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(1) Ein Nebenfluchtweg ist erforderlich zur Flucht aus Bereichen, in denen die Gefahr besteht, dass der Hauptfluchtweg nicht mehr sicher begehbar ist, wenn z.B.:
- der Hauptfluchtweg durch Bereiche mit erhöhter Brandgefährdung führt,
- Gefährdungen durch Lagerung oder Verwendung von Gefahrstoffen in der Nähe der Hauptfluchtwege vorhanden sind,
- Einwirkungen durch gefährliche Arbeiten vorhanden sind, z.B. in Aufstellräumen für Dampfkesselanlagen,
- bei einer hohen Anzahl von Personen im Hauptfluchtweg eine geordnete Flucht nicht mehr möglich ist,
- bei Produktions-, Lagerräumen oder Werkstätten, deren Grundfläche mehr als 200 m² beträgt,
- bei sonstigen Arbeitsräumen, deren Grundflächen mehr als 400 m² beträgt, z.B. Großraumbüros bzw. Kombibüros (z.B. Open-Space-Büros, Coworking Spaces),
- andere Rechtsvorschriften entsprechende Anforderungen stellen, z.B. in Versammlungsstätten, Schulen, Kindertageseinrichtungen oder
- andere betriebsspezifische Bedingungen vorliegen.
(2) Auf den Nebenfluchtweg kann verzichtet werden, wenn durch zusätzliche Maßnahmen eine sichere Begehbarkeit des Hauptfluchtweges gewährleistet ist. Dieses können z.B. in Bereichen mit erhöhter Brandgefährdung Maßnahmen sein, die eine schnelle Brandausbreitung und Verrauchung vermindern.
(3) Nebenfluchtwege sind so einzurichten, dass deren sichere Benutzung für die darauf angewiesenen Personen gewährleistet ist.
6.1 Nebenfluchtwege, die über Hauptfluchtwege führen
Sind in Bereichen einer Arbeitsstätte mehrere Hauptfluchtwege vorhanden, können diese auch als Nebenfluchtwege genutzt werden.
6.2 Abweichende Anforderungen an Nebenfluchtwege, die nicht über Hauptfluchtwege führen
(1) Die lichten Mindestbreiten von Nebenfluchtwegen sollen sich nach Abschnitt 5 Absätze 6 bis 11 richten. Für Treppen in Treppenräumen und für Außentreppen von mehrgeschossigen Gebäuden kann die lichte Mindestbreite auch nach Abschnitt 5 Absatz 14 bemessen werden.
(2) Fahrsteige und Fahrtreppen, Wendel- und Spindeltreppen sowie Steiggänge (z.B. Steigleitern und Steigeisengänge) sind im Verlauf von Nebenfluchtwegen zulässig. Treppen im Verlauf von Nebenfluchtwegen sollen über gerade Läufe verfügen. Können im Verlauf von Nebenfluchtwegen keine Treppen mit geraden Läufen eingerichtet werden, dann sind Wendeltreppen gegenüber Spindeltreppen, Spindeltreppen gegenüber Steigleitern und Steigleitern gegenüber Steigeisengängen zu bevorzugen.
(3) Nebenfluchtwege sollen keine Ausgleichsstufen enthalten.
(4) Nebenfluchtwege führen durch einen Ausgang, der als Tür, Fenstertür (z.B. Terrassentür) oder als Schlupftür in Toren ausgebildet ist, oder durch einen Notausstieg.
(5) Ein Notausstieg kann z.B. ausgebildet sein als Fenster in Wandöffnungen oder Luke oder Klappe in Boden- oder Deckenöffnungen.
(6) Notausstiege sind so einzurichten, dass diese für die darauf angewiesenen Personen möglichst schnell und ungehindert nutzbar sind. Türen und Notausstiege in Wandöffnungen sollen in Fluchtrichtung aufschlagen. Schiebevarianten (z.B. Schiebetüren oder Schiebeluken) sind zulässig.
(7) Für Notausstiege sind erforderlichenfalls im und außerhalb des Gebäudes fest angebrachte Aufstiegshilfen zur leichten und zügigen Benutzung vorzusehen (z.B. Podest, Treppe oder Haltestangen zum Überwinden von Brüstungen).
(8) Notausstiege in Wandöffnungen sollen im Lichten mindestens 0,90 m in der Breite und mindestens 1,20 m in der Höhe aufweisen. Notausstiege in Boden- oder Deckenöffnungen sollen im Lichten mindestens 0,70 m x 0,70 m oder einen lichten Durchmesser von 0,70 m aufweisen.