umweltberatungen für den Haushalt) und die kognitive Zielebene betreffen, bieten sich Methoden der so genannten Value Clarification an. Sie betreffen eher die affektive Zielebene, wenn mit der Klärung des eigenen Wertesystems bzw. der "Sichtbarmachung" individueller Wertepräferenzen auch Einstellungs- und Verhaltensänderungen einhergehen.
Value Clarification zur Bestimmung der individuellen Wertehierarchien
Die Teilnehmer eines Ethikseminars werden gebeten, ihre wichtigsten Werte der Reihe nach aufzuschreiben. Damit sich die Seminarteilnehmer über ihre Werte nach und nach bewusst werden und die Wahrheit über ihre individuellen Wertehierarchien herausfinden können, unterstützt sie der Trainer durch offene Fragen, wie etwa:
- Worauf kommt es Ihnen im Umgang mit Menschen an?
- Worauf legen Sie Wert, wenn Sie mit Menschen verkehren?
- Wenn Sie an die Umwelt denken, was ist Ihnen besonders wichtig?
- Was ist Ihnen besonders wichtig im Umgang mit Ihren Kollegen?
Eine "Value Clarification" kann neben Fallstudien, Rollen- und Planspielen sowie themenspezifischen Diskussionen Inhalt von Ethikseminaren sein. Insb. Diskussionen zu ethischen Dilemmata scheinen hierbei intensive Diskussionsprozesse bei Mitarbeitern bzw. Seminarteilnehmern auszulösen, da sie zu einer kritischen Reflexion eigener Einstellungen und ...