Dipl.-Kfm. Frederik Hegmanns, Dipl.-Kfm. Thomas Scholz
Rn. 13
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Bei Unterschreitung der Schwellenwerte können die §§ 238–241 wahlweise angewendet werden. Das Wahlrecht ist so zu verstehen, dass der Einzelkaufmann sich entscheiden kann, einzelne Vorschriften der §§ 238ff. nicht anzuwenden (vgl. Beck Bil-Komm. (2022), § 241a HGB, Rn. 8). Zugleich besteht gemäß § 242 Abs. 4 keine Verpflichtung zur Aufstellung eines JA (vgl. zu Einzelheiten HdR-E, HGB § 242, Rn. 15ff.). Die wahlweise anzuwendenden handelsrechtlichen Vorschriften betreffen im Einzelnen:
- die Buchführung (vgl. § 238 Abs. 1),
- die Zurückbehaltung einer mit der Urschrift übereinstimmenden Wiedergabe der abgesandten Handelsbriefe (vgl. § 238 Abs. 2),
- die Führung von Handelsbüchern (vgl. § 239), sowie
- die Aufstellung eines Inventars (vgl. § 240).
Demzufolge kann sich der Einzelkaufmann bspw. für die Buchführung, aber gegen die Aufstellung eines Inventars entscheiden. § 242 Abs. 4 darf unabhängig von der Inanspruchnahme des Wahlrechts gemäß § 241a in Anspruch genommen werden (vgl. Beck Bil-Komm. (2022), § 241a HGB, Rn. 8).
Rn. 14
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Gemäß § 241a i. V. m. § 240 Abs. 2 Satz 2 kann sich der Einzelkaufmann dazu entscheiden, ein GJ mit einer Dauer von mehr als zwölf Monaten zu wählen (vgl. HdR-E, HGB § 241a, Rn. 11; Beck Bil-Komm. (2022), § 241a HGB, Rn. 8). Allerdings wird man ein über zwölf Monate hinausgehendes GJ bereits deshalb als seltenen, eher theoretisch möglichen Ausnahmefall ansehen können, weil das für die steuerliche Gewinnermittlung maßgebliche WJ einen Zeitraum von zwölf Monaten umfasst (vgl. § 4a Abs. 1 Satz 1 EStG i. V. m. § 8b Satz 1 EStDV).
Rn. 15
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Fraglich ist, wie die Gewinnermittlung bei Inanspruchnahme der Befreiung gemäß § 241a vorzunehmen ist. Handelsrechtlich ist der Einzelkaufmann insoweit mangels gesetzlicher Regelung vollkommen frei (vgl. HB-BilMoG (2010), Kap. 2/1/1, S. 105 (108)). Den unterhalb der Schwellenwerte liegenden Einzelkaufleuten wird damit die Möglichkeit eröffnet, ihre Buchführung und Bilanzierung im Verhältnis zum Umfang ihres Geschäftsbetriebs angemessen auszugestalten (vgl. BT-Drs. 16/12407, S. 84). Aus der RegB zum BilMoG ergibt sich, dass Einzelkaufleute, die die größenabhängige Befreiung in Anspruch nehmen, ihre RL auf eine EÜR nach Maßgabe des § 4 Abs. 3 EStG beschränken dürfen (vgl. BT-Drs. 16/10067, S. 46). Diese Sichtweise hat der Rechtsausschuss bekräftigt. Im Ergebnis können Einzelkaufleute i. S. v. § 241a damit die für steuerliche Zwecke aufzustellende EÜR auch handelsrechtlich nutzen (vgl. BT-Drs. 16/12407, S. 84).
Rn. 16
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Gegen eine Beschränkung der RL auf eine EÜR lassen sich verschiedene Argumente vorbringen. So ist eine solche Rechnung als Gewinnermittlungsmethode zur Kontrolle der betrieblichen Situation eines UN konzeptionell weniger geeignet als ein JA. Zu berücksichtigen ist außerdem, dass die EÜR i. d. R. keine geeignete Basis darstellt, um von einer Bank einen Kredit zu erlangen. Für Kreditinstitute spielt vielmehr der JA bei der Bonitätsanalyse ihrer Kunden eine maßgebliche Rolle (vgl. hierzu die empirische Studie von Haller/Löffelmann/Etzel, KoR 2009, S. 216ff.). Fernerhin ist fraglich, welche Dokumentation des Geschäftsbetriebs Kaufleute i. S. d. § 1 – die definitionsgemäß über einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb verfügen – vorzunehmen haben, sofern sie eine EÜR anwenden (vgl. HB-BilMoG (2010), Kap. 2/1/1, S. 105 (110ff.)). So ist die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG bislang weder im Handels- noch im Steuerrecht hinreichend kodifiziert (vgl. Herzig, DB 2008, S. 1339 (1341), m. w. N.). Andererseits entspricht gerade das Fehlen eines umfangreichen Regelwerks dem gesetzgeberischen Ziel einer umfassenden Deregulierung der handelsrechtlichen Buchführungs- und Bilanzierungspflichten für Einzelkaufleute (vgl. Beck Bil-Komm. (2022), § 241a HGB, Rn. 9). Trotz vorgenannter Kritikpunkte dürfte damit die handelsrechtliche Zulässigkeit der Beschränkung des Einzelkaufmanns auf eine EÜR gemäß § 4 Abs. 3 EStG außer Frage stehen (vgl. Bonner HGB-Komm. (2019), § 241a, Rn. 11f.; Bonner-HdR (2017), § 241a, HGB, Rn. 14.; MünchKomm. HGB (2024), § 241a, Rn. 4; a. A. Haufe HGB-Komm. (2023), § 241a, Rn. 11f., wonach für den Fall einer Inanspruchnahme der Befreiung gemäß § 241a gar eine sich aus der RegB zum BilMoG (vgl. BT-Drs. 16/10067, S. 46) ergebende Pflicht zu Erstellung einer EÜR nach § 4 Abs. 3 EStG angezeigt sein soll).
Rn. 17
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Das Wahlrecht gemäß § 241a kann nach dem Gesetzeswortlaut nicht rückwirkend, sondern nur für die Zukunft ausgeübt oder versagt werden. Wurden die Schwellenwerte in zwei aufeinander folgenden GJ t1 und t2 nicht überschritten, kann das Wahlrecht gemäß § 241a im GJ t3 in Anspruch genommen werden. Dies gilt auch, wenn im GJ t3 ein Schwellenwert oder gar beide Schwellenwerte überschritten werden. Im folgenden GJ t4 besteht dann allerdings bei einem Überschreiten kein Wahlrecht mehr (vgl. Beck Bil...