Geschlechtsunabhängige Bezahlung in Europa – die Entgelttransparenzrichtlinie
I. Entstehungsgeschichte
Der Grundsatz des gleichen Entgelts ist seit 1957 in den Europäischen Verträgen (vgl. Art. 157 AEUV) verankert. Männer und Frauen sollen in der EU bei gleicher oder gleichwertige Arbeit auch den gleichen Lohn erhalten. Im Jahr 2006 wurden mehrere Richtlinien zur Gleichstellung der Geschlechter in Arbeits- und Beschäftigungsfragen in der Richtlinie 2006/54/EG unter dem Eindruck der ergangenen Rechtsprechung des EuGH neu gefasst und konsolidiert. 2014 wurde die Richtlinie ferner durch die Empfehlung der Europäischen Kommission (2014/124/EU) zur Entgelttransparenz ergänzt. Am 13. Juni 2019 verabschiedete der Rat der Europäischen Union seine Schlussfolgerung zum Thema“ Verringerung des Lohngefälles zwischen Frauen und Männern“ und forderte die Kommission auf, konkrete Maßnahmen für mehr Lohntransparenz auszuarbeiten. Im März 2020 veröffentlichte die Kommission dann Maßnahmen zur Beseitigung des geschlechtsspezifischen Lohngefälles im Rahmen ihrer „Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter 2020-2025“, gefolgt vom „Aktionsplan 2021-2025 für die Gleichstellung der Geschlechter“. Am 4. März 2021 nahm die Kommission eine Gesetzesvorlage über verbindliche Maßnahmen zur Lohntransparenz an, am 6. Dezember 2021 gab der Rat der Europäischen Union seine Stellungnahme dazu ab. Am 30. März 2023 konnte das Europäische Parlament nach zweijährigen interinstitutioneller Verhandlungen der entwickelten Entgelttransparenz-Richtlinie zustimmen, der Rat der Europäischen Union nahm den Entwurf am 24. April 2023 an. Am 17. Mai 2023 wurde die Richtlinie im EU-Amtsblatt veröffentlicht und tritt gemäß Art. 36 der Richtlinie am 20. Tag nach ihrer Veröffentlichung, und damit am 6. Juni 2023, in Kraft.
Spätestens nach der dreijährigen Umsetzungsfrist gemäß Art. 34 Abs. 1 der Richtlinie, nämlich bis zum 7. Juni 2026, müssen alle EU-Staaten alle erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zur Umsetzung der Richtlinie eingeführt haben. Für den deutschen Gesetzgeber bedeutet das insbesondere die Überarbeitung des seit 2017 bestehenden Entgelttransparenzgesetzes.
II. Zentrale Inhalte der Richtlinie
Für den europäischen Gesetzgeber waren mangelnde Transparenz von Entgeltsystemen, mangelnde Rechtssicherheit in Bezug auf den Begriff der gleichwertigen Arbeit und Verfahrenshindernisse für Diskriminierungsopfer die maßgeblichen Indikatoren für die Erstellung der Richtlinie (vgl. Erwägungsgrund 11). In den Evaluierungen der Gleichbehandlungsrichtlinie 2006/54/EG wurde festgestellt, dass sich durch größere Transparenz geschlechtsspezifische Verzerrungen und Diskriminierungen in den Vergütungsstrukturen eines Unternehmens aufdecken ließen und so die Möglichkeit eröffnen würde, geeignete Maßnahmen zur Gewährleistung der Anwendung des Rechts auf gleiches Entgelt zu ergreifen.
1. Begriff der gleichwertigen Arbeit (Art. 4)
Lohngleichheit soll nicht nur für gleiche, sondern auch für gleichwertige Arbeit gelten. Die Richtlinie überlässt es den Mitgliedstaaten die erforderlichen Konzepte zu entwickeln, um den Wert der Arbeit zu ermitteln und vergleichen zu können. Kriterien für die Bewertung sind nach Art. 4 Abs. 4 jedenfalls Kompetenzen, Belastungen, Verantwortung und Arbeitsbedingungen und ggf. weitere Faktoren, die für den konkreten Arbeitsplatz oder die konkrete Position relevant sind. Der ErwG 26 erläutert hierzu, dass die Beschränkung auf die vier Hauptkriterien insbesondere Kleinstunternehmen sowie kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) vor Überlastung schützen soll. Weitere Faktoren wären nach ErwG 26 im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH berufliche Anforderungen sowie Bildungs-, Aus- und Weiterbildungsbildungsanforderungen.
Die Richtlinie weitet die Bildung der Vergleichsgruppe für die Bewertung der Gleichwertigkeit in Art. 19 Abs. 1 über die Unternehmensgrenze hinaus aus. Der Vergleich ist auf „die einheitliche Quelle der Festlegung der Entgeltbedingungen“ zu erstrecken. Die Vergleichsgruppe ist auch in zeitlicher Hinsicht erweitert, da es nach Art. 19 Abs. 2 nicht darauf ankommt, dass die Arbeitnehmer zur gleichen Zeit beschäftigt sind.
Für den Fall, dass mangels vergleichbarer Arbeitnehmer kein Wertigkeitsvergleich durchgeführt werden kann, sieht Art. 19 Abs. 3 vor, dass andere Beweismittel wie Statistiken oder Hypothesen zum Nachweis einer mutmaßlichen Entgeltdiskriminierung herangezogen werden können.
Diese Vorgabe der Richtlinie wird in der nationalen Umsetzung konturiert werden müssen.
2. Lohntransparenz
a.) Entgelttransparenz schon vor der Beschäftigung (Art. 5)
Die Lohntransparenz beginnt schon beim arbeitssuchenden Bewerber. Nach Art. 5 hat schon der Stellenbewerber das Recht, vom künftigen Arbeitgeber das Einstiegsentgelt oder dessen Spanne sowie ggf. einschlägige zur Anwendung kommende Tarifbestimmungen zu erfahren. Diese Informationen sind so frühzeitig bereitzustellen, etwa schon in der Stellenausschreibung, dass fundierte und transparente Verhandlungen über das Entgelt gewährleistet werden.
Im deutschen Recht ist eine solche Verpflichtung bisher nicht vorgesehen. Fraglich ist, ob die frühzeitige Bereitstellung durch den bloßen Verweis auf bestehende, oft aber nicht öffentlich einsehbare, Tarifwerke ausreicht, oder ob diese offengelegt werden müssten. Und müssten nicht tarifgebundene Arbeitgeber ihre Entgeltsystematik, soweit überhaupt vorhanden, dem Bewerber und damit faktisch dem Wettbewerb gegenüber offenlegen? Der Erwägungsgrund 21 formuliert ausdrücklich, dass der Begriff des Entgelts nicht nur das Grundgehalt, sondern auch ergänzende und variable Bestandteile (beispielsweise Boni, Überstundenausgleich, Fahrvergünstigungen, Verpflegungszuschüsse) umfasst.
Entgegen der verbreiteten Praxis, den Bewerber nach seinem bisherigen Einkommen zu fragen, sieht die Richtlinie nun das Verbot einer solchen Frage vor (vgl. Art. 5 Abs. 3).
Der deutsche Gesetzgeber wird hier Geheimhaltungsinteressen des Unternehmers an seiner Vergütungsstruktur (Grundgehalt, Bonussysteme) und das Transparenzgebot der Richtlinie in einen abgewogenen Einklang bringen müssen.
b.) Transparenz im laufenden Arbeitsverhältnis
1. Informations- und Auskunftspflichten (Art. 6, 7)
Arbeitgeber sind nach Art. 6 der Richtlinie verpflichtet, ihren Beschäftigten Informationen darüber, welche Kriterien für die Festlegung ihres Entgelts, der Entgelthöhe und der Entgeltentwicklung verwendet werden, zur Verfügung zu stellen. Flankiert wird diese Arbeitgeberpflicht durch, im Vergleich zum bisherigen deutschen Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) erweiterte Auskunftsrechte der Beschäftigten. Diese werden das Recht haben, Auskunft über ihr individuelles Einkommen und über die durchschnittlichen Einkommen zu verlangen – aufgeschlüsselt nach Geschlecht und für Gruppen von Arbeitnehmern, die gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten. Dieses Recht wird für alle Arbeitnehmer unabhängig von der Größe des Unternehmens bestehen. Anders als das bisherige deutsche Recht wird hier nicht auf den Median abgestellt, sondern auf den Durchschnitt der Entgelthöhen. Damit können Arbeitnehmer in Erfahrung bringen, wie sie im durchschnittlichen Vergleich entlohnt werden und bei kleiner Vergleichsgruppe, das konkrete Gehalt der Kollegen ermitteln. Nach Art. 7 Abs. 3 müssen Arbeitgeber alle Arbeitnehmer jährlich über ihr Recht, Auskünfte zu verlangen und das Prozedere der Antragsstellung aktiv informieren.
2. Berichtspflichten (Art. 9)
Ab einer Unternehmensgröße von mindestens 100 Beschäftigten sieht Art. 9 eine Berichtspflicht des Arbeitgebers zum innerbetrieblichen geschlechtsspezifische Lohngefälle vor, wobei die Richtlinie hier in Abhängigkeit von der Unternehmensgröße gestaffelte Übergangsfristen bis 2031 vorsieht.
3. Aktive Pflicht zur Herstellung von Entgeltgerechtigkeit (Art. 10)
Ergibt die Entgeltberichterstattung ein geschlechtsspezifisches Lohngefälle von mindestens 5 Prozent und kann der Arbeitgeber das Gefälle nicht anhand objektiver geschlechtsneutraler Faktoren rechtfertigen, muss er in Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmervertretern (Betriebsrat) eine Entgeltbewertung vornehmen und Maßnahmen entwickeln, um diese Entgeltunterschiede zu beseitigen.
Die Richtlinie an sich dürfte nicht die Schaffung eines neuen Mitbestimmungsrechtes zwingend fordern, allerdings ist abzuwarten, ob der deutsche Gesetzgeber nicht in Übererfüllung der Anforderungen die zwingenden Mitbestimmungstatbestände des § 87 BetrVG erweitert. Anknüpfungspunkt kann hier § 87 Nr. 10 BetrVG sein, wonach Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung mitbestimmungspflichtig ist. Entlohnungsgrundsätze sind die übergeordneten allgemeinen Vorschriften, nach denen die gesamte Entlohnung für den Betrieb geordnet wird; damit sind alle Strukturformen des Entgelts einschließlich deren näherer Vollziehungsformen erfasst. Die Entlohnungsmethode beschreibt das Verfahren, d.h., die Art und Weise, in der die zwischen den Betriebsparteien ausgehandelten Entlohnungsgrundsätze ausgeführt werden sollen. Dabei geht es um die Ermittlung des Arbeitswertes, also die Feststellung des Schwierigkeitsgrades einer Arbeit, von dem die Zuordnung einer bestimmten Arbeit zu einer Entgeltgruppe abhängt. Nicht unter den Mitbestimmungstatbestand fällt die Entscheidung über die Lohn- und Gehaltshöhe, welche vom Arbeitgeber selbst oder den Tarifparteien bestimmt wird.
Hinsichtlich zukünftiger Arbeitsvertragsgestaltungen wird auch Art. 7 Abs. 5 zu beachten sein, wonach Arbeitnehmer nicht daran gehindert werden dürfen, ihr Gehalt offenzulegen.
3. Bessere Durchsetzbarkeit von Arbeitnehmerrechten
Für eine bessere rechtliche Durchsetzbarkeit von Arbeitnehmerrechten sowie einem effektiveren Rechtsschutz sollen folgende Maßnahmen sorgen:
a.) Schadensersatz und Entschädigung (Art. 16)
Beschäftigte, die geschlechtsspezifischer Lohndiskriminierung ausgesetzt sind, sollen Anspruch auf Schadensersatz und Entschädigung erhalten. Wie in europarechtlichen Rechtssetzungen üblich, soll die Kompensation eine wirksame und tatsächliche Entschädigung für den erlittenen Schaden ermöglichen und zudem – generalpräventiv – auf eine abschreckende Art und Weise ausgestaltet sein. Hierzu kann etwa auf die Rechtsprechung zum Schadensersatz i.S.d DSGVO zurückgegriffen werden. Die Kompensation muss nach Art. 16 Abs. 3 die vollständige Nachzahlung der Entgeltdifferenz und damit verbundener Boni oder Sachleistungen sowie Verzugszinsen umfassen.
b.) Beweislastumkehr (Art. 18)
Auch die Entgelttransparenzrichtlinie verlangt eine Beweiserleichterung für den betroffenen Arbeitnehmer. Nach Art. 18 obliegt es dem Arbeitgeber nachzuweisen, dass es keine Diskriminierung in Bezug auf das Entgelt gegeben hat. Die Beweislastumkehr ist inhaltlich sehr weit, da sie Pflichtverstöße in allen Fällen von Art 5, 6, 7, 9 und 10 abdeckt. Unmittelbare oder mittelbare Diskriminierungen in der organisatorischen Umsetzung der Berichterstattung sind genauso betroffen, wie die unterlassene Information über das Auskunftsrecht oder die Exkulpationspflicht bei unterlassenen Abhilfemaßnahmen nach Art. 10 Abs. 2 lit. f).
Da beispielsweise für die unterlassene Abhilfemaßnahme die Lohndiskriminierung sowohl Voraussetzung als auch Rechtsfolge ist, kann sich der Arbeitgeber im Rahmen der Beweislastumkehr gegen die Feststellung der Lohndiskriminierung gar nicht verteidigen. Der betroffene Beschäftigte muss also nur den erlittenen materiellen oder immateriellen Schaden darlegen und beweisen. Für die Anforderungen an die Schadensberechnung kann dann auf die Erkenntnisse der Rechtsprechung zur Schadensermittlung in der DSGVO zurückgegriffen werden. Auch die Entgelttransparenzrichtlinie enthält keine Definition des immateriellen Schadens.
c.) Staatliche Aufsichts- und Zwangsmaßnahmen
Nach Art. 17 muss das nationale Umsetzungsgesetz den Gerichten und Aufsichtsbehörden die Möglichkeit geben, gegenüber dem Arbeitgeber Verfügungen zur Unterlassung einer Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes sowie Handlungsverfügungen zu erlassen und diese mit Zwangsmaßnahmen durchzusetzen. Dies stellt eine erhebliche und dem deutschen Recht bislang unbekannte Erweiterung der staatlichen Eingriffsmöglichkeiten dar.
Art. 23 verpflichtete den deutschen Gesetzgeber, „wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen“ einzuführen, um diese bei Verletzungen der Entgeltgerechtigkeit verhängen zu können. Art. 23 Abs. 2 führt explizit Bußgelder als Maßnahme auf, die eine „tatsächlich abschreckende Wirkung“ entfalten sollen. Sofern hier der deutsche Gesetzgeber nicht maßvoll agiert, würden Informationsdefizite und organisatorische Fehler des Arbeitgebers zu Bußgeldern führen, genauso wie die Nichtumsetzung von Abhilfemaßnahmen gegen bestehende Lohndiskriminierungen aufgrund bestehender Entgeltsysteme.
Im Ergebnis führt die Richtlinie zu einer staatlichen Kontrolle der Vergütungssysteme der Arbeitgeber. Mit Spannung darf erwartet werden, ob und wie die Aufsichtsbehörden die nach Art. 11 angekündigten staatlichen Unterstützungsmaßnahmen für Arbeitgeber anbieten werden. Wie zuletzt bei der Neufassung des Nachweisgesetzes im Zuge der Umsetzung der Arbeitsbedingungenrichtlinie EU/2019/1152 drängt sich die Feststellung auf, dass nicht nur staatliche reglementierte Vertragsmuster (vgl. § 4 Abs. 1 NachwG), sondern nun auch staatlich vorgegebene Entgeltsysteme die Zukunft der ehemals freien Marktwirtschaft sein werden.
III. Momentaufnahme und erste Handlungsempfehlungen
Allein aufgrund der Richtlinie besteht für Arbeitgeber in Deutschland noch kein konkreter Handlungsbedarf. Die Richtlinie muss erst durch ein nationales Gesetz umgesetzt werden. Der deutsche Gesetzgeber wird hierfür aber voraussichtlich nicht die dreijährige Umsetzungsfrist voll ausschöpfen müssen, denn seit 2017 besteht in Deutschland bereits das Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG), um den Grundsatz "Gleicher Lohn für gleiche oder gleichwertige Arbeit" für Frauen und Männer in der Praxis durchzusetzen. Es ist auch nicht zu erwarten, dass es im nationalen Recht lange Einführungsfristen geben wird, da die Richtlinie in ihren Forderungen einen hohen Detailgrad aufweist und somit absehbar ist, was der deutsche Gesetzgeber regeln muss und wird.
Lange führte das EntgTranspG ein weitgehend unbeachtetes Nischendasein, zuletzt hat das Bundesarbeitsgericht aber in zwei Entscheidungen dem Thema Entgeltgleichheit Vorschub geleistet. Mit Urteil vom 16. Februar 2023 bestätigte das BAG (BAG, Urteil vom 16. Februar 2023, Az. 8 AZR 450/21), dass bei bestehender Entgeltungleichheit der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast trage, also objektive und diskriminierungsfreie Gründe vortragen müsse, die diesen Unterschied rechtfertigen. Das BAG hatte schon zuvor mit seinem Urteil vom 21.01.2021 (8 AZR 488/19) aufgezeigt, dass eine unterschiedliche Vergütung für gleiche oder gleichwertige Arbeit zwischen den Geschlechtergruppen eine Vermutung unzulässiger Diskriminierung wegen des Geschlechts darstellt. Auch das in der Praxis verbreitete Argument des besseren "Verhandlungsgeschick" des männlichen Kollegen ist aus Sicht des BAG nicht geeignet, einen Unterschied zu rechtfertigen, da das Verhandlungsgeschick nichts mit der Arbeitsleistung von Mitarbeitenden zu tun habe.
Die aktuelle Rechtsprechung verknüpft also bereits die Entgeltsystematik und die konkrete Vergütungshöhe mit der Geschlechtsdiskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Das AGG sieht in § 22 jetzt schon vor, dass bei Vorliegen von Indizien einer Benachteiligung der Arbeitgeber die volle Beweislast dafür trägt, dass kein geschlechterdiskriminierender Verstoß vorliegt.
Insofern ist allen, insbesondere aber Arbeitgebern ohne festgeschriebenes Vergütungssystem (aber mit Betriebsrat) anzuraten, die von der Richtlinie vorgegebenen Kriterien für objektive Vergütungssysteme heranzuziehen und die betriebliche Vergütungspraxis daraufhin zu prüfen und anzupassen. Denn schon vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung ist zu erwarten, dass einzelne Arbeitnehmer und Betriebsräte Vergütungsfragen verstärkt in Frage stellen werden.
Auch die betrieblichen Prozesse zur erweiterten Auskunftserteilung sollten überprüft werden, wobei jährliche Informationsmaßnahmen nicht unbekannt sein dürften. So sind die Beschäftigten bereits jetzt etwa zur Vermeidung unverfallbarer Urlaubsansprüche jährlich über das Urlausrecht aufzuklären.
Die Arbeit in diese „Richtlinien-Compliance“ lohnt sich doppelt für diejenigen Unternehmen, die dem erweiterten Corporate Sustainibility Reporting (CSR) unterliegen, da hier Berichtspflichten zum Thema Chancengleichheit und Gleichberechtigung aufgenommen wurden.
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