Dipl.-Biol. Bettina Huck, Dr. Josef Sauer
Zentrale gesundheitsrelevante Prozesse, die in der ISO 9001 keine Rolle spielen, sind die Gefährdungsbeurteilung und der Arbeitsschutzausschuss, der zum Gesundheitszirkel bzw. Steuerungskreis erweitert werden kann. Arbeitsmedizinische Vorsorge beinhaltet Pflicht-, Angebots- bzw. Wunschvorsorge.
3.1 Gefährdungsbeurteilung
Bereits ab einem Mitarbeiter muss eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt werden (u. a. § 5 ArbSchG, § 6 GefStoffV, § 3 BetrSichV). Im Rahmen einer Begehung werden Gefährdungen ermittelt, die vorhandenen Gefährdungen mit gesetzlichen Vorgaben verglichen oder eine Risikobewertung durchgeführt und bei Bedarf geeignete Maßnahmen festgelegt. Dabei müssen auch folgende Aspekte berücksichtigt werden:
- ergonomische sowie alters- und alternsgerechte Gestaltung von Arbeitsmitteln,
- psychische Belastungen am Arbeitsplatz, einschließlich der Belastung bei der Verwendung von Arbeitsmitteln.
Diese Forderungen erhalten vor dem Hintergrund zunehmend älterer Belegschaften große Bedeutung. Ziel muss sein, die Gesundheit und damit die Arbeits- und Leistungsfähigkeit aller Beschäftigten, auch der älteren Arbeitnehmer, lange zu erhalten bzw. zu verbessern.
Ergonomisches Merkblatt
Jedem Arbeitsplatz sollte ein ergonomisches Merkblatt zugeordnet werden, das u. a. Angaben zu Tischhöhe, Bildschirmabstand, Beleuchtung, Lärm usw. enthält. Die Informationen ermöglichen, dass Arbeitsplatz und Arbeitsmittel auf Eigenschaften und Fähigkeiten des Beschäftigten abgestimmt werden können, wie z. B. Körpergröße, Alter, Seh- und Hörvermögen, Beweglichkeit. So werden Sicherheit und Gesundheit der Mitarbeiter gewährleistet.
Die Form der Gefährdungsbeurteilung ist nicht vorgeschrieben, sie muss jedoch dokumentiert werden (§ 6 ArbSchG). In Abhängigkeit von der Unternehmensgröße können Checklisten in elektronischer oder Papierform verwendet werden. Es empfiehlt sich, die Mitarbeiter einzubeziehen, da sie ihren Arbeitsplatz am besten kennen.
Eine Gefährdungsbeurteilung ist vor Aufnahme der Tätigkeit erforderlich, z. B.
- Umgang mit Gefahrstoffen,
- Heben und Tragen.
3.2 Arbeitsmedizinische Vorsorge
Ziel der arbeitsmedizinischen Vorsorge ist es, arbeitsbedingte Erkrankungen einschließlich Berufskrankheiten durch regelmäßige Untersuchungen frühzeitig zu erkennen und zu verhindern. Arbeitsmedizinische Vorsorge ist Teil des betrieblichen Gesundheitsschutzes. Die Maßnahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge stellen den Gesundheitszustand fest und können dazu führen, dass Beschäftigte bestimmte Tätigkeiten nicht mehr ausüben dürfen. Laut ArbMedVV muss der Arbeitgeber Pflicht-, Angebots- bzw. Wunschvorsorge organisieren.
3.3 Gesundheitszirkel, Steuerungskreis
3.3.1 Gesetzliche Pflicht: Arbeitsschutzausschuss
In Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern muss grundsätzlich ein Arbeitsschutzausschuss (ASA) gebildet werden (§ 11 ASiG). Der ASA berät Anliegen des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung. Er trifft sich regelmäßig, mindestens einmal vierteljährlich und setzt sich zusammen aus:
- Arbeitgeber oder von ihm Beauftragten,
- 2 Betriebsratsmitgliedern,
- Betriebsarzt/-ärzte,
- Fachkraft/-kräfte für Arbeitssicherheit,
- Sicherheitsbeauftragte nach § 22 SGB VII.
3.3.2 Freiwilliges Instrument: Gesundheitszirkel
In Unternehmen, in denen ein Arbeitsschutzausschuss (ASA) gesetzlich gefordert ist, bietet sich die Möglichkeit, diesen durch zusätzliche Personen zu einem Gesundheitszirkel zu erweitern, z. B. durch Verantwortliche aus der Personalabteilung, dem Schwerbehindertenbeauftragten usw.
Im Gesundheitszirkel können Maßnahmen für gesundes Arbeiten ermittelt, priorisiert, umgesetzt und deren Wirksamkeit überwacht werden. Die Regelbetreuung kann durch interne und externe Fachleute erfolgen, u. a. die Fachkraft für Arbeitssicherheit und einen Betriebsarzt.
In manchen Unternehmen wird der Gesundheitszirkel auch als Arbeitskreis Gesundheit oder Steuerungskreis bezeichnet, der Anlaufstelle für die Beschäftigten ist und Maßnahmen koordiniert. Häufig übernimmt dabei die Personalleitung die Projektleitung.
Damit die Akteure tätig werden können, müssen ein Budget festgelegt und diejenigen Maßnahmen ausgewählt werden, die umgesetzt werden sollen. Diese Entscheidungen trifft i. Allg. der Unternehmer bzw. Geschäftsführer.
Kein Parallelsystem installieren
Soll Gesundheit im Unternehmen gelingen, empfiehlt es sich, bestehende Strukturen zu nutzen: Wird der Arbeitsschutzausschuss zum Gesundheitszirkel erweitert, so kann vermieden werden, dass ein Parallelsystem im Unternehmen entsteht.
Wird dagegen ein Team Gesundheit – unabhängig von den geforderten bzw. bestehenden Strukturen bzw. Instrumenten – installiert, so besteht die Gefahr, dass Themen doppelt bearbeitet werden oder umgesetzte Maßnahmen nicht die gewünschten Erfolge bringen.