Christian Polivka, Alexander Zunic
Rz. 6
Die Datengrundlage für ein unternehmensweites ESG-Reporting ist typischerweise sehr vielfältig und schließt interne wie externe Datenquellen ein. Häufig liegen die erforderlichen Daten im Unternehmen regional verteilt, unvollständig und auf unterschiedlichen Aggregations-Niveaus vor, und sie unterliegen oft unterschiedlichen Kontroll- und Governance-Prozessen. So können bspw. Verbrauchsdaten für die GHG Scope 1 und 2 Ermittlung in einigen Standorten und Gebäuden ggf. automatisiert über intelligente Stromzähler ("Smart Meter") in Echtzeit erfasst und ausgewertet werden, während sie an anderen Standorten nur monatlich oder quartalsweise über Rechnungen ermittelbar sind oder teilw. sogar nur standortübergreifend jährlich geschätzt und manuell erfasst werden müssen.
Rz. 7
Neben Geschäfts- und Transaktionsdaten sind externe Referenzdaten von Relevanz (z. B. Emissionsfaktoren, Benchmarks, Risikoprofile), die für eine Berechnung von Kennzahlen nach standardisierten Verfahren (z. B. Emissionen nach GHG Protokoll) und damit auch für eine Vergleichbarkeit sehr wichtig sind. Verstärkt gehören auch klimarelevante Risiken zu einem aussagekräftigen Reporting. Dies kann bspw. durch die Anreicherung von Standortdaten mit externen Klimadaten erfolgen, um z. B. die Auswirkungen unterschiedlicher Klima-Szenarien auf Produktionsstandorte und Lieferketten zu simulieren.
Rz. 8
Eine Befragung von über 2.000 Führungskräften durch Oxford Economics und SAP ergab, dass derzeit noch vielen Organisationen das Vertrauen in ihre Fähigkeit fehlt, Nachhaltigkeit mithilfe von Daten effektiv messbar zu machen und voranzutreiben. Mehr als die Hälfte der Befragten gibt an, dass unzureichendes Datenmanagement und Analysefähigkeiten in ihrer Organisation das Erreichen von Nachhaltigkeit erschweren; 54 % geben an, dass es aufwändig ist, redundante Datensätze zu bereinigen; 55 % finden es schwierig, integrierte Prozesse für interne und externe Daten und Systeme zu etablieren; und 55 % haben Schwierigkeiten, Daten zwischen verschiedenen Arten von Software auszutauschen.
Rz. 9
Gleichzeitig gibt die Regulatorik zunehmend konkrete Anforderungen an ESG-Datenqualität und -überprüfbarkeit vor. In ESRS 1 sind qualitative Merkmale von Nachhaltigkeitsinformationen aufgeführt. Konkret heißt es in ESRS 1.19:
"Bei der Erstellung seiner Nachhaltigkeitserklärung hat das Unternehmen Folgendes anzuwenden: a) die grundlegenden qualitativen Merkmale von Informationen, d. h. Relevanz und wahrheitsgetreue Darstellung, und b) die sich verbessernden qualitativen Merkmale von Informationen, d. h. Vergleichbarkeit, Überprüfbarkeit und Verständlichkeit."
Rz. 10
Nachhaltigkeitsinformationen sind relevant, wenn sie einen wesentlichen Einfluss auf die Einschätzungen und Entscheidungen derjenigen haben, die die Berichterstattung nach einem Ansatz der doppelten Wesentlichkeit verwenden. Vergleichbarkeit in Bezug auf die Qualität bezieht sich auf die Fähigkeit, Informationen zu einem bestimmten Bezugspunkt oder zu denselben Informationen aus früheren Berichtszeiträumen in Beziehung zu setzen. Ein Bezugspunkt kann ein Ziel, eine Baseline, ein Industrie-Benchmark oder vergleichbare Informationen sein. Die zeitliche Vergleichbarkeit erfordert eine konsistente Berichterstattung. Konsistenz bezieht sich auf die Verwendung derselben Ansätze oder Methoden für denselben Nachhaltigkeitsaspekt von Periode zu Periode. Bei der Überprüfbarkeit geht es darum, die Zuverlässigkeit der präsentierten Informationen und des Prozesses, der zu diesen Informationen geführt hat, sicherzustellen.
Rz. 11
Nicht zuletzt zeichnet sich ein Trend ab, dass ESG-Berichtsstrukturen und Bewertungsgegenstände über die Regulatorik zunehmend normiert werden – insbes. durch Taxonomien. Diese definieren standardisierte Klassifikationen von Geschäftsaktivitäten, Branchen, Umweltzielen, Kriterien – so dass auch diese zunehmend Einzug finden werden in die ESG-Berichterstattung. Darüber hinaus werden viele Berichtsinhalte für eine größere Anzahl von Unternehmen erstmalig durch die Regulatorik verpflichtend vorgegeben – insbes. durch die CSRD und EU-Taxonomie Gesetzgebung in der EU.
Wichtig ist, dass zu jedem erfassten Datum klar erkennbar ist, wie, woher und wann es erfasst wurde – so dass hervorgeht, welche Informationen aus Primärquellen gewonnen wurden (mit hohem Konfidenz-Niveau) und welche Informationen geschätzt oder interpoliert wurden. Dies ist sowohl relevant für die Auditierbarkeit von extern veröffentlichten Informationen als auch für die interne Unternehmenssteuerung.
Rz. 12
Die Datenanforderungen lassen sich in einer "Data Value Journey" zusammenfassen; diese zeigt auf, über welche Stufen welche Datenveredelungen stattfinden müssen, um zu validen und überprüfbaren Kennzahlen und Berichten zu gelangen (Tab. 1).
Bevor entsprechende Daten gesammelt oder kontrolliert werden können, müssen mehrere Elemente definiert werden. Dazu gehören v.a. die Festlegung der für das Unternehmen relevanten Berichts- ...