Verrechnungspreisregelungen werden ab 2022 verschärft

Die deutschen Verrechnungspreisvorschriften werden weiter verschärft und ergänzt. Von praktischer Bedeutung sind insbesondere die Neuregelungen zu „Best Method Rule“, immateriellen Werten, Preisanpassungsklauseln und Vorabverständigungsverfahren.

Anforderungen in Bezug auf die „Best Method Rule“ und DEMPE-Konzept

Die neue Methode sieht die Ablösung der bisher im deutschen Recht verankerten Methodenhierarchie, also der Präferenz der Standardmethoden vor den Gewinnmethoden, durch das Konzept der „Best Method Rule“ (§ 1 Abs 3 S. 5 AStG neu) vor. Im Zuge dessen sollen die Unternehmen die am besten geeignete Verrechnungspreismethode anhand der Kriterien der OECD (Kapitel 2 der OECD-Verrechnungspreisleitlinien 2017) ermitteln und begründen. Mängel könnten die kommenden Betriebsprüfungen zu Schätzungen und Sanktionen bewegen.

Des Weiteren wird das DEMPE-Konzept der OECD in Bezug auf immaterielle Werte (§ 1 Abs. 3c AStG neu) implementiert. Die neue und weiter gefasste Definition von „immateriellen Werten“ legt dabei im Vergleich zu den OECD-Verrechnungspreisleitlinien fest, dass eine angemessene Vergütung und Ertragszuordnung nach den ausgeübten Funktionen und übernommenen Risiken der Gesellschaften in Bezug auf den jeweiligen immateriellen Wert erfolgen soll. Zusätzlich muss darauf geachtet werden, dass die Finanzierung allein dabei nicht die Vereinnahmung der Erträge aus dem immateriellen Wert rechtfertigen sollte. Verrechnungspreisdokumentationen und Planungen müssen damit auf den Prüfstand und ggf. angepasst werden.

Preisanpassungsklausel bei immateriellen Werten anzuwenden

Ferner kommt ein neuer § 1a AStG, durch den die Preisanpassungsklausel zukünftig auf alle Geschäftsvorfälle anzuwenden ist, die immaterielle Werte oder sonstige Vorteile als Gegenstand haben. Zu beachten ist außerdem, dass bei einer erheblichen Abweichung der Gewinnerwartung von der tatsächlichen Gewinnentwicklung (mehr als 20 % vom ursprünglichen Verrechnungspreis) innerhalb einer Periode von 7 Jahren (vormals: 10 Jahre) eine Anpassung des Verrechnungspreises nun im achten Jahr erforderlich sein wird, sofern die Parteien nicht eine abweichende, fremdübliche Preisanpassungsklausel vereinbart haben. Demnach müssen aufgrund dieser zeitlichen Verschärfung die Preisanpassungen deutlich früher geprüft, dokumentiert und ggf. umgesetzt werden.

Steuerpflichtige sind gut beraten, in den relevanten Fällen eine angemessene Preisanpassungsklausel vereinbaren.

Zukünftig Orientierung am Median der Bandbreiten

Eine weitere Änderung (§ 1 Abs. 3a S. 3 AStG neu) wirkt sich auf die Anwendung von Interquartilsbandbreiten aus. Der Steuerpflichtige soll seinen angesetzten Verrechnungspreis dabei an dem Median der Bandbreite orientieren. Allerdings kann eine Ausnahme hiervon durch Anwendung einer Öffnungsklausel (§ 1 Abs. 3a S. 4 AStG neu) gewährt werden, wenn der Steuerpflichtige nachweisen kann, dass ein anderer Wert dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht. Falls der Verrechnungspreis außerhalb der Bandbreite angesetzt wurde, ist eine Einkommenskorrektur i. H. d. Unterschiedsbetrages zum Median durchzuführen. Da eine Orientierung an dem Median bisher nicht immer praktiziert wird und der Verrechnungspreis auch oftmals am unteren oder oberen Quartil angesetzt wird, könnte diese Konkretisierung nunmehr besonders eine Fokussierung auf den Nachweis des fremdüblichen Werts am oberen oder unteren Ende der Bandbreite erfordern. Die Bedeutung der Begründungen bei der Preisbildung und deren Überprüfung erfordert ein Nachschärfen bei Abweichungen vom Medianansatz. Die Anzahl außergewöhnlicher Geschäftsvorfälle wird dadurch steigen und verpflichtet Unternehmen zeitnah zum Handeln.

Erweiterte Erfassung von Funktionsverlagerungen und Neudefinition des Transferpakets

Im Zuge der Neugliederung des AStG umfassen die Regelungen zu Funktionsverlagerungen und Öffnungsklauseln (§ 1 Abs. 3b AStG) zum einen die neue Definition des „Transferpakets“ als „Verlagerung der Funktion als Ganzes“ und zum anderen die zukünftig angepasste Tatbestandsvoraussetzung, dass „Wirtschaftsgüter oder Vorteile“ verlagert werden. Diese inhaltlichen Änderungen würden demnach den Anwendungsbereich für eine Funktionsverlagerung und der Berechnung eines Transferpakets (inkl. der dazugehörigen Steuerlast) erweitern, da nun per Wortlaut nicht mehr gleichermaßen Wirtschaftsgüter und sonstige Vorteile Bestandteile der Funktionsverlagerung sein müssen. Die Anzahl von Transferpaket-Bewertungsrechnungen wird damit um eine Reihe von Fällen erhöht. Insbesondere werden zunehmend Produktionserweiterungen, Lohn- und Auftragsfertiger sowie die Umstellungen von Vertriebsstrukturen betroffen sein. Gerade jetzt in der Zeit, in der getrieben durch COVID-19 die Wertschöpfungsketten neu durchdacht werden, kann mit Mehraufwand gerechnet werden.

Rechtsgrundlage für Vorabverständigungsverfahren (sog. Advance Pricing Agreements – „APA“) eingeführt

Mit der Implementierung des neuen § 89a AO wurde eine explizite nationale Rechtsgrundlage für Vorabverständigungsverfahren (sog. Advance Pricing Agreements – „APA“) eingeführt. Damit soll für Steuerpflichtige ein einfaches Antragsverfahren garantiert und Doppelbesteuerung vermieden werden. Das Ziel liegt in der steuerlichen Beurteilung eines Sachverhalts zwischen zwei oder mehreren Vertragsstaaten im Vorhinein. Zwar wurden grundsätzlich die Kosten für ein Vorabverständigungsverfahren von 20.000 EUR auf 30.000 EUR erhöht, eine Kostenreduktion ist aber bei einem APA-Verfahren im Anschluss an ein Joint Audit vorgesehen (vgl. § 89a Abs. 7 S. 5, S. 7 AO).

Anwendungszeitpunkt und weitere Implikationen

Unternehmen haben die §§ 1 und 1a AStG ab dem Veranlagungszeitraum 2022 anzuwenden (§ 21 Abs. 25 AStG). Des Weiteren gelten die Regelungen in § 89a AO ab dem Inkrafttreten für alle beim BZSt eingereichten Anträge (Art. 97 zu § 34 EGAO).

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