Dr. Josef Sauer, Fabian Kratzke
Bei den elektrostatischen Entladungen unterscheidet man zwischen Funkenentladung, Koronaentladungen, Büschelentladungen, Gleitstielbüschelentladungen sowie Schüttkegelentladungen.
Diese Arten der Entladungen unterscheiden sich erheblich in ihrer Fähigkeit, explosionsfähige Atmosphäre zu zünden.
Funkenentladung
Eine Funkenentladung ist eine Entladung zwischen 2 Leitern (Gegenstand aus leitfähigem Material) mit einem gut abgegrenzten, leuchtenden Entladungskanal. Dort fließt ein Strom mit hoher Stromdichte. Diese Art der Entladung erfolgt sehr schnell und ist normalerweise deutlich wahrzunehmen.
Koronaentladung
Koronaentladungen finden allgemein an Oberflächen mit kleinem Krümmungsradius (z. B. Spitzen, Ecken) statt. Der Bereich möglicher Entladungen ist aufgrund niedriger elektrischer Feldstärke relativ klein, auch sind Koronaentladungen schwer erkennbar. Ihre Zündfähigkeit ist wesentlich geringer als die von Funkenentladungen – normalerweise sind sie nicht zündwirksam.
Büschelentladung
Büschelentladungen können vorkommen, wenn sich ein geerdeter Leiter (z. B. der Finger einer Person) zu einem geladenen, isolierenden Gegenstand (z. B. eine Kunststoffoberfläche) hinbewegt.
Sie sind von kürzerer Dauer als Koronaentladungen, können sichtbar und hörbar sein und die meisten brennbaren Gase und Dämpfe entzünden. Nach DIN EN 1127-1:2011 kann die Zündung von Staub/Luft-Gemischen ausgeschlossen werden.
Ihre Zündwirksamkeit kann durch Ladungsmessung bestimmt werden (übertragene Ladung ⇔ Mindestzündladung des vorhandenen Stoffes).
Gleitstielbüschelentladung
Gleitstielbüschelentladungen können auftreten, wenn bipolar geladene Schichten (z. B. Verpackungsfolien oder Beschichtungen auf leitfähigen Gegenständen) vorhanden sind.
Als besondere Voraussetzungen werden in der TRGS 727 noch eine hohe Durchschlagspannung (Spannung, die zu erreichen ist, bevor das Material elektrisch durchschlagen wird = starke Aufladung), stark ladungserzeugende Prozesse (Riemenantriebe, pneumatischer Transport von Schüttgut) und ein geringes Absprühen von Ladungen (durch Koronaentladungen) genannt.
Nach einer Aufladung kann die Entladung durch ein Durchstechen von Oberflächen, elektrischen Durchschlag, Berührung der Oberfläche durch eine Person o. ä. ausgelöst werden.
Gleitstielbüschelentladungen sind normalerweise sowohl für brennbare Gase als auch brennbare Stäube zündwirksam. Sie haben meist eine baumähnliche, hell leuchtende Struktur und werden von einem Knall begleitet.
Schüttkegelentladungen
Wenn hoch aufgeladenes und isolierendes Schüttgut in Behälter gefüllt wird, bilden sich innerhalb des Schüttguts Bereiche hoher Ladungsdichte. Dies führt zu starken elektrischen Feldern im oberen Bereich der Schüttung, wo dann Schüttkegelentladungen auftreten können.
Die Aufladung ist von der Korngröße abhängig. Nimmt deren Medianwert zu, so steigt die Energie für Schüttkegelentladungen. Diese können sowohl brennbare Gas- bzw. Dampf/Luft-Gemische als auch brennbare Staub/Luft-Gemische zünden.
Es ist als kritisch anzusehen, wenn sowohl grobes Korn (→ hohe Energie für Entladungen) als auch feiner Abrieb (→ niedrige Mindestzündenergie) vorhanden sind.