Wolfgang Vogel, Caren Poppinga
Zusammenfassung
RSI ist ein internationaler Fachbegriff, der in der deutschen Übersetzung "Schädigung durch wiederholte Belastung" bedeutet. Er wird von Arbeitsmedizinern und Ergonomie-Spezialisten zur Beschreibung für arbeitsbedingte Muskel-Skelett-Erkrankungen an Bildschirm-Arbeitsplätzen benutzt, die verursacht werden durch:
- extrem schnelle Bewegungen und extrem häufige sich ständig wiederholende gleichartige Bewegungen (Tastatur- und Mausarbeit, Klick/Doppelklick),
- zig-tausendfache Wiederholungen (Repetitionen),
- schlechte ergonomische Arbeitsbedingungen,
- schlechte Arbeitshaltung,
- Stress, Zeitdruck,
- fehlende Pausen,
- fehlende Mischarbeit,
- den überwiegenden Teil der Arbeitszeit am Bildschirm.
1 Wie entsteht RSI?
Obwohl RSI sich zur typischen Berufserkrankung des Multimedia-Zeitalters entwickelt hat, war das Krankheitsbild schon im Mittelalter bekannt. Die stereotypen Bewegungen der Landsknechte, die auf den langen Märschen stundenlang trommelten, führten zur sog. "Trommlerlähmung". Dabei wurde die Strecksehne des Daumens einseitig überfordert.
Sehnen und Muskeln können durch schnelle, kurze und täglich zig-tausendfach wiederholte Bewegungen (z. B. einseitige Mausarbeit) so geschädigt werden, dass sie sich in der nächtlichen Ruhephase nur unzureichend erholen. Die am nächsten Tag noch nicht vollständig reparierten Schäden summieren sich bei weiterer Bildschirmarbeit und im Verlaufe eines mehrjährigen Berufslebens zu Schmerzen und Funktionseinschränkungen. Die geschädigten und verkürzten Muskeln und Sehnen vermitteln Schmerzempfindungen.
2 Welche Symptome treten auf?
Die Intensität und die Lokalisation der Symptome eines RSI-Syndroms wechseln häufig, in manchen Fällen täglich. Meist sind die Symptome schon im Ruhezustand vorhanden und verschlimmern sich rasch, nachdem die Arbeit wieder aufgenommen wurde. Bei intensiver Tastatur- und/oder Mausarbeit ohne entsprechende regelmäßige Pausen kommt es zu kleinsten Muskelfaserrissen. Diese Muskelschmerzen werden im Anfangsstadium jedoch kaum wahrgenommen. Eine automatische Schonhaltung und Unterdrückung der Schmerzen sowie beruflicher Stress "Ich muss unbedingt noch fertig werden!!!" verhindern den notwendigen Heilungsprozess. Es entstehen weitere Muskelrisse und Schäden an den Sehnen, die zu mechanischer Reibung in den Sehnenscheiden und Handgelenken führen.
Das RSI äußert sich durch:
- steife Gelenke in Schultern, Armen und Händen,
- Schmerzen in Gelenken, Handrücken, Unterarm,
- Kraftlosigkeit,
- Taubheitsgefühl oder Kribbeln in Fingern, Händen oder Unterarmen,
- Kalte und schmerzende Hände vor allem morgens,
- Koordinationsstörungen der Arme und Hände.
3 Wie kann man dem RSI-Syndrom vorbeugen?
Einige Dinge kann man sofort ändern, um eine RSI-Erkrankung zu vermeiden: Die wichtigsten Vorbeugemaßnahmen sind regelmäßige Pausen beim Schreiben am Computer, z. B. Pausenprogramme i. V. mit Dehn- und Entspannungsübungen.
- den Arbeitsplatz systemergonomisch gestalten,
- die ergonomischen Eingabegeräte richtig nutzen (Trackball, optische Maus, V-förmige Tastatur) (Bildschirm-Kompetenztraining),
- ergonomisch richtige Arbeitshaltung (Bildschirm-Kompetenztraining),
- Mausklickgeschwindigkeit auf langsam stellen, Tastenkombinationen (Shortcuts) nutzen und die Mausarbeit möglichst vermeiden,
- Mischarbeit zur Entlastung der Hände und Arme,
- Füßchen der Tastatur einklappen,
- Schreiben mit 10 Fingern,
- Hand entspannen.
4 Berufskrankheit RSI?
Obwohl die durch jahrelange Bildschirmarbeit verursachte Schmerzkrankheit (Repetitive Strain Injury) seit Jahren diskutiert wird und in vielen Ländern längst als Berufskrankheit anerkannt ist, wird sie hierzulande i. d. R. kaum als solche akzeptiert.
Für die Anerkennung einer Erkrankung als Berufskrankheit müssen in Deutschland die folgenden 2 Bedingungen zwingend erfüllt werden:
- Die Krankheit muss auf der Berufskrankheitenliste stehen.
- Die Krankheit muss durch den Beruf verursacht sein (Kausalitäts-Prinzip).
Sehnenerkrankungen können der Berufskrankheit mit der Ziffer BK 2101 zugeordnet werden, wobei die Auslegung sehr eng gefasst und auch sehr restriktiv ausgelegt wird.
Meist steht am Ende einer mehrjährigen Krankheitsgeschichte die komplette Berufsunfähigkeit, ohne dass finanzielle Unterstützung durch die Berufsgenossenschaft gewährt wird.