Lieferketten-Nachhaltigkeit: eine Frage der Datenintegration

Regulatorische Vorgaben zu mehr Nachhaltigkeit erfordern oft hohen bürokratischen Aufwand. Aufgrund mangelhafter Systeme gestaltet sich deren Umsetzung innerhalb von Organisationen meist schwer. Die Herausforderung ist in den meisten Fällen, Daten effizient zu erfassen und zu nutzen, um fundierte Entscheidungen zu treffen und die Einhaltung der Vorgaben sicherzustellen.

Trotz der aktuellen Debatte über eine Ablösung des Lieferkettengesetzes (LkSG) durch die EU-Richtlinie CSDDD bleibt der Grundgedanke bei der regulatorischen Vorgaben weiter bestehen – und behält vor allem seine Wichtigkeit. Es geht darum, verantwortungsvolle Praktiken zu schaffen und Arbeits- sowie Umweltstandards einzuhalten. Doch ganz gleich, ob es sich dabei um die spezifischen Vorgaben des LkSG oder der CSDDD handelt, geht es letztendlich immer um die Frage der Machbarkeit. Genau hier tun sich viele Unternehmen weiterhin schwer.

Das Grundproblem: Transparenz über die eigene Lieferkette

Um die eigene Lieferkette umfassend auf Menschenrechtsverletzungen und Umweltrisiken prüfen zu können, benötigen Unternehmen in erster Linie Transparenz über alle dazugehörigen Informationen. Die Unternehmen müssen in der Lage sein, Lieferketten und Geschäftsbeziehungen genau abzubilden. Sie benötigen Informationen über ihre direkten und indirekten Lieferanten, deren Standorte, die bestehenden Arbeitsbedingungen, Emissionen sowie den Energie- und Wasserverbrauch. Schließlich sind auch eigene finanzielle Kennzahlen notwendig, um Risiken und Nachhaltigkeitsmaßnahmen umfassend bewerten zu können.

Nach einer Umfrage des Non-Profit-Netzwerks GS1 Germany sehen 96 Prozent der Unternehmen die größte Herausforderung in der Sammlung aller relevanten Daten für die Risikoanalyse. Für 70 Prozent gestaltet sich bereits die Verfügbarkeit der Informationen als problematisch. Andere Untersuchungen zeigen ein ganz grundlegendes Problem: Gemäß der IHK Düsseldorf kennen nur 31 Prozent der Befragten die Arbeits- und Produktionsbedingungen bei all ihren direkten Zulieferern.

Fehlende technologische Grundausstattung erschwert Datenerfassung

Was die Erfassung und effektive Bearbeitung dieser Daten häufig erschwert, sind zum einen komplexe Lieferketten, aber zum anderen vor allem auch mangelhafte Infrastrukturen. Ein Grund hierfür ist, dass Unternehmen sich ursprünglich hauptsächlich auf finanzielle Aspekte konzentriert und die sozialen sowie ökologischen Auswirkungen ihrer Aktivitäten ausgeklammert haben. Dadurch fehlt es ihnen häufig an geeigneten Systemen und Prozessen, um diese Nachhaltigkeitskennzahlen effektiv zu verwalten.

Hinzu kommt, dass es oft keine einheitlichen Dateiformate und Berichtsprozesse innerhalb des eigenen Lieferantennetzwerks gibt. Die Folge: die Unternehmen haben eine Vielzahl unterschiedlicher Datentypen zu bewältigen, die sie gegeneinander vergleichen und auswerten müssen.

Durch die Einführung einer Datenintegrationsstrategie können Unternehmen entscheidende Fortschritte erzielen, um die Einhaltung der regulatorischen Vorgaben sicherzustellen und damit mehr Verantwortung für den Umweltschutz und für die Wahrung von Menschenrechten zu übernehmen.

Datenintegration als Schlüsselkonzept

Datenintegration ist ein technologischer Prozess, bei dem Daten aus verschiedenen Quellsystemen und in unterschiedlichen Formaten zu einer einheitlichen Übersicht zusammengeführt werden. Das ermöglicht Unternehmen eine umfassende Analyse ihrer Daten.

Im Rahmen einer robusten Datenintegrationsstrategie zur Risikoanalyse entsprechend der LkSG- oder CSDDD-Vorgaben brechen Unternehmen ihre Datensilos auf und konsolidieren Informationen aus verschiedenen Bereichen. Dazu sollten sie zunächst alle relevanten Datenquellen entlang ihrer gesamten Lieferkette identifizieren. Datenpunkte wie Lieferanteninformationen, Umweltkennzahlen, Arbeitsbedingungen und Zertifizierungen sind für die Einhaltung der Vorgaben von besonderer Bedeutung. Doch auch weitere unternehmensbezogene Informationen wie finanzielle Kennzahlen zu Kosten und Umsatz sollten hier Berücksichtigung finden, um eine zentrale Datenbasis zu schaffen. Daher gilt es, Systeme des Lieferkettenmanagements, HR-Plattformen, ERP-Software oder auch Tools zur Umweltüberwachung miteinander zu verbinden. 

Techniken und Tools der Datenintegration

Die Datenintegration ist dabei als zentraler Bestandteil einer IT-Strategie zu sehen und umfasst verschiedene Techniken, die für die Risikoanalyse relevant sind. Zu den wesentlichen Ansätzen gehören die Datenkonsolidierung, Datenreplikation und Datenvirtualisierung:

  • Die Datenkonsolidierung fasst Daten aus unterschiedlichen Quellen in einem zentralen Aufbewahrungsort, wie einem Data Warehouse, zusammen. Beispiele hierfür sind Unternehmen, die Nachhaltigkeitsdaten wie CO₂-Emissionen, Wasserverbrauch und soziale Arbeitsstandards aus verschiedenen Zulieferbetrieben konsolidieren, um die Einhaltung regulatorischer Anforderungen zu analysieren.
  • Bei der Datenreplikation hingegen werden Daten mithilfe von Mechanismen wie ETL (Extract, Transform, Load) zwischen verschiedenen Systemen übertragen, um Daten aktuell und synchron zu halten – wie zum Beispiel Hersteller, die Umwelt- und Risikodaten zwischen ihren Audit-Datenbanken und dem Compliance-Management-Systemen synchronisieren.
  • Die Datenvirtualisierung bietet eine abstrakte, integrierte Ansicht von Daten aus verschiedenen Quellen, ohne diese physisch zu konsolidieren. Dies ermöglicht einen Zugriff in Echtzeit und hilft Unternehmen beispielsweise Risiken in der Lieferkette effizient zu überwachen.

Für die Datenintegration ist es außerdem maßgeblich, klare Richtlinien und Prozesse für die Datenerhebung zu entwickeln und umzusetzen. Durch die Standardisierung dieser Prozesse kann eine konsistente und zuverlässige Datenerfassung sichergestellt werden. Der Einsatz moderner Integrationsplattformen, die die Erfassung, Vereinheitlichung, Transformation und Analyse von Daten unterstützen, ermöglicht es Unternehmen, die Verarbeitung relevanter Kennzahlen zu automatisieren und so zeitnahe und umfassende Einblicke zu gewinnen. Solche Technologien verbessern nicht nur die Datenqualität, sondern reduzieren auch den manuellen Aufwand und das Fehlerrisiko im Berichtwesen. In Kombination mit generativer KI lässt sich die Datenintegration weiter automatisieren. Darüber hinaus können Unternehmen Trends und Verbesserungsmöglichkeiten besser identifizieren und analysieren.

Fokus auf ganzheitliche Betrachtung

Ein effizienter und integrierter Ansatz im Datenmanagement befähigt Unternehmen nicht nur, gesetzliche Vorgaben zu erfüllen. Er unterstützt sie auch dabei, Transparenz zu schaffen und Nachhaltigkeit aktiv voranzutreiben. Nachhaltigkeitsrichtlinien fordern von Unternehmen, die Betrachtung von Risiken für den Geschäftserfolg um menschen- und umweltrechtliche Aspekte zu erweitern. Dabei steht eine ganzheitliche Analyse von Risiken im Mittelpunkt. Durch integrierte Daten können Unternehmen die Abhängigkeiten und Wechselwirkungen zwischen finanziellen Entscheidungen und Nachhaltigkeitszielen verstehen und steuern. Dies bildet die Grundlage für eine gesetzeskonforme, strategische und zukunftsorientierte Unternehmensführung.


Schlagworte zum Thema:  Lieferkette, CSDDD, Nachhaltigkeitsmanagement