Leitsatz (amtlich)
a) § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG legt den Kreis der liquidationsberechtigten Wahlärzte abschließend fest und schließt wahlärztliche Leistungen durch Honorarärzte aus.
b) Als zwingende preisrechtliche Schutzvorschrift zugunsten des Patienten steht § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG nicht nur einer Honorarvereinbarung entgegen, die der Honorararzt unmittelbar mit dem Patienten abschließt, sondern verbietet auch, den Honorararzt in der Wahlleistungsvereinbarung als "originären" Wahlarzt zu benennen. Derartige Vereinbarungen sind gem. § 134 BGB nichtig (Bestätigung und Fortführung des Senatsurteils v. 16.10.2014 - III ZR 85/14, BGHZ 202, 365).
Normenkette
BGB § 134; KHEntgG § 17 Abs. 3 S. 1
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 19.10.2017; Aktenzeichen 11 S 1333/17) |
AG Nürnberg (Entscheidung vom 06.02.2017; Aktenzeichen 240 C 8203/16) |
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des LG Nürnberg-Fürth - 11. Zivilkammer - vom 19.10.2017 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die Klägerin, ein privates Krankenversicherungsunternehmen, nimmt den beklagten Arzt aus abgetretenem Recht auf Honorarrückzahlung in Anspruch.
Rz. 2
Der Beklagte betreibt als niedergelassener Arzt eine Praxis für Neurochirurgie. Zugleich war er im Jahr 2013 als Honorararzt im St. Th. -Krankenhaus in N. tätig, ohne dass eine Anstellung oder Verbeamtung als Krankenhausarzt erfolgte. Dort operierte er die bei der Klägerin privat krankenversicherten Patienten H. P. (stationärer Aufenthalt vom 13. bis 17.5.2013) und A. B. (stationärer Aufenthalt vom 13. bis 20.12.2013) jeweils an der Wirbelsäule.
Rz. 3
Unter dem 13.5.2013 schlossen der Patient P. und die St.-Th. -Krankenhaus N., Gemeinnützige GmbH als Krankenhausträgerin eine schriftliche Vereinbarung über die Erbringung ärztlicher Wahlleistungen. Für den Fachbereich Neurochirurgie wurde der Beklagte handschriftlich als Wahlarzt eingetragen. Die Patientin B. unterschrieb am 15.12.2013 eine entsprechende Wahlleistungsvereinbarung. Allerdings erfolgte hinsichtlich des Fachbereichs Neurochirurgie keine Eintragung eines Wahlarztes. In beiden Fällen kreuzten die Patienten hinsichtlich des Gegenstands der gesondert berechenbaren Wahlleistungen folgenden Formulartext an:
"die ärztlichen Leistungen aller an der Behandlung beteiligten Ärzte des Krankenhauses, soweit diese zur gesonderten Berechnung ihrer Leistungen berechtigt sind, einschließlich der von diesen Ärzten veranlassten Leistungen von Ärzten oder ärztlich geleiteten Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses (hierzu gehören auch die unter Punkt 3 der Hinweise genannten Einrichtungen), ..."
Rz. 4
Das vom St.-Th. -Krankenhaus verwendete Textformular enthält auf der Vorderseite ferner folgende "Hinweise":
"Bei der Inanspruchnahme der Wahlleistung 'ärztliche Leistungen' kann die Wahl nicht auf einzelne Ärzte des Krankenhauses beschränkt werden (§ 22 Abs. 3 BPflV, § 17 KHEntgG). Eine Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen erstreckt sich auf alle an der Behandlung des Patienten beteiligten Ärzte des Krankenhauses, soweit diese zur gesonderten Berechnung ihrer Leistungen im Rahmen der stationären sowie einer vor- und nachstationären Behandlung (§ 115a SGB V) berechtigt sind, einschließlich der von diesen Ärzten veranlassten Leistungen von Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses (hierzu gehören auch die unter Punkt 3 der Hinweise genannten Einrichtungen) ... ... Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Kardiologische Gemeinschaftspraxis Dres. ..., das Radiologisch-Nuklearmedizinische Zentrum und die Strahlentherapiepraxis Dr. ... selbständige Apparategemeinschaften und Gemeinschaftspraxen in den Räumen bzw. auf dem Gelände des Krankenhauses nach einer Sonderstellung des Modells Bayern III betreiben. Dennoch handelt es sich um örtlich getrennte, wirtschaftlich selbständige Einrichtungen mit eigenen Gerätschaften und eigenem Personal. Die Praxen bzw. Apparategemeinschaften sind kein Bestandteil unseres Krankenhauses. Gleiches gilt für sonstige fremde Einrichtungen außerhalb des St.-Th. -Krankenhauses, wie z.B. auch die Neurochirurgiepraxis Dr. B. [Beklagter], Laborgemeinschaften, andere Kliniken, Fachärzte und andere."
Rz. 5
Der Beklagte rechnete gegenüber dem Patienten P. einen Betrag von 1.296,39 EUR ab. Der Patientin B. stellte er 1.359,80 EUR in Rechnung. Die Patienten beglichen die Rechnungen. Die Klägerin erstattete daraufhin den Patienten den jeweiligen Rechnungsbetrag gegen Abtretung etwaiger Rückforderungsansprüche gegen den Beklagten.
Rz. 6
Die Klägerin hat geltend gemacht, der Beklagte habe Wahlleistungen nicht abrechnen dürfen, weil er am St.-Th. -Krankenhaus weder angestellt noch verbeamtet gewesen sei. In beiden Fällen sei der Kreis der nach § 17 Abs. 3 Satz 1 des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG) liquidationsberechtigten Wahlärzte unzulässig erweitert worden. § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG lege den Kreis der liquidationsberechtigten Wahlärzte abschließend fest.
Rz. 7
Das AG hat den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung von 2.656,19 EUR nebst Zinsen verurteilt. Seine Berufung hat keinen Erfolg gehabt. Mit der vom LG zugelassenen Revision erstrebt er die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
Rz. 8
Die Revision des Beklagten hat keinen Erfolg.
I.
Rz. 9
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Rz. 10
Das AG sei zu Recht davon ausgegangen, dass der Klägerin ein Honorarrückforderungsanspruch aus §§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, 398 BGB gegen den Beklagten zustehe. Beide Wahlleistungsvereinbarungen seien gem. § 134 BGB nichtig, da sie den Kreis der in Betracht kommenden Wahlärzte unzulässig erweiterten. Nach der Rechtsprechung des BGH lege § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG den Kreis der liquidationsberechtigten Wahlärzte abschließend fest. Es handele sich um eine dem Schutz des Privatpatienten dienende preisrechtliche Norm. Indem der Kreis der liquidationsberechtigen Ärzte positiv beschrieben werde, werde zugleich negativ geregelt, dass anderen Ärzten, insb. selbständigen Honorarärzten, ein Liquidationsrecht nicht zustehe (Hinweis auf BGH, Urt. v. 16.10.2014 - III ZR 85/14, BGHZ 202, 365). Dies gelte auch dann, wenn der Honorararzt in der Wahlleistungsvereinbarung ausdrücklich als Wahlarzt benannt werde. Auch mit Blick auf das Grundrecht aus Art. 12 GG sei keine andere Auslegung geboten. Denn der Honorararzt erhalte für seine Leistung eine Honorierung vom Krankenhausträger, deren Höhe das Ergebnis freier Vertragsverhandlungen sei (Hinweis auf BVerfG, MedR 2015, 591 = NZS 2015, 502).
II.
Rz. 11
Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision stand.
Rz. 12
Die Versicherungsnehmer der Klägerin schuldeten keine gesonderte Vergütung für die erbrachten ärztlichen Leistungen. Der Beklagte ist deshalb gem. § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 i.V.m. § 398 BGB zur Rückzahlung des ohne Rechtsgrund erhaltenen Honorars verpflichtet.
Rz. 13
1. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen, die von der Revision nicht in Frage gestellt werden, hat der Beklagte seine ärztlichen Leistungen im St.-Th. -Krankenhaus als sog. Honorararzt erbracht. Darunter ist ein (Fach-)Arzt zu verstehen, der aufgrund eines Dienstvertrags im stationären und/oder ambulanten Bereich des Krankenhauses ärztliche Leistungen für den Krankenhausträger erbringt, ohne bei diesem angestellt oder als Beleg- oder Konsiliararzt tätig zu sein. Für diese Leistung erhält er eine Honorierung vom Krankenhausträger, deren Höhe das Ergebnis freier Vertragsverhandlungen ist, unabhängig von den Vorgaben der Gebührenordnung für Ärzte vereinbart wird und mangels Anstellung des Honorararztes keinen tarifvertraglichen Bindungen unterliegt (BGH, Urt. v. 12.11.2009 - III ZR 110/09, BGHZ 183, 143 Rz. 8 ff.; v. 16.10.2014 - III ZR 85/14, BGHZ 202, 365 Rz. 14; BVerfG, NZS 2015, 502 Rz. 14; jeweils m.w.N.).
Rz. 14
2. Durch die Wahlleistungsvereinbarung vom 13.5.2013 zwischen dem Patienten P. und der Krankenhausträgerin wurde kein eigenes Liquidationsrecht des Beklagten begründet. Seine Benennung als Wahlarzt ist mit § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG unvereinbar und deshalb gem. § 134 BGB nichtig.
Rz. 15
a) Gemäß § 1 Abs. 1 KHEntgG werden die voll- und teilstationären Leistungen der sog. DRG-Krankenhäuser (Abrechnung der allgemeinen Krankenhausleistungen hauptsächlich nach Fallpauschalen, s. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG) nach dem Krankenhausentgeltgesetz und dem Krankenhausfinanzierungsgesetz vergütet. Unter den Oberbegriff der Krankenhausleistungen fallen allgemeine Krankenhausleistungen und Wahlleistungen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 KHEntgG). Detailregelungen zu den ärztlichen und nichtärztlichen Wahlleistungen enthält § 17 KHEntgG. Danach kann ein Patient unter den Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 bis 3 KHEntgG eine Vereinbarung über die Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen mit dem Krankenhausträger treffen. Die "Wahlleistung Arzt" hat zum Gegenstand, dass dem Patienten - gegen Zahlung eines zusätzlichen Honorars - die Behandlung durch bestimmte leitende oder besonders qualifizierte Ärzte ("Chefarztbehandlung") in jedem Fall zuteil wird, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob dies im Einzelfall aus medizinischen Gründen notwendig oder zweckmäßig ist (BGH, Urteile vom 19.2.1998 - III ZR 169/97, BGHZ 138, 91, 96; v. 20.12.2007 - III ZR 144/07, BGHZ 175, 76 Rz. 7; vom 16.10.2014, a.a.O., Rz. 16; vom 14.1.2016 - III ZR 107/15, NJW 2016, 3027 Rz. 20; v. 19.4.2018 - III ZR 255/17, NJW 2018, 2117 Rz. 25). Die Begrenzung von ärztlichen Wahlleistungen auf einen bestimmten Wahlarzt ist rechtlich nicht möglich. Gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG erstreckt sich eine Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen auf alle an der Behandlung des Patienten beteiligten angestellten oder beamteten Ärzte des Krankenhauses, soweit diese zur gesonderten Berechnung ihrer Leistungen im Rahmen der voll- und teilstationären Behandlung sowie einer vor- und nachstationären Behandlung (§ 115a SGB V) berechtigt sind (sog. interne Wahlarzt- oder Liquidationskette). Einbezogen werden ferner von diesen Ärzten veranlasste Leistungen von Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses (§ 17 Abs. 3 Satz 1 letzter Halbsatz KHEntgG; sog. externe Wahlarzt- oder Liquidationskette; vgl. Spickhoff/Starzer, Medizinrecht, 3. Aufl., § 17 KHEntgG Rz. 11; Bender, GesR 2013, 449, 450; Jenschke, GesR 2015, 136, 137).
Rz. 16
b) Von der in § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG normierten Wahlarztkette werden somit nicht alle an der Behandlung beteiligten Ärzte, sondern nur bestimmte Ärzte erfasst. Der Beklagte fällt als Honorararzt nicht darunter.
Rz. 17
Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG erstreckt sich eine Wahlleistungsvereinbarung, deren wirksamer Abschluss Grundlage für die Abrechnung wahlärztlicher Leistungen ist (dazu Senatsurteil vom 19.2.1998, a.a.O., S. 97 f.), auf angestellte und beamtete Krankenhausärzte, denen der Krankenhausträger das Liquidationsrecht eingeräumt hat. Zu dieser Gruppe von Ärzten zählt der Beklagte nicht, weil er als Inhaber einer Praxis für Neurochirurgie eine selbständige Tätigkeit ausübt und die Leistungserbringung im St. Th. -Krankenhaus weder im Rahmen eines Anstellungs- noch eines Beamtenverhältnisses erfolgte (vgl. Senat, Urteil vom 16.10.2014, a.a.O., Rz. 19; BVerfG, NZS 2015, 502 Rz. 23). Darüber hinaus war der Beklagte zum Zeitpunkt der hier maßgeblichen stationären Behandlungen auch nicht Teil der externen Wahlarztkette (§ 17 Abs. 3 Satz 1 letzter Halbsatz KHEntgG). Mit Durchführung der Operationen im St. Th. -Krankenhaus hat er planmäßig die Hauptbehandlungsleistung als Erfüllungsgehilfe des Krankenhausträgers mit den von diesem bereitgestellten Ressourcen erbracht. Zudem hat er seine ärztlichen Leistungen nicht "auf Veranlassung" eines angestellten oder beamteten Krankenhausarztes mit eigener Liquidationsberechtigung (interner Wahlarzt) ausgeführt (vgl. Senat, a.a.O., Rz. 20; Bender, a.a.O., S. 450).
Rz. 18
c) Die Zulässigkeit der Erbringung von Wahlleistungen durch Honorarärzte ergibt sich auch nicht aus der Regelung des § 17 Abs. 1 Satz 2 KHEntgG. Diagnostische und therapeutische Leistungen dürfen danach als Wahlleistungen gesondert berechnet werden, wenn die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG vorliegen und die Leistungen von "einem Arzt" erbracht werden, ohne dass dieser beim Krankenhaus angestellt oder verbeamtet sein muss. Die Vorschrift hat jedoch nur den Ausschluss von Leistungen nichtärztlichen Personals, wie von Chemikern oder Biologen, zum Gegenstand (BVerfG, a.a.O.). Die Frage, auf welche Ärzte sich die Wahlleistungsvereinbarung erstrecken kann, ist in § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG spezialgesetzlich geregelt (Senat, a.a.O., Rz. 21; BVerfG, a.a.O.; Bender, a.a.O.).
Rz. 19
d) Durch die Benennung als Wahlarzt für den Fachbereich Neurochirurgie in der Wahlleistungsvereinbarung vom 13.5.2013 wurde kein eigenes Liquidationsrecht des Beklagten begründet. § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG legt den Kreis der liquidationsberechtigten Wahlärzte abschließend fest und schließt die Abrechnung wahlärztlicher Leistungen durch Honorarärzte aus (BGH, Urteile vom 16.10.2014, a.a.O., Rz. 23; v. 19.4.2018 - III ZR 255/17, NJW 2018, 2117 Rz. 24; BVerfG, a.a.O., Rz. 23 f.). Eine dagegen verstoßende Wahlleistungsvereinbarung ist gem. § 134 BGB nichtig.
Rz. 20
aa) Die hier gegebene Konstellation ist allerdings bislang höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt.
Rz. 21
(1) Zwar hat der Senat mit Grundsatzurteil vom 16.10.2014 (III ZR 85/14, BGHZ 202, 365; s. dazu BVerfG, NZS 2015, 502) entschieden, dass § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG den Kreis der liquidationsberechtigen Wahlärzte abschließend festlegt und eine Wahlleistungsvereinbarung mit dem Krankenhausträger bzw. eine gesonderte Vergütungsvereinbarung mit dem behandelnden Honorararzt, die davon abweichen, gem. § 134 BGB nichtig sind. Begründet wurde dies nicht nur mit dem eindeutigen Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG, der die Abrechnung wahlärztlicher Leistungen durch selbständige Honorarärzte nicht vorsieht, sondern auch im Hinblick auf den Sinn und Zweck einer Wahlleistungsvereinbarung, die Gesetzessystematik sowie die Entstehungsgeschichte der Norm (Senat, a.a.O., Rz. 24-30). Dem Urteil lag jedoch ein Fall zugrunde, in dem die Patientin neben einer Wahlleistungsvereinbarung mit dem Krankenhausträger einen gesonderten Privatbehandlungsvertrag mit dem Honorararzt abgeschlossen hatte, ohne dass dieser in der Wahlleistungsvereinbarung als Wahlarzt oder "gewünschter" Stellvertreter namentlich benannt wurde (a.a.O. Rz. 3 f, 18). Der Senat hat sich deshalb folgerichtig nicht mit der hier streitigen Frage befasst, ob ein Honorararzt in der Wahlleistungsvereinbarung zwischen Krankenhausträger und Patienten als Wahlarzt bestimmt werden und in dieser Eigenschaft Leistungen abrechnen kann. Tragend entschieden wurde lediglich, dass der Honorararzt nicht in die Gruppe von Ärzten fällt, die zwar nicht in der Wahlleistungsvereinbarung genannt werden, auf die sich die Vereinbarung aber nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG "erstreckt", und dass die Abrechnung wahlärztlicher Leistungen nicht in Umgehung des § 17 KHEntgG durch privatärztlichen Vertrag zwischen Honorararzt und Patienten vereinbart werden kann (s. auch BVerfG, a.a.O., Rz. 20).
Rz. 22
(2) Zu der offen gebliebenen Frage der ausdrücklichen Bestimmung eines Honorararztes als Wahlarzt in der der Behandlung zugrunde liegenden Wahlleistungsvereinbarung werden im Schrifttum unterschiedliche Auffassungen vertreten.
Rz. 23
(a) Zum Teil wird der Anwendungsbereich des § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG dahingehend eingeschränkt, die Vorschrift regele nur die Erstreckungswirkung der Wahlleistungsvereinbarung auf angestellte oder beamtete Ärzte des Krankenhauses, enthalte aber keine Aussage darüber, wer in der Vereinbarung als Wahlarzt benannt werden könne. Maßgeblich für diese Frage sei allein § 17 Abs. 1 und 2 KHEntgG. Darin finde sich die Beschränkung auf "angestellte oder beamtete Ärzte des Krankenhauses" nicht. Solange die allgemeinen Krankenhausleistungen nicht beeinträchtigt würden und der Patient mit einem konkreten Angebot einverstanden sei, könnten die vereinbarten Wahlleistungen gem. § 17 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG gesondert berechnet werden. Eine weitere, konkretere "Ermächtigungsgrundlage" sei nicht erforderlich (z.B. Penner/Nolden, ZGMR 2012, 417; Theodoridis, ZMGR 2015, 125, 126). Letztlich müsse das Patienteninteresse den Ausschlag geben und nicht die dienst(vertrags)rechtliche Bindung des die Leistung erbringenden Arztes zum Krankenhaus. Könne dieses auf einen Honorararzt zurückgreifen, der noch höher spezialisiert und besser qualifiziert als beispielsweise der Chefarzt sei, so liege es im besonderen Patienteninteresse, dass die Leistung durch diesen Arzt erbracht werde (Jenschke, a.a.O., S. 139).
Rz. 24
(b) Diesen Ansätzen wird entgegengehalten, es handele sich um bloße "Umgehungsstrategien", die mit der Senatsrechtsprechung zum abschließenden Charakter des § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG unvereinbar seien. Der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei die strikte Tendenz zu entnehmen, dass die namentliche Benennung eines Honorararztes als Wahlarzt zur Nichtigkeit der Wahlleistungsvereinbarung gem. § 134 BGB führe (z.B. Rehborn in Huster/Kaltenborn, Krankenhausrecht, 2. Aufl., § 14 Rz. 117c; Makoski, GuP 2015, 103, 105 und JR 2016, 137, 142). Die Regelungen in § 17 Abs. 1 und 3 KHEntgG könnten nicht isoliert voneinander betrachtet werden, sondern müssten stets im Verbund erfüllt sein (Göbel, VersR 2015, 809, 810).
Rz. 25
bb) Der Senat entscheidet die Streitfrage nunmehr in dem Sinne, dass § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG als zwingende preisrechtliche Schutzvorschrift zugunsten des Patienten nicht nur einer Honorarvereinbarung entgegensteht, die der Honorararzt unmittelbar mit dem Patienten abschließt (Senat, Urteil vom 16.10.2014, a.a.O., Rz. 23), sondern auch verbietet, den Honorararzt in der Wahlleistungsvereinbarung als "originären" Wahlarzt zu benennen. Derartige Vereinbarungen sind gem. § 134 BGB nichtig.
Rz. 26
(1) § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG ist seinem Wortlaut nach eindeutig nur auf (liquidationsberechtigte) angestellte oder verbeamtete Krankenhausärzte sowie Ärzte, die auf Veranlassung eines angestellten oder verbeamteten Krankenhausarztes (mit eigenem Liquidationsrecht) Leistungen erbringen, anwendbar. Die Möglichkeit der Erweiterung des Anwendungsbereichs auf Honorarärzte, die auf Veranlassung des Krankenhausträgers die ärztliche Hauptleistung im Krankenhaus erbringen, ergibt sich aus dem Wortlaut nicht (BVerfG, NZS 2015, 502 Rz. 23). Die Vorschrift beschreibt einerseits den Kreis der liquidationsberechtigten Ärzte positiv, indem sie anordnet, dass sich eine mit dem Krankenhausträger getroffene Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen auf den gesetzlich bestimmten Personenkreis erstreckt. Andererseits werden dadurch zugleich in negativer Hinsicht andere Ärzte - darunter auch Honorarärzte - von der Wahlarztkette ausgeschlossen (Senat, Urteil vom 16.10.2014, a.a.O., Rz. 24). Damit ist der Kreis der liquidationsberechtigen Wahlärzte abschließend bestimmt. Der dem Schutz des Privatpatienten dienende preisrechtliche Regelungsgehalt der Vorschrift wäre in Frage gestellt, wenn die Liquidationsberechtigung durch die Aufnahme von im Krankenhaus tätigen Honorarärzten in die Wahlleistungsvereinbarung frei geregelt werden könnte.
Rz. 27
(2) Entgegen der Auffassung der Revision kann die Erbringung und Abrechnung von ärztlichen Wahlleistungen durch Honorarärzte nicht auf den Wortlaut des § 17 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG gestützt werden. Aus dieser Norm folgt lediglich zum einen, dass (ärztliche und nichtärztliche) Wahlleistungen sich von den allgemeinen Krankenhausleistungen i.S.d. § 2 Abs. 2 KHEntgG unterscheiden müssen und diese nicht beeinträchtigen dürfen. Darüber hinaus bestimmt § 17 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG nur das Erfordernis einer wirksamen Wahlleistungsvereinbarung zwischen dem Krankenhausträger und dem Patienten. Demgegenüber werden die Modalitäten und die Abrechnung der "Wahlleistung Arzt" ausschließlich in § 17 Abs. 3 KHEntgG geregelt. Dies gilt namentlich für die Frage, welche Ärzte als Wahlarzt benannt werden können bzw. auf welchen Personenkreis sich die Vereinbarung wahlärztlicher Leistungen erstreckt (vgl. Senat, Urteile vom 16.10.2014, a.a.O., Rz. 16, 23 und vom 19.4.2018, a.a.O., Rz. 24; s. auch Spickhoff/Starzer, a.a.O., Rz. 11 ff.; Bender, a.a.O., S. 450).
Rz. 28
(3) Wie der Senat in dem Urteil vom 16.10.2014 näher ausgeführt hat (a.a.O. Rz. 29-31), lässt sich auch aus der Entstehungsgeschichte des § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG sowie seiner Vorläuferregelungen in den verschiedenen Fassungen der Bundespflegesatzverordnung (§ 6 Satz 4 BPflV 1973, § 7 Abs. 3 Satz 1 BPflV 1986, § 22 Abs. 3 Satz 1 BPflV 1995) ableiten, dass der Gesetzgeber den Kreis der liquidationsberechtigten Wahlärzte durch die Beschränkung auf angestellte oder beamtete Krankenhausärzte (mit eigenem Liquidationsrecht) bzw. auf von diesen veranlasste Leistungen externer Ärzte abschließend festlegen und zu keinem Zeitpunkt Drittärzten - ohne Veranlassung durch einen internen Wahlarzt - ein eigenes Liquidationsrecht einräumen wollte. Die Gesetzgebungsgeschichte belegt, dass der Gesetzgeber den Kreis der liquidationsberechtigten Wahlärzte kontinuierlich eingeengt hat (vgl. auch BR-Drucks. 596/72, 11, BR-Drucks. 269/84, 12, BR-Drucks. 381/94, 39, BT-Drucks. 14/6893, 46).
Rz. 29
Soweit § 2 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG in der Fassung des Gesetzes zur Einführung eines pauschalierenden Entgeltsystems für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen vom 21.7.2012 (Psych-Entgeltgesetz; BGBl. I, 1613) mit Wirkung zum 1.1.2013 bestimmt, dass eine ärztliche Krankenhausbehandlung auch durch "nicht fest angestellte Ärztinnen und Ärzte" erfolgen kann, bezieht sich diese Regelung nach der Gesetzesbegründung nur auf die allgemeinen Krankenhausleistungen. Wahlärztliche Leistungen werden nicht erwähnt (BT-Drucks. 17/9992, 26; s. auch BVerfG, NZS 2015, 502 Rz. 25). Dementsprechend verpflichtet § 2 Abs. 3 KHEntgG in der Fassung des Psych-Entgeltgesetzes die Krankenhäuser, bei der Erbringung allgemeiner Krankenhausleistungen durch nicht im Krankenhaus fest angestellte Ärzte sicherzustellen, dass diese für ihre Tätigkeit im Krankenhaus die gleichen Anforderungen wie fest im Krankenhaus angestellte Ärzte erfüllen. § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG ist im Zuge der vorgenannten Reform hingegen unverändert geblieben, obwohl im Gesetzgebungsverfahren die Bundesärztekammer und die Kassenärztliche Bundesvereinigung Stellungnahmen abgegeben haben, die darauf abzielten, dass auch nicht angestellte Ärzte berechtigt sein sollten, Wahlleistungen zu erbringen. Dies rechtfertigt den Schluss, dass der Gesetzgeber an der sich aus § 17 Abs. 3 Satz 1 ergebenden Gesetzeslage, im Krankenhaus nicht fest angestellten Ärzten eine gesonderte Berechnung von Wahlleistungen zu versagen, nichts ändern wollte (Senat, Urteile vom 16.10.2014, a.a.O., Rz. 31 und vom 19.4.2018, a.a.O., Rz. 24; Bender, a.a.O., S. 451 f.; Clausen, ZMGR 2012, 248, 250 f.; Jenschke, a.a.O., S. 137 f.).
Rz. 30
(4) Das Patienteninteresse zwingt ebenfalls nicht dazu, selbständigen Honorarärzten (zusätzlich) die Möglichkeit einzuräumen, wahlärztliche Leistungen zu erbringen und abzurechnen. Der Patient vereinbart mit dem Krankenhausträger wahlärztliche Leistungen im Vertrauen auf die besonderen Erfahrungen und die herausgehobene Kompetenz des von ihm ausgewählten Arztes, die (auch) darin zum Ausdruck kommen, dass der Arzt in dem Krankenhaus eine leitende Position innehat ("Chefarztbehandlung"). Dem Patienten geht es somit in erster Linie darum, sich über den Facharztstandard hinaus, der bei der Erbringung allgemeiner Krankenhausleistungen ohnehin geschuldet ist, die Leistungen hochqualifizierter Spezialisten des Krankenhauses gegen ein zusätzliches Entgelt "hinzuzukaufen" (vgl. BGH, Urt. v. 19.2.1998 - III ZR 169/97, BGHZ 138, 91, 96; v. 20.12.2007 - III ZR 144/07, BGHZ 175, 76 Rz. 7; vom 16.10.2014, a.a.O., Rz. 25 und vom 19.4.2018, a.a.O., Rz. 25). Diese ein zusätzliches Entgelt erst rechtfertigende herausgehobene ärztliche Qualifikation ("Chefarztstandard" in Abgrenzung zum "Facharztstandard" bei allgemeinen Krankenhausleistungen), kann nicht bei allen Honorarärzten von vornherein angenommen werden (Senat, Urteil vom 16.10.2014; Clausen, ZMGR 2012, 248, 255 und ZMGR 2016, 82, 83). Ebenso wenig kann davon ausgegangen werden, dass Honorarärzte regelmäßig eine Versorgungslücke in der Klinik des Chefarztes abdecken sollen (Clausen, ZMGR 2012, a.a.O., S. 256). Die Berechtigung eines gesonderten Entgelts für wahlärztliche Leistungen würde grundsätzlich in Frage gestellt, wenn auch derjenige Honorararzt, der "nur" den bei allgemeinen Krankenhausleistungen geforderten Facharztstandard oder gar weniger bietet, seine Leistungen als Wahlarzt liquidieren könnte (Senat, Urteil vom 16.10.2014, a.a.O.; Clausen, ZMGR 2012, a.a.O., S. 255; s. auch Jenschke, a.a.O., S. 140). Der Patient liefe dann nämlich Gefahr, von einem Honorararzt behandelt zu werden, der hinter dem Chefarztstandard zurückbleibt, aber seine Leistungen wie ein Chefarzt liquidiert.
Rz. 31
(5) Es ist auch von Verfassungs wegen (Art. 12 Abs. 1 GG) nicht geboten, selbständigen Honorarärzten die Erbringung und Abrechnung von wahlärztlichen Leistungen zu gestatten. Der Honorararzt erhält für seine ärztliche Leistung vom Krankenhausträger eine Honorierung, deren Höhe frei und unabhängig von den Vorgaben der Gebührenordnung für Ärzte oder etwaiger Tarifbindungen des Krankenhauses vereinbart werden kann (BGH, Urt. v. 12.11.2009 - III ZR 110/09, BGHZ 183, 143 Rz. 8 ff. und vom 16.10.2014, a.a.O., Rz. 14). Er ist nicht gezwungen, ärztliche Leistungen gegenüber dem Krankenhaus zu erbringen, wenn er der Auffassung ist, ein nicht angemessenes Honorar zu erzielen (BVerfG, NZS 2015, 502 Rz. 14). Es ist daher auch mit Blick auf das Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit nicht erforderlich, dem Honorararzt, der als Erfüllungsgehilfe des Krankenhausträgers in keinem unmittelbaren vertraglichen Verhältnis zu dem Patienten steht, einen eigenen Vergütungsanspruch gegen diesen einzuräumen. § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG dient als zwingende preisrechtliche Vorschrift dem Schutz der Patienten und nicht den Erwerbschancen von Honorarärzten (Clausen in Ratzel/Luxenburger, a.a.O., Rz. 54).
Rz. 32
3. a) Die mit der Patientin B. geschlossene Wahlleistungsvereinbarung vom 15.12.2013 scheidet als Rechtsgrundlage für die Abrechnung von wahlärztlichen Leistungen schon deshalb aus, weil der Beklagte darin nicht als Wahlarzt benannt ist und eine Erstreckung der Wahlleistungsvereinbarung gem. § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG nach den Grundsätzen des Senatsurteils vom 16.10.2014 ausscheidet.
Rz. 33
b) Die Einbeziehung des Beklagten in die Wahlleistungsvereinbarung lässt sich entgegen der Auffassung der Revision nicht mit der Erwähnung seiner Neurochirurgiepraxis im Abs. 3 der "Hinweise" auf der Vorderseite des Textformulars begründen. Dadurch wird, wie sich aus dem Gesamtzusammenhang mit dem angekreuzten Formulartext zum Gegenstand der gesondert berechenbaren Wahlleistungen und dem Abs. 1 der "Hinweise" ergibt, lediglich klargestellt, dass es sich bei der Praxis um eine fremde ärztlich geleitete Einrichtung außerhalb des Krankenhauses handelt, deren Einbeziehung in die (externe) Liquidationskette nur in Betracht kommt, soweit sie - was vorliegend nicht zutrifft - im Rahmen der Behandlung des Patienten Leistungen erbringt, die von angestellten oder beamteten Krankenhausärzten (mit eigenem Liquidationsrecht) veranlasst werden. Der Senat kann diese Auslegung selbst vornehmen, da es sich bei der von dem Krankenhaus verwendeten formularmäßigen Wahlleistungsvereinbarung, deren Text für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert ist, um Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.d. § 305 Abs. 1 BGB handelt (vgl. BGH, Urt. v. 19.4.2018 - III ZR 255/17, NJW 2018, 2117 Rz. 17).
Rz. 34
c) Wie oben unter 2. ausgeführt, stünde einer wirksamen Benennung des Beklagten als Wahlarzt darüber hinaus in jedem Fall die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG entgegen, die die Abrechnung wahlärztlicher Leistungen durch Honorarärzte ausschließt und gem. § 134 BGB zur Nichtigkeit einer davon abweichenden Vereinbarung führt.
Fundstellen
NJW 2019, 1519 |
NJW 2019, 9 |
ArztR 2019, 101 |
MDR 2019, 277 |
MedR 2019, 654 |
GesR 2019, 179 |
GuP 2019, 110 |
KRS 2019, 252 |
medstra 2020, 32 |