Prof. Dr. Anabel Ternès von Hattburg
Warum Mitarbeitende miteinbeziehen und wen denn? Diese Frage stellen sich viele Führungskräfte, wenn es um das Thema Mitarbeiter-Einbindung geht. Denn zum Einbinden sind viele nur widerwillig bereit. Ergebnisse zu akzeptieren, die möglicherweise anders sind als erwartet und erwünscht, ist für viele Führungskräfte undenkbar. Hinter der Idee, die Entscheidungen könnten dann anders und schlechter sein als von der Führungsperson allein getroffen, steht oft das Gefühl, durch mehr Mitbestimmung die Kontrolle zu verlieren. Aber ganz einfach die Entscheidung selbst könnte ja auch eine falsche sein. Und letztendlich übernimmt die Geschäftsleitung die Verantwortung für die Entwicklung eines Unternehmens.
Einbindung der Mitarbeitenden verändert Unternehmenskultur
Unternehmen, die Mitarbeitende in Entscheidungen einbinden wollen, sollten sich bewusst sein, dass dies oft eine komplette Transformation der Unternehmenskultur nach sich ziehen muss.
Der Preis dafür ist hoch und anfänglich erscheint es vielen beschwerlich. Allerdings braucht jeder Wandel Zeit und dieser ist gleichzeitig ein Zeichen dafür, dass in einem Unternehmen New Leadership gelebt wird. Dennoch: Einzelne Personen treffen grundsätzlich schnellere und hochwertigere Entscheidungen. Nicht immer macht es Sinn, Mitarbeitende mitentscheiden zu lassen.
2.1 Voraussetzungen und Erfolgsfaktoren für die Einbindung von Mitarbeitenden
Folgende Voraussetzungen und Erfolgsfaktoren sollte jeder beachten, der Mitarbeitende bei Entscheidungen miteinbinden möchte:
- Die Einbindung von Mitarbeitenden macht vor allem dann Sinn, wenn es sich um eine komplexe Herausforderung handelt, bei der mehrere Perspektiven erforderlich sind.
- Es eignen sich für die Einbindung von Mitarbeitenden Themen, bei denen bei der Umsetzung eine hohe Abhängigkeit der Führungskraft von den Mitarbeitenden gegeben ist.
- Wenn bei einem Projekt Mitarbeitende eingebunden werden, sollte ausreichend Zeit vorhanden sein, um die Diversität und die individuellen Zugänge zu berücksichtigen.
- Die Mitarbeitenden sollten Fachkompetenz mitbringen – und am besten auch Methodenkompetenz. Fehlt eine der beiden, zieht dies Prozesse in die Länge.
- Die Führungskraft und die Mitarbeitenden sollten ein gutes Verhältnis zueinander haben bzw. eine Unternehmenskultur, bei der sie sich mit Respekt und auf Augenhöhe begegnen. Feedbackregeln sollten z. B. auf beiden Seiten beherrscht werden.
- Die Mitarbeitenden sollten den Wunsch nach Beteiligung zusammen mit der Führungskraft haben. Erfolgt die Beteiligung auf einer der Seiten aus reinem Pflichtgefühl, wird das Ergebnis nicht optimal ausfallen.
- In Bezug auf die Lösung sollte es eine starke Überlappung der Ziele von Mitarbeitenden und Führungskraft geben.
- Bei einer Beteiligung an der Entscheidung sollten die Mitarbeitenden untereinander eine nur geringe Konfliktwahrscheinlichkeit haben.
- Die Organisation, vertreten durch die Führungskräfte sollte ein Interesse daran haben, die Selbstständigkeit und das Engagement der Mitarbeitenden für das Unternehmen zu fördern und zu entwickeln, beispielsweise durch Weiterbildung, Feedback, Information und Vernetzung.
- Die gemeinsame Entscheidung sollte vom zeitlichen und finanziellen Aufwand in Relation bleiben zu der Sache, um die es geht, z. B. unkomplizierte, schnelle Treffen sollten möglich sein. Zeigt sich das Verfahren als kompliziert und langatmig, werden nicht nur unnötig wichtige Ressourcen angegriffen. Auch das Engagement der Mitarbeitenden lässt mit Sicherheit nach.
Führungskräfte können einige dieser Bedingungen so fördern, dass sich eine Kultur der Mitarbeitereinbindung im Unternehmen aufbauen kann. Dazu gehören Fach- und Methodenkompetenz, sogenannte Future Skills, eine gute Beziehung untereinander und zur Führungskraft, Motivation, sich einzubringen und gemeinsame Ziele. Um das zu erreichen sind neben Workshops Seminarangebote sinnvoll, die Kommunikations-, Kreativitäts- und digitale Kompetenzen fördern.
2.2 Wie auch die Umsetzung der Einbindung gelingt
Wie die Einbindung misslingen kann
Herr Schmidt, Leiter Marketing beim Maschinenhersteller Probus hat sich jede Mühe gegeben. Er hat Schulungen angeboten, Life-Seminare ebenso wie virtuelle Webinare, Coachings und Workshops. Das ganze Team war dabei vertreten, jeder hatte die Chance sich einzubringen und zu beteiligen. Sie wollten zusammen erarbeiten, wie Nachhaltigkeit im Unternehmen intern kommuniziert und gelebt wird. Und jetzt das – diejenigen, die am lautesten nach Beteiligung gerufen hatten, waren nun diejenigen, die sich nicht beteiligten, stattdessen quer stellten, Kritik übten, ohne sich wenigsten einmal eingebracht zu haben. Einige andere, die an den Meetings zur Gestaltung der Nachhaltigkeit im Unternehmen teilnahmen, waren unvorbereitet und als er fragt, wer in einer Arbeitsgruppe konkret etwas ausarbeiten möchte, er...