Zusammenfassung
- Alleinarbeit kommt häufig und nahezu in allen Branchen vor, sie ist betrieblicher Alltag und keine seltene Ausnahmesituation.
- Verletzungen, plötzliche Erkrankung oder Erstickungsgefahr erfordern schnelles Handeln. Notwendige Hilfe muss unverzüglich herbeigerufen und an den Einsatzort geleitet werden (§ 25 Abs. 1 DGUV-V 1). Dies erfordert bei Alleinarbeit zusätzliche Maßnahmen, da Personen durch Verletzung oder plötzliche Erkrankung ggf. nur noch eingeschränkt handlungsfähig oder gar handlungsunfähig sein können und daher Hilfe nicht selbst herbeirufen können.
- Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG müssen alle Faktoren des Einzelarbeitsplatzes (EAP) berücksichtigt werden. Dazu gehören v. a. Art der Tätigkeit, verwendete Stoffe, örtliche Gegebenheiten und nicht zuletzt die körperliche und psychische Verfassung des Alleinarbeiters.
- Der Arbeitgeber muss bei Alleinarbeit ggf. geeignete Maßnahmen zur Überwachung treffen. Dabei geht es nicht um Leistungskontrolle oder Bespitzelung, sondern um Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz.
- Besonders Alleinarbeit erfordert ein systematisches Vorgehen, um Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu gewährleisten. Dies ist mit einem funktionierenden Arbeitsschutzmanagementsystem möglich.
1 Details
1.1 Definition und Hintergrund
Alleinarbeiten sind Tätigkeiten an Einzelarbeitsplätzen (EAP), "die von einer Person allein außerhalb Ruf- und Sichtweite zu anderen Personen ausgeführt werden" (Abschn. 2 Pkt. 17 DGUV-R 112-139). Alleinarbeit kann kurzzeitig, ortsgebunden oder ortsungebunden ausgeübt werden. Alleinarbeit ist grundsätzlich zulässig.
Gefährliche Arbeiten sollten jedoch grundsätzlich nicht von einer Person allein ausgeführt werden. "Gefährliche Arbeiten sind solche, bei denen eine erhöhte oder kritische Gefährdung aus dem Arbeitsverfahren, der Art der Tätigkeit, den verwendeten Stoffen sowie aus der Umgebung gegeben sein kann" (Abschn. 2 Pkt. 16 DGUV-R 112-139).
Gefährliche Arbeiten können sein (s. Abschn. 2.7.1 DGUV-R 100-001):
- Arbeiten mit Absturzgefahr,
- Arbeiten in Silos, Behältern oder engen Räumen,
- Schweißen in engen Räumen,
- Feuerarbeiten in brand- oder explosionsgefährdeten Bereichen oder an geschlossenen Hohlkörpern,
- Gasdruckproben und Dichtigkeitsprüfungen an Behältern,
- Erprobung von technischen Großanlagen, wie Kesselanlagen,
- Sprengarbeiten,
- Fällen von Bäumen,
- Arbeiten im Bereich von Gleisen während des Bahnbetriebs,
- der Einsatz bei der Feuerwehr,
- Vortriebsarbeiten im Tunnelbau,
- Arbeiten an offenen Einfüllöffnungen von Ballenpressen, die mit Stetigförderern beschickt werden, und deren ungesicherten Aufgabestellen,
- Arbeiten in gasgefährdeten Bereichen,
- Hebezeugarbeiten bei fehlender Sicht des Kranführers auf die Last,
- Umgang mit besonders gefährlichen Stoffen, z. B. in chemischen, physikalischen oder medizinischen Laboratorien,
- Arbeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikostufe IV,
- Dienstleistung an Personen, die sich gegen die Dienstleistung tätlich wehren.
Ist es aus betrieblichen Gründen notwendig, dass gefährliche Arbeiten nur von einer Person ausgeführt werden, muss der Arbeitgeber in Abhängigkeit von der Gefährdung geeignete Maßnahmen zur Überwachung treffen. Er kann dazu technische oder organisatorische Maßnahmen festlegen und umsetzen (Abschn. 2.7.2 DGUV-R 100-001).
Technische Maßnahmen sind z. B.:
- Telefon,
- Hilferufanlage,
- Sprechfunkgerät,
- Videoeinrichtung,
- akustische Warneinrichtung,
- Gaswarngeräte mit willensunabhängiger Alarmübermittlung,
- Verwendung geeigneter Personen-Notsignal-Anlagen (DGUV-R 112-139).
Technische Hilfsmittel können zweite Person nicht immer ersetzen
Technische Hilfsmittel sind kein Ersatz für eine in staatlichen Arbeitsschutz- oder Unfallverhütungsvorschriften geforderte zweite Person, die in einem Notfall die Rettungskette in Gang setzen soll.
So darf z. B. bei Arbeiten in Behältern, Silos bzw. engen Räumen eine Personen-Notsignal-Anlage (PNA) einen Sicherungsposten nicht ersetzen, sondern nur als Maßnahme der ständigen Verbindung eingesetzt werden (Abschn. 4.2.5.1 DGUV-R 113-004).
Organisatorische Maßnahmen können z. B. sein:
- Kontrollgänge einer zweiten Person,
- zeitlich abgestimmte Telefon-/Funkmeldesysteme,
- ständige Kameraüberwachung.
Arbeiten in Behältern, Silos und engen Räumen (DGUV-R 113-004)
Grundsätzlich muss beim Arbeiten in Behältern, Silos und engen Räumen mind. ein Sicherungsposten in Sicht- bzw. Rufweite und ein Aufsichtführender vor Ort und kurzfristig verfügbar sein. Beide müssen vom Arbeitgeber eingesetzt werden.
Zwischen Alleinarbeiter und Sicherungsposten muss eine ständige Verbindung bestehen. Ist Sichtverbindung nicht möglich, kann die ständige Verbindung auch über eine Sprechverbindung oder Signalleinen gewährleistet werden.
Als Sicherungsposten kommen nur Beschäftigte in Frage, die zuverlässig sind und die erforderlichen geistigen und körperlichen Fähigkeiten mitbringen. Der Aufsichtsführende muss überwachen, ob festgelegte Schutzmaßnahmen eingehalten werden.
Auf einen Sicherungsposten kann nur dann verzi...