Dipl.-Biol. Bettina Huck, Dr. Josef Sauer
Während Gefährdungen z. B. durch physikalische, chemische oder biologische Einwirkungen, durch Messungen und in Begehungen ermittelt werden können, bieten sich für die Analyse psychischer Belastungen Methoden, wie Befragung per Fragebogen oder im Interview sowie Beobachtung, an.
Da im vorliegenden Fall eine Befragung per Fragebogen keine eindeutigen Ergebnisse lieferte, wurde die Methode des moderierten Analyseworkshops gewählt, um die psychischen Belastungsfaktoren der Beschäftigten zu ermitteln. In jeweils 2-stündigen Workshops wurden Grundlagen zum Thema psychische Belastung vermittelt, eine Abfrage zu psychischen Belastungsfaktoren und persönlichen Ressourcen durchgeführt und Lösungsvorschläge gesammelt und priorisiert.
3.1 Bedingungen
Vor der Durchführung der moderierten Analyseworkshops findet i. d. R. eine Begehung statt. Dabei werden u. a. Gefährdungen ermittelt (Bildschirmarbeitsplatz, Stolperstellen, Prüfung elektrischer Geräte) sowie psychische Belastungsfaktoren angesprochen. Der Vorteil dieser Vorgehensweise ist, dass bereits im Vorfeld überlappende Belastungen im physischen und psychischen Bereich erkennbar sind, z. B. nicht ausreichende Beleuchtung oder Lärm.
Moderierte Analyseworkshops können auch ohne vorherige Begehung durchgeführt werden; es erfolgt dann ein Vorgespräch mit dem Auftraggeber, um Ziele und Vorgehensweise zu vereinbaren und damit den Erfolg des Projektes zu gewährleisten.
Die Teilnehmer erhalten eine Einladung zum Workshop mit Informationen zu Zielen, Ablauf und Inhalt. Zu Beginn des Workshops werden u. a. folgende Fragen geklärt:
- Welche Regeln gelten?
- Was passiert mit den Daten/Ergebnissen?
- Warum erfolgt eine Bearbeitung in der Gruppe?
Ein wichtiger Aspekt ist, dass Anonymität gewährleistet ist und die ermittelten Daten bzw. Ergebnisse so dargestellt werden, dass ein Rückschluss auf einzelne Beschäftigte ausgeschlossen ist.
Mitarbeiter bzw. Führungskräfte, Abteilungsleiter und Fachbereichsleiter bearbeiten das Thema jeweils in separaten Workshops, da sich aus ihren unterschiedlichen Rollen innerhalb der Organisation unterschiedliche Aspekte ergeben.
3.2 Durchführung
Zunächst werden Gruppen aus Beschäftigten bzw. Führungsverantwortlichen der 6 Fachbereiche mit jeweils max. 15 Teilnehmern gebildet; es ergeben sich insgesamt 7 Gruppen.
Einführung
Es erfolgt jeweils eine Einführung ins Thema, um eine gemeinsame Basis herzustellen (Dauer: ca. 45 Minuten), u. a. mit folgenden Inhalten:
- Definitionen der Begriffe "psychische Belastung" sowie "psychische Beanspruchung";
- Merkmalsbereiche (Handlungsfelder) und Arbeitsmerkmale (Belastungsfaktoren) nach GDA-Leitlinie;
- Was passiert in meinem Körper? Die physiologischen Auswirkungen der Stressoren auf den Körper und mögliche Folgen. Vermittelt werden u. a. Reaktionen der Organfunktionen, hormonelle Veränderungen, Hintergründe sowie Folgeschäden bei Langzeiteinwirkung. Ziel ist, die Zusammenhänge zwischen Belastungsfaktoren und Auswirkungen zu vermitteln;
- Wie kann ich präventiv auf mich und meinen Körper einwirken? Es werden Beispiele für mentale Stresskompetenz und Handlungsmöglichkeiten sowie regenerative Stresskompetenz (z. B. Atmung und Entspannungstechnik) vorgestellt.
In Abhängigkeit von den betrieblichen Bedürfnissen können die Inhalte der Einführung angepasst sowie praktische Tipps und Techniken erweitert werden.
Sammlung und Wertung der Arbeitsmerkmale (Dauer ca. 75 Minuten)
Die Strukturierung der Belastungsfaktoren entspricht den Leitlinien der GDA, die Teilnehmer erhalten dazu die Liste der Merkmale als Arbeitsmaterial.
Je nach Art der ausgeübten Tätigkeit kann es sinnvoll sein, unter der Gefährdungsklasse "sonstige Gefährdung" Gefährdungen durch Menschen (z. B. Überfall, aggressives Verhalten) einzubeziehen.
Im ersten Schritt notieren die Teilnehmer ihre persönlichen Arbeitsmerkmale auf Karten unterschiedlicher Farbe unter folgenden Fragestellungen:
- Was stärkt mich bei der Arbeit – Was läuft gut? (grüne Karten)
- Was nervt mich? (rote Karten)
- Welche Lösungsvorschläge habe ich dazu? (blaue Karten)
Die Beiträge der Teilnehmer werden auf 6 Pinnwänden den 6 Merkmalsbereichen zugeordnet.
Im zweiten Schritt erhält jeder Teilnehmer jeweils 10 Punkte, um die Bedeutung der ermittelten psychischen Belastungs- und Ressourcenfaktoren zu gewichten. Punkte können dabei unabhängig von den eigenen Beiträgen vergeben werden. Damit erfolgt eine Fokussierung auf die wichtigsten Belastungsfaktoren und Themen aus Sicht der Teilnehmer – und daraus ergeben sich unmittelbar die Handlungsfelder für den Arbeitgeber.
Es empfiehlt sich, die Beiträge auf den Karten durch Rückfragen zu klären und ggf. Ergänzungen vorzunehmen, um zu erkennen, was genau fördert bzw. hindert und wie Lösungen konkret aussehen können.
3.3 Ergebnisse
Die Ergebnisse auf den Pinnwänden werden in Form von Fotos dokumentiert (Abb. 1).
Abb. 1: Beiträge zum Merkmalsbereich Arbeitsplatz- und Arbeitsumgebungsbedingungen (enthält auch Arbeitsmittel). Die Beiträge der Teilnehmer werden den 6 Merkmalsbereichen zugeordnet; Lösungsvorschläge dienen als Anre...