(1) Hauptfluchtwege müssen in Anzahl, Anordnung und Abmessung nach der Nutzung, der Einrichtung und den Abmessungen der Arbeitsstätte sowie nach der höchstmöglichen Anzahl der anwesenden Personen eingerichtet werden. Hauptfluchtwege sollen übersichtlich verlaufen.
(2) Die Länge des Hauptfluchtweges ist die kürzeste Wegstrecke (ohne Berücksichtigung der Raumausstattung, jedoch nicht durch Wände gemessen) vom Beginn des Fluchtweges bis zu einem Notausgang. Die Hauptfluchtweglänge muss möglichst kurz sein und darf:
1. |
für Räume ohne oder mit normaler Brandgefährdung ausgenommen Räume nach Nummern 2 bis 4 |
bis zu 35 m |
2. |
für Räume mit erhöhter Brandgefährdung mit selbsttätigen Feuerlöscheinrichtungen |
bis zu 35 m |
3. |
für Räume mit erhöhter Brandgefährdung ohne selbsttätige Feuerlöscheinichtungen |
bis zu 25 m |
4. |
für Räume, in denen eine Gefährdung durch explosionsgefährliche Stoffe besteht |
bis zu 10 m |
betragen.
Hinweis:
Bezüglich der Begriffsbestimmung explosionsgefährlicher Stoffe siehe Gesetz über explosionsgefährliche Stoffe (Sprengstoffgesetz – SprengG).
(3) Für Räume, in denen eine andere Gefährdung als nach Absatz 2 Nummer 1 bis Nummer 4 besteht, muss im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung unter Beachtung der geltenden Technischen Regeln ermittelt werden, ob gegebenenfalls eine geringere Länge des Fluchtweges erforderlich ist, z.B. bei Lagerung und Verwendung von Gefahrstoffen in ortsbeweglichen Behältern gemäß TRGS 510 "Lagerung von Gefahrstoffen in ortsbeweglichen Behältern".
Hinweis:
Bezüglich der Begriffsbestimmung Gefahrstoffe siehe Verordnung zum Schutz vor Gefahrstoffen (Gefahrstoffverordnung – GefStoffV).
(4) Die tatsächliche Laufweglänge darf nicht mehr als das 1,5-fache der maximal zulässigen Hauptfluchtweglänge betragen.
Hinweis:
Aufgrund der Begrenzung der zulässigen Hauptfluchtweglängen kann für größere Bereiche von Arbeitsstätten mehr als ein Hauptfluchtweg erforderlich sein.
(5) Sofern es sich bei einem Hauptfluchtweg nach Absatz 2 Nummer 1 bis Nummer 3 auch um einen Rettungsweg handelt und das Bauordnungsrecht der Länder, z.B. die Industriebaurichtlinie, für diesen Weg eine von Absatz 2 Satz 2 abweichende längere Weglänge zulässt, können dafür die Maßgaben des Bauordnungsrechts angewandt werden.
(6) Die lichte Mindestbreite der Hauptfluchtwege bemisst sich nach der höchstmöglichen Anzahl der Personen, die im Gefahrenfall den Hauptfluchtweg benutzen müssen und ergibt sich aus Tabelle 1:
Tab. 1: Lichte Mindestbreiten von Hauptfluchtwegen in Abhängigkeit von der Gesamtzahl der Personen im Einzugsgebiet
|
A |
B |
C |
Nr. |
Anzahl der Personen (Einzugsgebiet) |
Lichte Mindestbreiten von Durchgängen und Türen im Verlauf von Hauptfluchtwegen, z.B. Türen von Notausgängen (in m) |
Lichte Mindestbreiten von Hauptfluchtwegen (in m) |
1 |
bis 5 |
0,80*) |
0,90 |
2 |
bis 20 |
0,90 |
1,00 |
3 |
bis 50 |
0,90 |
1,20 |
4 |
bis 100 |
1,00 |
1,20 |
5 |
bis 200 |
1,05 |
1,20 |
6 |
bis 300 |
1,65 |
1,80 |
7 |
bis 400 |
2,25 |
2,40 |
|
Bei Einzugsgebieten von mehr als 200 Personen sind Zwischenwerte der Mindestbreiten (ermittelt durch lineare Interpolation) zulässig. Der Begriff Einzugsgebiet beschreibt einen Bereich, aus dem alle dort anwesenden Personen denselben Hauptfluchtweg nutzen müssen. Dies entspricht z.B. bei mehrgeschossigen Gebäuden der Gesamtanzahl der Personen, die über alle Ebenen (auch als Etagen, Geschosse, Stockwerke bezeichnet) demselben Hauptfluchtweg zugeordnet sind, unabhängig davon, ob diese Personen Abschnitte des Hauptfluchtweges im Fluchtfall zeitgleich oder zeitlich versetzt nutzen. *) Hinweis: Bei Neubauten und wesentlichen baulichen Erweiterungen oder Umbauten wird empfohlen, für Einzugsgebiete von bis zu 5 Personen nach Nummer 1 Spalte B eine lichte Mindestbreite von Durchgängen und Türen im Verlauf von Hauptfluchtwegen von 0,90 m einzuhalten, um auch in diesen Bereichen eine barrierefreie Zugänglichkeit zu ermöglichen. Zudem lassen sich auf diesem Wege bauliche Maßnahmen im Sinne der ASR V3a.2 "Barrierefreie Gestaltung von Arbeitsstätten" und in der Folge Umbaukosten vermeiden. |
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Abweichend für Fluchtwege aus besonderen Bereichen |
Lichte Mindestbreiten (in m) |
8 |
Gänge zu persönlich zugewiesenen Arbeitsplätzen |
0,60 |
9 |
Nebengänge von Lagereinrichtungen für die ausschließliche Be- und Entladung von Hand |
0,75 |
10 |
Türen von Toilettenzellen und von Toilettenräumen mit nur einer Toilette entsprechend ASR A4.1 "Sanitärräume" |
0,55 |
Hinweis:
Die Werte der Spalten B und C entsprechen den Anforderungen für die Flucht und berücksichtigen nicht mögliche Auswirkungen durch den Einbau von Türen, z.B. können für Flure durch den Einbau von Türen gegenbenenfalls entsprechend größere Breiten erforderlich werden.
(7) In Gebäuden, die bis zum 30.9.2022 errichtet worden sind oder deren Bauantragstellung bis zu diesem Termin erfolgt ist, dürfen Hauptfluchtwege nach Tabelle 1 Nummer 1 Spalte C für bis 5 Personen mit einer lichten Mindestbreite von 0,875 m eingerichtet oder solange betrieben werden, bis die jeweiligen Bereiche dieser Arbeitsstätten wesentlich erweitert oder umgebaut werden oder...