Dr. jur. Edgar Rose, Prof. Dr. Jürgen Taeger
In § 4 werden fünf konkrete Pflichten des Arbeitgebers zusammengefasst, die übergreifende Bedeutung haben und deshalb nicht bei den technischen Details des Anhangs platziert werden sollten. Sie beziehen sich auf die Instandhaltung und Mängelbeseitigung, Reinigung der Arbeitsstätten, Wartung und Überprüfung von Sicherheitseinrichtungen, Flucht- und Rettungsvorkehrungen sowie Erste-Hilfe-Einrichtungen.
Die Pflicht zur Instandhaltung der Arbeitsstätte (§ 4 Abs. 1) umfasst die Einzelaufgaben der regelmäßigen Wartung und Inspektion der Räume und Anlagen sowie erforderlichenfalls der Instandsetzung und soweit möglich der Verbesserung. Mängel sind unverzüglich zu beseitigen, also ohne schuldhaftes Zögern. Ist dies ausnahmsweise nicht sofort möglich, weil etwa Ersatzteile erst zu beschaffen sind oder das zuständige Personal eine längere Mängelliste abzuarbeiten hat, ist nach Gefährdungslage zu entscheiden. Ist die Gefahr gering, die von dem festgestellten Mangel ausgeht, kann im Zeitraum bis zur schnellstmöglichen Mängelbeseitigung – in der Regel unter Beachtung besonderer Vorkehrungen wie z. B. Sicherheitskennzeichnung – weitergearbeitet werden. Bestehen dagegen unmittelbare erhebliche Unfall- oder Gesundheitsgefahren, so hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass die gefährdeten Beschäftigten ihre Tätigkeit unverzüglich einstellen. Unmittelbar und erheblich sind Gefahren, bei denen ein erheblicher Gesundheitsschaden mit hoher Wahrscheinlichkeit eintritt, wenn nicht gehandelt wird (Beispiel: Sicherheitsvorkehrungen sind defekt). Außerhalb des Gefahrenbereichs kann weitergearbeitet werden (vgl. BR-Drs. 506/16, S. 28). Damit eine unverzügliche Arbeitseinstellung möglich ist, muss je nach betrieblichen Umständen das Leitungspersonal entsprechend geschult und bevollmächtigt werden, die erforderlichen Anordnungen im Ernstfall auch eigenständig zu treffen.
Die nach § 4 Abs. 2 ArbStättV erforderliche Reinigung hat sich hinsichtlich ihrer Häufigkeit und Intensität an den hygienischen Erfordernissen zu orientieren, die bei der Lebensmittelverarbeitung anders sind und eine tägliche Reinigung erfordern als beispielsweise in der Kunststoff- oder Metallverarbeitung. In jedem Fall sind gefährliche Verunreinigungen oder Ablagerungen unverzüglich zu beseitigen. Gefährlich sind vor allem Verunreinigungen mit Gefahrstoffen (Brand- oder Explosionsgefahr, Vergiftungen, Verätzungen) sowie mit Stoffen, die die Griffigkeit von Verkehrswegen herabsetzen (Rutsch- und Stolpergefahr) oder die Bedienung von Geräten erschweren, insbesondere wenn sie Sicherheitseinrichtungen beeinträchtigen. Bei besonderen Infektionsgefahren wie in der Corona-Pandemie können verschärfte Hygienemaßnahmen erforderlich sein.
Nach § 4 Abs. 3 ArbStättV ist die jederzeitige volle Funktionsfähigkeit der für den Schutz von Leben und Gesundheit der Beschäftigten äußerst bedeutsamen Sicherheitseinrichtungen, wie u. a. Sicherheitsbeleuchtung, Feuerlöscher, Notschalter oder Luftfilteranlagen, sicherzustellen. Dafür sind Maßnahmen der Instandhaltung und der in regelmäßigen Abständen erforderlichen Prüfung in der Gefährdungsbeurteilung festzulegen. Bestimmungen zur Prüfung finden sich in den Technischen Regeln für Arbeitsstätten. So heißt es in der ASR A3.4 in Abschn. 8.4, dass sich die Prüfpflichten für die Sicherheitsbeleuchtung aus der Gefährdungsbeurteilung unter Berücksichtigung der Herstellerangaben ergeben. Eine entsprechende Regelung findet sich für Raumlufttechnik in Abschn. 6.6 ASR A3.6 für die Festlegung von Prüf- und Wartungsintervallen. Hier sind auch Prüfverfahren und Dokumentationspflichten geregelt. Auch für Brandmelde- und Feuerlöscheinrichtungen wird in der ASR A2.2 in Abschn. 7.5.1 Abs. 1 hinsichtlich der Fristen für Instandhaltung und Prüfung auf Herstellerangaben verwiesen. Nur bei Feuerlöschern wird laut Abschn. 7.5.2 Abs. 1 ASR A2.2 die Wartungsfrist auf "alle 2 Jahre" beziffert, bei starker Beanspruchung (z. B. mobiler Einsatz) häufiger. Abweichungen auf Grundlage von Herstellerangaben sind zulässig. Die Arbeiten sind von sachkundigen Personen aus dem eigenen Haus oder von darauf spezialisierten Unternehmen durchzuführen, die mit der jeweiligen Technik und dem zugehörigen Regelwerk auf Grundlage von Ausbildung oder Erfahrung hinreichend vertraut sind.
§ 4 Abs. 4 ArbStättV zielt darauf ab, dass Verkehrswege, Fluchtwege und Notausgänge jederzeit benutzt werden können. Die Wege sind ständig freizuhalten; funktionstüchtige Informations- und Notrufeinrichtungen sind vorzuhalten. Ein auszulegender oder auszuhändigender Flucht- und Rettungsplan ist nur für bestimmte Arbeitsstätten aufzustellen, wenn Lage, Ausdehnung und Art der Benutzung dies erfordern. Konkretisiert wird dies in Abschn. 10 Abs. 1 ASR A2.3, wonach z. B. unübersichtliche Fluchtwegführungen oder erhöhte Gefährdungen durch Brand oder Explosion einen Flucht- und Rettungsplan erforderlich machen können. In regelmäßigen Abständen sollen Rettungsübungen durchgeführt werden. Einzelheiten, u. a. zur Anza...