Prof. Dr. Rainer von Kiparski †
Auch an baulichen Anlagen sind über die gesamte Nutzungsdauer ständige Instandhaltungsarbeiten notwendig. Der dafür erforderliche Aufwand kann wesentlich höher als die Planungs- und Errichtungskosten einer baulichen Anlage sein. In der Planungsphase eines Gebäudes werden dessen Betriebskosten über seine Lebensdauer zu ca. 70–90 % festgelegt.
Die späteren Arbeiten zur Erhaltung der baulichen Anlage sind oft mit Gefährdungen für die Beschäftigten verbunden.
Hohe Folgekosten durch Planungsmängel
In vielen Fällen fehlen durch nicht vorhandene oder nicht geeignete bauliche oder technische Einrichtungen an der baulichen Anlage wichtige Voraussetzungen für eine sichere Ausführung der Arbeiten. Häufig werden solche Defizite erst beim späteren Betreiben erkannt, da im Vorfeld von den Planern kein systematisches und komplexes Konzept für sichere spätere Arbeiten entwickelt wurde. Das führt später oft zu erheblichen Nachrüstungskosten für den Betreiber. Dann muss den Gefährdungen meist mit erhöhtem Aufwand durch temporäre Einrichtungen und Maßnahmen entgegengewirkt werden.
Der wiederkehrende Einsatz mobiler Hilfsmittel (z. B. von Hubbühnen) ist teuer und kann die Nutzung der baulichen Anlage zeitweise beeinträchtigen. Zudem sind mobile Hilfsmittel oft sicherheitstechnisch weniger wirksam als an der baulichen Anlage verbleibende Einrichtungen für spätere Arbeiten. Darüber hinaus werden die Einsatzbedingungen für temporäre Lösungen oft unzureichend in der Planung berücksichtigt oder bestehende Einsatzgrenzen sind nicht bekannt. Das kann dazu führen, dass improvisiert wird, was zu hohen Gefährdungen für die Beschäftigten führt.
Architekten und Fachplaner müssen bei ihrer Planung von baulichen Anlagen auch berücksichtigen, wie Instandhaltungsarbeiten sicher durchgeführt werden können. Dann können spätere Maßnahmen vermieden werden, die teuer sind – und so auch die Kosten für die Instandhaltungsarbeiten minimiert werden.
Nicht nur die Arbeiten zur Errichtung von baulichen Anlagen müssen arbeitsschutzgerecht geplant werden, sondern auch möglicherweise notwendige spätere Arbeiten (§ 3 Abs. 2 BaustellV). Dazu wird der Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator des Bauherrn verpflichtet, "eine Unterlage mit den erforderlichen, bei möglichen späteren Arbeiten an der baulichen Anlage zu berücksichtigenden Angaben zu Sicherheit und Gesundheitsschutz zusammenzustellen" (§ 3 Abs. 2 BaustellV). Sie sollte der RAB 32 "Unterlage für spätere Arbeiten" entsprechen.
Eine wichtige Planungsgrundlage ist die DIN 4426, die für bauliche Anlagen in Ergänzung zu DIN 31 051 folgendes definiert:
- Wartungsarbeiten auf Dächern, an Fassaden-, Fenster- und Glasflächen baulicher Anlagen: alle Arbeiten, die in regelmäßigen Abständen von weniger als 3 Jahren durchgeführt werden.
Neben dem Umfang der Arbeiten ist für die Planung spezieller Einrichtungen zur sicheren Durchführung späterer Arbeiten auch die Vorhersehbarkeit und damit Planbarkeit der Tätigkeiten als ein Entscheidungskriterium für die Auswahl einer geeigneten Lösung heranzuziehen (Tab. 1). Dieses Kriterium ist deswegen bedeutsam, weil mit der Notwendigkeit, spezielle Einrichtungen zur sicheren Durchführung späterer Arbeiten an der baulichen Anlage zu schaffen, auch eine Haftung der Architekten und Planer begründet werden kann.
Art der Arbeiten |
Häufigkeit |
Vorhersehbarkeit |
Instandhaltung:
- Inspektion
- Wartung
- Instandsetzung
|
regelmäßig (Vorgabe durch Gesetz und Hersteller) |
Festlegung möglich |
ja |
ja |
ja |
Verbesserung |
Stand der Technik oder Betreiberwunsch |
eher nein |
Umbau |
eher selten |
eher nein |
Rückbau |
meist nur einmal |
ja |
Tab. 1: Häufigkeit und Vorhersehbarkeit späterer Arbeiten an baulichen Anlagen
Vorhersehbare Instandhaltungsarbeiten einplanen
Im Vordergrund der arbeitsschutzgerechten Planung späterer Arbeiten an baulichen Anlagen sollten die vorhersehbaren, insbesondere regelmäßig wiederkehrenden Instandhaltungsarbeiten stehen.
Diese beinhalten oft gleichartige Teiltätigkeiten. Architekten und Fachplaner sollten sich daher bei der Planung und Gefährdungsermittlung für spätere Arbeiten an baulichen Anlagen nachfolgende Fragen für die vorhersehbaren Arbeiten beantworten:
- Kann der Beschäftigte sicher an den Arbeitsplatz bzw. den Ort der Instandhaltungsarbeiten gelangen?
- Ist der Arbeitsplatz ausreichend bemessen, um die jeweiligen Instandhaltungsarbeiten sicher durchführen zu können?
- Können die benötigten Arbeitsmittel und -materialien ungefährdet zum jeweiligen Arbeitsplatz transportiert und dort genutzt werden?
- Welchen Umgebungseinflüssen unterliegen die Beschäftigten während der späteren Arbeiten an der baulichen Anlage?
- Welche Einflüsse aus der durchgeführten Tätigkeit wirken auf die Beschäftigten ein?
Damit vorhersehbare Instandhaltungsarbeiten bei der Gestaltung und Planung von baulichen Anlagen ordnungsgemäß berücksichtigt werden, sollten Architekten und Planer die folgenden Leitlinien befolgen:
- Die Vermeidung gefährlicher Tätigkeiten durch geschickte Konstruktion und geeignete Materia...