Leitsatz (amtlich)
1. Die Klauseln zur Geltung des sog. claims-made-Prinzips in den AVB eines Versicheres über eine D&O Versicherung sind im streitgegenständlichen Fall nicht überraschend i.S.v. § 305c Abs. 1 BGB.
2. Die grundsätzlichen Nachteile des claims-made-Prinzips werden durch die Regelungen über die unbegrenzte Rückwärtsversicherung, die vereinbarte Nachhaftungszeit und die Möglichkeit einer Umstandsmeldung bei Vertragsbeendigung durch Kündigung des Versicherers ausreichend kompensiert, so dass die Kau-seln einer gem. § 307 BGB vorzunehmenden Inhaltskontrolle standhalten.
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 25.09.2008; Aktenzeichen 12 O 20461/07) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des LG München I vom 25.9.2008 wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 73.100 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Gewährung von Versicherungsschutz aus einer D & O Versicherung. Der Kläger war seit dem Jahr 2000 Vorstandsmitglied der Versicherungsnehmerin der Beklagten, der G-AG, die bei der Beklagten für das Jahr 2002 eine sog. D & O Versicherung (Vermögensschadenshaftpflichtversicherung für Unternehmensleiter) abgeschlossen hatte. Versicherte Personen waren die Vorstandsmitglieder der Versicherungsnehmerin. Die Versicherung wurde durch die Beklagte zum Ablauf des Jahres 2002 gekündigt. Die Parteien haben in § 2 Ziff. 2 der Versicherungsbedingungen die Geltung des sog. claims-made-Prinzips vereinbart. Danach sind die während des Zeitraumes der Versicherungsdauer geltend gemachten Schadensersatzansprüche versichert. Zudem wird eine unbegrenzte Rückwirkung geboten. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarungen zum Versicherungsschutz sowie deren textlicher Gestaltung im Versicherungsschein und in den allgemeinen Versicherungsbedingungen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Blatt 114/115 d.A.) sowie auf die dort bezeichneten Anlagen Bezug genommen.
Die Versicherungsnehmerin meldete im Juni 2003 Insolvenz an, der Insolvenzverwalter stellte Ende November 2006 erstmals mögliche Schadensersatzansprüche gegen den Kläger und weitere Personen wegen angeblicher Insolvenzverschleppung in den Raum und erhob diesbezüglich mit Klageschrift vom 15.5.2007 gegen den Kläger und andere Klage zum LG Wuppertal. Der Kläger unterrichtete die Beklagte sowohl von der erstmaligen Behauptung von Schadensersatzansprüchen durch den Insolvenzverwalter als auch von der Klageerhebung und suchte um Gewährung von Deckungsschutz nach, welche die Beklagte unter Hinweis auf die vertraglichen Vereinbarungen abgelehnt hat.
Der Kläger ist der Ansicht, dass die Beklagte Deckungsschutz zu gewähren habe, da die Regelungen des Versicherungsvertrages, die einer Leistungspflicht entgegenstünden, unwirksam seien. Die Klausel in den AVB der Beklagten, welche die Geltung des sog. claims-made-Prinzips festschreiben, seien überraschend, da der Versicherungsnehmer bei Abschluss einer Vermögensschadenspflichtversicherung nicht mit einer solchen Anknüpfung rechne. Bei einer Haftpflichtversicherung sei es üblich, dass an die schadensauslösende Handlung angeknüpft werde, dies entspreche auch der Erwartung des Versicherungsnehmers, der sich einer Absicherung gegen die während der Versicherung möglicherweise stattfindenden Pflichtverletzungen erwarte. Es laufe den Interessen des Versicherten diametral entgegen, dass der Zeitpunkt der Inanspruchnahme durch einen Geschädigten nicht beeinflussbar sei.
Ebenfalls seien die Regelungen über die Nachhaftungsfrist überraschend. Gerade daraus, dass hier Vorstände einer Aktiengesellschaftsversicherung versichert werden sollten, ergebe sich, dass der Versicherungsnehmer und die versicherten Personen davon ausgehen dürften, dass sie jedenfalls durch die Versicherung abgesichert seien, solange wegen fehlenden Verjährungseintritt noch Ansprüche gegen sie geltend gemacht werden könnten. Dies sei infolge der von der Beklagten festgelegten Nachhaftungsfrist von nur 1 Jahr nicht möglich. Auch biete die Beklagte keine Verlängerungsmöglichkeit der Nachhaftungsfrist an, wie dies in den Musterbedingungen des Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft enthalten sei.
Die Klauseln seien im Übrigen auch deshalb unwirksam, da sie die Versicherungsnehmerin und die versicherten Personen entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen würden. Die Bestimmung des Versicherungsfalls sei nicht mit wesentlichen Grundsätzen der gesetzlichen Regelung vereinbar. Es werde von den §§ 62, 63 VVG a.F. abgewichen. Der Versicherungsnehmer könne und dürfe erwarten, dass er mit der Versicherung Schutz geg...