Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
Gegenstand der Verfassungsbeschwerde ist die Frage, ob es mit dem Gleichheitssatz vereinbar ist, dass der Arbeitgeber wegen seiner Beitragspflicht zur sozialen Pflegeversicherung durch die Feiertagsregelung des Pflegeversicherungsrechts entlastet wird, während die zur Künstlersozialabgabe verpflichteten Unternehmer einen entsprechenden Ausgleich nicht erhalten.
I.
1. Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 des als Art. 1 des Gesetzes zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit (Pflege-Versicherungsgesetzes – PflegeVG) vom 26. Mai 1994 (BGBl I S. 1014) verkündeten Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) sind selbständige Künstler und Publizisten in der sozialen Pflegeversicherung nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes pflichtversichert. § 1 des Gesetzes über die Sozialversicherung der selbständigen Künstler und Publizisten (Künstlersozialversicherungsgesetz – KSVG) vom 27. Juli 1981 (BGBl I S. 705) in der Fassung des Art. 12 Nr. 1 PflegeVG sieht dementsprechend vor, dass selbständige Künstler und Publizisten, die ihre Tätigkeit erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausüben, auch in der sozialen Pflegeversicherung versichert sind, sofern sie im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit nicht mehr als einen Arbeitnehmer beschäftigen, es sei denn, die Beschäftigung erfolgt zur Berufsausbildung oder ist geringfügig im Sinne des § 8 SGB IV.
Die Mittel für die soziale Pflegeversicherung der selbständigen Künstler und Publizisten werden nach § 14 KSVG in der Fassung des Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Änderung des Künstlersozialversicherungsgesetzes vom 20. Dezember 1988 (BGBl I S. 2606) zur einen Hälfte durch Beitragsanteile der Versicherten, zur anderen Hälfte durch die Künstlersozialabgabe und durch einen Zuschuss des Bundes aufgebracht. Dieser Zuschuss beläuft sich seit dem Jahr 2000 auf 20 % der Ausgaben der Künstlersozialkasse (§ 34 Abs. 1 Satz 1 KSVG). § 24 KSVG, zuletzt geändert durch Art. 1 Nr. 16 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Künstlersozialversicherungsgesetzes und anderer Gesetze vom 13. Juni 2001 (BGBl I S. 1027), bestimmt die Unternehmer, die zur Künstlersozialabgabe verpflichtet sind.
In Bezug auf die Tragung der Beiträge bei versicherungspflichtig Beschäftigten sieht § 58 SGB XI vor:
(1) Die nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 versicherungspflichtig Beschäftigten, die in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind, und ihre Arbeitgeber tragen die nach dem Arbeitsentgelt zu bemessenden Beiträge jeweils zur Hälfte. Soweit für Beschäftigte Beiträge für Kurzarbeitergeld oder Winterausfallgeld zu zahlen sind, trägt der Arbeitgeber den Beitrag allein.
(2) Zum Ausgleich der mit den Arbeitgeberbeiträgen verbundenen Belastungen der Wirtschaft werden die Länder einen gesetzlichen landesweiten Feiertag, der stets auf einen Werktag fällt, aufheben.
(3) Die in Absatz 1 genannten Beschäftigten tragen die Beiträge in Höhe von 1 vom Hundert allein, wenn der Beschäftigungsort in einem Land liegt, in dem die am 31. Dezember 1993 bestehende Anzahl der gesetzlichen landesweiten Feiertage nicht um einen Feiertag, der stets auf einen Werktag fiel, vermindert worden ist. In Fällen des § 55 Abs. 1 Satz 2 werden die Beiträge in Höhe von 0,5 vom Hundert allein getragen. Im übrigen findet Absatz 1 Anwendung.
(4) bis (5) …
2. Die Beschwerdeführerinnen sind Gesellschaften, die künstlerische oder publizistische Leistungen professionell vermarkten. Es handelt sich um Verlage und um eine Konzertdirektion. Die Beschwerdeführerinnen bestreiten nicht, nach einfachem Recht dem Grunde nach zur Künstlersozialabgabe verpflichtet zu sein. Mit ihren Verfassungsbeschwerden greifen sie unmittelbar § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 und § 58 SGB XI sowie Art. 12 PflegeVG an. Sie wenden sich dagegen, dass sie sich nach Einführung der Pflegeversicherungspflicht für selbständige Künstler und Publizisten mit der gesetzlichen Verpflichtung zur Künstlersozialabgabe auch an den Kosten der sozialen Pflegeversicherung beteiligen müssen, ohne in einer § 58 Abs. 2 und 3 SGB XI vergleichbaren Weise entlastet zu werden. Dies verletze Art. 3 Abs. 1 GG. Die Beschwerdeführerinnen beziehen in ihren Vortrag ein von ihnen vorgelegtes Rechtsgutachten von Professor Dr. Graf von Pestalozza ein.
Entscheidungsgründe
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Voraussetzungen von § 93 a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Dabei kann offen bleiben, ob die unmittelbar gegen gesetzliche Regelungen gerichtete Verfassungsbeschwerde zulässig ist. Sie hat jedenfalls in der Sache keine Aussicht auf Erfolg. Es ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, dass der Gesetzgeber für die zur Künstlersozialabgabe verpflichteten Unternehmer, anders als für Arbeitgeber, von einer Regelung zur Kompensation der zusätzlichen finanziellen Belastungen abgesehen hat, die diesen dadurch entstehen, dass bei der Festsetzung der Künstlersozialabgabe gemäß § 25 KSVG auch der Aufwand zu berücksichtigen ist, der sich auf Grund der Einführung der Versicherungspflicht selbständiger Künstler und Publizisten in der sozialen Pflegeversicherung ergibt.
1. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt aber das Grundrecht, wenn er eine Gruppe von Normadressaten anders als eine andere behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfGE 104, 126 ≪144 f.≫; stRspr).
2. Die Beschwerdeführer werden im Vergleich zur Gruppe der Arbeitgeber schlechter gestellt, weil sie mit der Künstlersozialabgabe den Aufwand für die Leistungen der sozialen Pflegeversicherung mitfinanzieren, dafür aber keinen Ausgleich erhalten, wie ihn § 58 Abs. 2 und 3 SGB XI für die Arbeitgeber vorsieht. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers soll die aus den Beiträgen zur Pflegeversicherung erwachsende Mehrbelastung der Arbeitgeber in erster Linie dadurch kompensiert werden, dass ein gesetzlicher landesweiter Feiertag, der stets auf einen Werktag fällt, aufgehoben wird (§ 58 Abs. 2 SGB XI). Soweit die Länder – was überwiegend geschehen ist – das Feiertagsrecht entsprechend geändert haben, vermindert sich für die Arbeitgeber die arbeitsrechtliche Pflicht zur Entgeltzahlung für den entfallenden Feiertag, an dem die Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistung arbeitsvertraglich zu erbringen haben. Für den Fall, dass einzelne Länder die Anzahl der gesetzlichen Feiertage nicht vermindern, sieht § 58 Abs. 3 SGB XI einen gegenüber § 58 Abs. 1 SGB XI verringerten Arbeitgeberanteil vor. Die zur Künstlersozialabgabe verpflichteten Unternehmer erhalten dagegen keine entsprechende Entlastung in Bezug auf die Künstlersozialabgabe, soweit sie der Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung dient. Da zwischen ihnen und den selbständigen Künstlern und Publizisten kein Arbeitsverhältnis besteht und in der Regel eine zeitlich bestimmte Pflicht zur vereinbarten Leistung nicht existiert, wäre es kein geeigneter Anhaltspunkt für eine Entlastung, wenn die Versicherten an Feiertagen von der Pflicht zur Leistung befreit würden. Die Abschaffung eines gesetzlichen Feiertags und der damit verbundene Wegfall der Entgeltzahlung ohne Gegenleistung kommt den Unternehmern deshalb nicht zugute. Eine Kompensation auf andere Weise sieht das Pflegeversicherungsrecht nicht vor.
3. Diese Ungleichbehandlung ist jedoch durch hinreichende Gründe gerechtfertigt.
a) Die Kompensationsregelung für Arbeitgeber in § 58 Abs. 2 und 3 SGB XI bezweckt, die Belastungen der Wirtschaft auf Grund der Pflichtbeiträge der Arbeitgeber zu verringern, um einen weiteren Anstieg der Lohnzusatzkosten zu vermeiden und so mögliche negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt zu verhindern (vgl. BTDrucks 13/3811, S. 4). Es liegt innerhalb des wirtschafts- und sozialpolitischen Ermessens des Gesetzgebers, wenn er entsprechende Gefahren für die Auftragssituation der selbständigen Künstler und Publizisten im Bereich der unternehmerischen Aktivitäten im Sinne des § 24 KSVG nicht sieht und deshalb von einer Kompensation für den erhöhten Abgabenaufwand absieht. Das Bundesverfassungsgericht ist nicht dazu berufen zu prüfen, ob der Gesetzgeber die gerechteste und zweckmäßigste Regelung getroffen hat (vgl. BVerfGE 51, 60 ≪74≫).
b) Der Gesetzgeber durfte im Rahmen seiner wirtschaftlichen und sozialpolitischen Gestaltungsfreiheit auch davon ausgehen, dass Arbeitgeber vorrangig entlastungsbedürftig sind. Anders als Arbeitgeber sind die zur Künstlersozialabgabe verpflichteten Unternehmer nicht mit der Pflicht zur Entgeltzahlung bei Krankheit, Urlaub oder Feiertagen belastet. Arbeitgeber haben, anders als diese Unternehmer, nicht nur einen Beitragsanteil an der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung zu tragen; auch die Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung und der Arbeitsförderung werden durch Beiträge der Arbeitgeber finanziert oder mitfinanziert.
c) Der Verzicht des Gesetzgebers auf eine spezifische Entlastung der Unternehmer hat keine übermäßige Benachteiligung dieses Personenkreises zur Folge. Der Prozentanteil der Künstlersozialabgabe an den Entgelten für künstlerische und publizistische Leistungen von Versicherten – 3,8 % für das Jahr 2003 (vgl. § 1 der Künstlersozialabgabe-Verordnung 2003 vom 9. Oktober 2002, BGBl I S. 4043) – fällt gegenüber den Arbeitgeberbeiträgen zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung deutlich niedriger aus (vgl. schon BVerfGE 75, 108 ≪156≫). Daran wiederum ist der auf die Pflegeversicherung entfallende Anteil mit 4,91 % im Jahr 2001 wiederum verhältnismäßig gering.
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Papier, Steiner, Hoffmann-Riem
Fundstellen
Haufe-Index 1267222 |
NZS 2003, 312 |