Große Fortschritte in der Datenanalyse
Business Intelligence ist schon seit vielen Jahren ein wichtiges Werkzeug im Management und wird durch verschiedene Business Warehouses sowie OLAP-Tools unterstützt. SAP/HANA ermöglicht Datenverarbeitung in Echtzeit. Controllerinnen und Controller werden mit den zunehmenden Datenvolumina zu Data Scientists und versuchen verborgene Informationen aus großen und unstrukturierten Datenmengen mit analytischen Methoden zu generieren, wie schon 2014 vom Internationalen Controller Verein in einem Bericht seiner Ideenwerkstatt festgestellt wurde. Predictive Analytics ermöglicht es, "historische" Daten zu analysieren, darin Muster zu erkennen und so zukünftige Entwicklungen "vorherzusagen". So kann die Expertise von Controllern, ergänzt um analytische, mittels Algorithmen von IT-Systemen generierte Daten, für bessere Prognosen genutzt werden. Controller sollten also die notwendigen mathematisch-statistischen Kompetenzen erwerben, um zur Entwicklung von Algorithmen beitragen zu können.
Unterstützungsmöglichkeiten von Excel
Excel unterstützt viele dieser Methoden mit zahlreichen Funktionalitäten und kann zur Unterstützung des Planungsprozesses
- in einem agilen Umfeld, in dem Prozesse und Standards (noch) nicht existieren und
- für die Berechnung von Business Cases
am besten eingesetzt werden.
Wie Excel beim Gegenstromverfahren hilft
Nach einer Studie der Hochschule Aalen mit Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz (2021) ist das Gegenstromverfahren das am meisten eingesetzte Planungsverfahren. Damit wird eine Studie von Deloitte mit der Hochschule Heilbronn aus dem Jahr 2019 bestätigt, die zu einem ähnlichen Ergebnis kommt.
Mit welchen Excel-Features und -Funktionen kann dieser Bottom up-/Top down-Planungsansatz unterstützt werden? Hier sind hauptsächlich die Features
- Power Query,
- Szenario-Manager und
- Solver
hilfreich.
Use Case Upload-Liste Planwerte für SAP FICO erstellen
Im Planungsprozess eines global agierenden Industrieunternehmens werden aus SAP FICO für jede Kostenstelle Excel-Dateien mit den Vorjahres- und Istwerten exportiert und den Kostenstellenverantwortlichen per SharePoint zur Verfügung gestellt. Diese Dateien müssen bis zu einem definierten Termin um Planzahlen ergänzt und in einen bestimmten Ordner gespeichert werden. Mit Hilfe von Power Query werden die gewünschten Daten extrahiert, zu einer Upload-Liste zusammengestellt und in SAP FICO eingelesen. In einem automatisierten Prozess wird mittels Power Query täglich geprüft, wer Daten unvollständig, fehlerhaft oder nicht termingerecht bereitgestellt hat. Mittels einer automatisch generierten Liste wird es dem Konzern-Controlling Liste ermöglicht, die Verantwortlichen zu kontaktieren.
Jeder, der mit Hilfe von Excel schon einmal solch einen Prozess (s. Abb. 1) gestaltet hat, weiß, wie viel Zeit für die Umsetzung mit Excel (und wie viel VBA-Code!) benötigt wird.
Mit Power Query nimmt die Entwicklung der Lösung gerade mal einige Stunden, schlimmstenfalls einen halben Tag in Anspruch. Und dabei wird von Power Query automatisch jeder einzelne Schritt dokumentiert! Die Aktualisierung der Daten nimmt Sekunden in Anspruch und per Power Automate werden Mails an die säumigen Kostenstellen-Verantwortlichen versendet.
Use Case Gegenstromverfahren
Aufgaben und Rollen von Controllern werden sehr unterschiedlich verstanden. Der Internationale Controller Verein (ICV) versteht Controller als Unterstützer, als Berater des Managements. Dem Management soll im nächsten Beispiel ein Tool zur Verfügung gestellt werden, mit dem wichtige Treiber für ein Steuerungsmodell in einem Top Down-/Bottom Up-Ansatz simuliert werden können. Als Beispiel dient der Return On Investment (ROI)
Das Modell ist nach den in einem anderen Beitrag beschriebenen Prinzipien aufgebaut. Die Daten werden aus der Finanzbuchhaltung mit Hilfe von Power Query importiert und im Modell verteilt.
Dabei beeinflussen die Steuerzellen "K4 : K7" (Umsatz, Material, Personal, Sonstiges) die Formeln auf dem Sheet "Jahresabschluss" zur Ermittlung des Betriebsergebnisses. Die für die Ermittlung des ROI wichtigen Bestandteile Umsatz und Betriebsergebnis sind auf das Sheet "ROI-Schema" über Namen verlinkt.
- Werden also die Steuerzellen "K4 : K7" überschrieben, sieht man sofort die Auswirkungen auf die Berechnung des ROI.
- Sollen verschiedene Zahlenkombinationen in den Steuerzellen als Szenarien gesichert werden, kann man dies mit dem Szenario-Manager tun.
- Sollen die verschiedenen Szenarien in ihrer Auswirkung auf den ROI betrachtet werden, so kann man sie auf Knopfdruck in die Steuerzellen einfügen.
- Alternativ oder ergänzend können die Szenarien in einem Bericht zusammengestellt werden. So erhält man ein Diskussionspapier zur Entwicklung der notwendigen Maßnahmen, um die angestrebten Resultate zu erreichen.
Mit Hilfe des Solvers lässt sich ein Zielwert für den ROI vorgeben und die dafür notwendigen Werte in den Zellen "K4 : K7" durch Iterationen ermitteln. Die Ergebnisse werden in die Steuerzellen "K4 : K7" eingesetzt und können ebenfalls als Szenario gesichert werden. Das Video zeigt den gesamten Vorgang.
Der Solver arbeitet ausschließlich nach mathematischen Prinzipien und ermittelt ohne zusätzliche Angaben Ergebnisse, die u.U. unrealistisch sein können. Um die "Realität" in den Solver zu integrieren, setzen Sie bis zu 1.024 Nebenbedingungen ein. Der Solver passt die Werte in den (bis zu 200 möglich!) veränderbaren Zellen so an, dass sie den Einschränkungen in den Nebenbedingungen entsprechen, und das für die Zielzelle gewünschte Ergebnis ermittelt wird. Im Video oder in Abbildung 2 ist erkennbar, das z.B. der Umsatz maximal um 3% steigen darf.
Unter der Voraussetzung, dass die Ursache-Wirkungsbeziehungen bekannt und im Modell über Formeln abgebildet sind, kann so das Gegenstromverfahren in einer Excel-Datei angewendet werden.
Das Beispiel stellt den Solver als Instrument zu einer erweiterten Zielwertsuche vor. Tatsächlich ist er mit den integrierten mathematischen Modellen ein sehr leistungsstarkes Feature zur Nutzung der Methoden von Predictive Analytics.
Fazit
Alle drei Techniken sind seit vielen Jahren verfügbar. Power Query (2013), Solver und Szenario-Manager (1995) sind dennoch weitgehend unbekannt und werden folglich kaum genutzt. Dabei bieten sie ein enormes Potenzial, die Planungsprozesse in Unternehmen zu unterstützen.