Zusammenfassung
Die barrierefreie Gestaltung von Arbeitsstätten ist in § 3a der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) geregelt. Danach sind Arbeitgeber verpflichtet, Arbeitsstätten so einzurichten und zu betreiben, dass die Belange der bei ihnen beschäftigten Menschen mit Behinderungen berücksichtigt werden. Dieser Beitrag zeigt, was Barrierefreiheit ist, wem sie dient, in welchen Rechtsnormen diesbezügliche Anforderungen zu finden sind und wie diese in der betrieblichen Praxis umgesetzt werden können.
Grundlage der barrierefreien Gestaltung von Arbeitsstätten ist die ArbStättV. Die Anforderungen hinsichtlich der barrierefreien Gestaltung werden in der ASR V3a.2 "Barrierefreie Gestaltung von Arbeitsstätten" konkretisiert. Außerhalb des Arbeitsschutzrechts gibt es weitere rechtliche Regelungen für Menschen mit Behinderungen. Dazu zählen das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) und das Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX). Anforderungen an die Barrierefreiheit finden sich auch in den Bauordnungen der Länder.
1 Arbeitsschutz- und Schwerbehindertenrecht
1.1 Arbeitsschutzrecht
Bereits seit 1989 waren Arbeitsstätten nach der EG-Arbeitsstättenrichtlinie behindertengerecht zu gestalten, Baustellen mit dem Inkrafttreten der EG-Baustellentrichtlinie 1992. Die ArbStättV nahm diesbezügliche Regelungen im Jahr 2004 auf.
Zwar nicht zum originären Arbeitsschutzrecht gehörend, aber ebenfalls aus dem europäischen Kontext stammend, ist die Rahmenrichtlinie "Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf" (2000/78/EG) zu nennen. Sie wurde national u. a. durch das BGG umgesetzt.
Als älteste deutsche Vorschrift für die Belange behinderter Menschen gilt das SGB IX.
Auf Ebene der Normung sind bereits seit den 1970er-Jahren technische Anforderungen an behindertengerechte Lösungen fortgeschrieben worden. Maßgeblich ist hier insbesondere die DIN 18040-Reihe.
1.2 Schwerbehindertenrecht
Im Schwerbehindertenrecht hat die Fürsorge des Staates für Menschen mit Behinderungen und deren Tätigwerden in Betrieben eine lange Tradition. Schon die erste Fassung des Gesetzes über die Beschäftigung Schwerbeschädigter im Jahr 1920 enthielt wesentliche Aussagen, die noch im heutigen Schwerbehindertenrecht verankert sind:
Arbeitgeber mussten Arbeitsräume, Betriebsvorrichtungen, Maschinen und Gerätschaften so einrichten und unterhalten und den Betrieb so regeln, dass Schwerbeschädigte in den Betrieben Beschäftigung finden konnten. Über das 1953 neu gefasste Schwerbeschädigtengesetz der Bundesrepublik Deutschland, das Schwerbehindertengesetz 1983 bis hin zum heutigen SGB IX von 2001 wurden mithin Anforderungen an Arbeitsstätten gestellt, die durch das Arbeitsschutzrecht und Gleichstellungsgesetze ergänzt bzw. vervollständigt wurden.
Benachteiligungsverbot im Grundgesetz
An exponierter Stelle wurde bereits im Jahr 1994 der Benachteiligung, Ausgrenzung und Diskriminierung von Menschen mit Behinderung begegnet: Art. 3 Abs. 3 Grundgesetz bestimmt seither als Grundrecht, dass niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf.
Im internationalen Maßstab ist die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) von 2008 zu erwähnen, die den vollen und gleichberechtigten Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten durch alle Menschen mit Behinderungen fördern und gewährleisten soll.
2 Menschen mit Behinderungen
2.1 Behinderung und Schwerbehinderung
Was unter einer Behinderung zu verstehen ist, hat das BGG formuliert:
Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können. Als langfristig gilt ein Zeitraum, der mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate andauert.
In Deutschland leben nach dem zuletzt 2021 erhobenen Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes zu den Lebenslagen der behinderten Menschen 10,3 Mio. amtlich anerkannte behinderte Menschen. 7,5 Mio. von ihnen sind schwerbehindert. Damit sind ca. 12 % der Bevölkerung behindert und ca. 9 % schwerbehindert. Die altersmäßige Verteilung der Menschen mit Behinderungen zeigt Abb. 1.
Abb. 1: Menschen mit Behinderungen in Deutschland nach dem Alter
Die meisten Behinderungen entstehen im Laufe des Lebens. Die Hälfte der Menschen mit Behinderungen ist 65 Jahre und älter, während der Anteil der unter 25-Jährigen 3,5 % beträgt.
Für 89 % der Schwerbehinderungen sind Krankheiten ursächlich. Lediglich 3 % der Schwerbehinderungen sind angeboren, auf Unfälle und Berufskrankheiten sind ca. 1,5 % der Fallzahlen zurückzuführen.
Das bedeutet auch, dass Menschen im Laufe ihres Berufslebens eine Behinderung erwerben und mit ihr an den Arbeitsplatz zurückkehren. In diesen Fällen müssen sich die Arbeitgeber darum kümmern, wie die bereits zum Betrieb gehö...