Für die Bewertung der Gefährdungen bei Alleinarbeit kann hilfsweise die DGUV-R 112-139 herangezogen werden. Hier und in der sie ergänzenden DGUV-I 212-139 werden Werkzeuge angeboten, um den Grad der Gefährdung bei der Alleinarbeit zu objektivieren und geeignete Schutzmaßnahmen abzuleiten.
In Anwendung der DGUV-R 112-139 werden die vorkommenden Gefährdungsfaktoren (z. B. mechanische, elektrische Gefährdung, physikalische Einwirkung, physische, psychische Belastung) einer von drei Gefährdungsstufen ("gering", "erhöht" oder "kritisch") zugeordnet, die zugleich mit Punktwerten (Gefährdungsziffer GZ) versehen sind. Die ermittelte Gefährdungsziffer GZ wird mit der Bewertungsziffer EV addiert, welche die Zeit zwischen dem Auslösen des Personen-Alarms und dem Beginn von Hilfsmaßnahmen am Ort des Geschehens ausdrückt. Die errechnete Summe wird mit dem Punktwert der Notfallwahrscheinlichkeit NW ("gering", "mäßig" oder "hoch") multipliziert. Diese gibt an, wie hoch die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Notfalls ist.
Die Berechnung ergibt das Risiko R = (GZ + EV) x NW.
Der ermittelte Wert R entscheidet, ob das vorhandene Risiko akzeptabel oder nicht akzeptabel ist.
Akzeptabel ist das Risiko, wenn ein Wert von 30 nicht überschritten wird.
Bei einem Wert R > 30 ist Alleinarbeit nicht zulässig.
Allerdings kann durch das Ergreifen zusätzlicher technischer und organisatorischer Maßnahmen versucht werden, die Punktwerte für die Gefährdungsziffer GZ und die Notfallwahrscheinlichkeit NW zu reduzieren.
Stellt sich heraus, dass das ermittelte Risiko zu hoch ist, etwa weil
- die Gefährdungsstufe mit "erhöht" oder "kritisch" und
- die Notfallwahrscheinlichkeit mit "mäßig" oder "hoch"
bewertet wurde, und sind Maßnahmen zur Senkung des Risikos nicht möglich, dann ist Alleinarbeit nicht zulässig!
Ermittlung des Risikos
Ist mehr als ein einzelner Gefährdungsfaktor vorhanden, was der Regelfall sein dürfte, ist die Bewertungsziffer NW zu erhöhen. Die Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines Notfalls steigt und damit auch das Risiko R.
2.3.1 Gefährdungsstufen
Rückschlüsse für die Handhabung der Alleinarbeit können schon aus der Einstufung in die Gefährdungsstufen abgeleitet werden.
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Beschreibung der Gefährdungsstufe |
DGUV-R 112-139 |
DGUV-I 212-139 |
Gefährdungsstufe "gering" |
Gefährdungsfaktoren können bei der allein arbeitenden Person geringe Verletzungen bzw. geringe akute Beeinträchtigungen der Gesundheit bewirken. Person bleibt handlungsfähig. |
Überwachung von Einzelarbeitsplätzen grundsätzlich nicht erforderlich. |
Einsatz einer Meldeeinrichtung reicht aus. |
Gefährdungsstufe "erhöht" |
Gefährdungsfaktoren können bei der allein arbeitenden Person erhebliche Verletzungen bzw. erhebliche akute Beeinträchtigungen der Gesundheit bewirken. Person bleibt im Notfall eingeschränkt handlungsfähig. |
Bei Notfallwahrscheinlichkeit "mäßig": Kontrollgänge oder Kontrollanrufe. Bei Notfallwahrscheinlichkeit "hoch": ständige Überwachung. |
Prüfen, welche Meldeeinrichtung noch zulässig ist. Ggf. Personen-Notsignal-Anlage in Betracht ziehen oder Anwesenheit einer zweiten Person. |
Gefährdungsstufe "kritisch" |
Gefährdungsfaktoren können bei der allein arbeitenden Person besonders schwere Verletzungen bzw. besonders schwere akute Beeinträchtigungen der Gesundheit bewirken. Person ist im Notfall nicht mehr handlungsfähig. |
Ständige Überwachung erforderlich, z. B. durch eine zweite Person, eine Personen-Notsignal-Anlage oder eine Video-Einrichtung im Dauerbetrieb. |
Personen-Notsignal-Anlage verwenden oder Anwesenheit einer zweiten Person. |