Karl-Heinz Steinke, Dr. Walter Schmidt
1.1.1 Wo kommen wir her?
Der Begriff "Controlling" ist eine deutsche Erfindung. Albrecht Deyhle hat ihn Anfang der 70er-Jahre des vorigen Jahrhunderts geprägt, um etwas Besonderes auszudrücken, das es vorher so nicht gab: die Zusammenarbeit von Controllern und Managern als Team (s. Abb. 1).
Abb. 1: Controlling als Teamarbeit von Managern und Controllern
Controlling als spezielle Führungs- und Managementfunktion
Hierbei bezeichnet Controlling den Prozess der Zielfindung, Planung und Steuerung der Zielerreichung in einem Unternehmen (Organisation). Verantwortlich für das Controlling ist der Manager selbst. So verstanden ist Controlling eine spezielle Führungs- und Managementfunktion.
Der Controller gestaltet als "Dienstleister" für das Management den Controllingprozess und wählt adäquate Instrumente, Methoden und Verfahren zur Unterstützung des Prozesses aus. Damit sorgt er für Transparenz im Unternehmensgeschehen und ist mitverantwortlich für die Unternehmensentwicklung.
Die Aufgaben des Controllings können nicht nur von Controllern, sondern auch von anderen Aufgabenträgern wahrgenommen werden. Infolgedessen befinden sich Controller immer in einer "latenten internen Wettbewerbsposition". Ihre Position im Verhältnis zum Management müssen sie sich immer wieder neu erarbeiten.
1.1.2 Vom Controlling 1.0 zum Controlling 4.0
Die Entwicklung des Controllings zeigt, wie die Controllingaufgaben gewachsen sind und sich ausgeweitet haben. Sie kann in die folgenden 4 Etappen unterteilt werden:
- Controlling 1.0 – Erfolgssicherung und Kostenrechnung: In der 1. Phase bis etwa zur Mitte des 20. Jahrhunderts ging es vor allem um frühe Formen der Planung und Kontrolle von Ausgaben und der Sicherung angestrebter Erfolge – das konnten Einzahlungsüberschüsse ebenso sein wie die Einhaltung von Budgetvorgaben. Dabei spielten Informationsversorgung und erfolgszielbezogene Steuerung eine wichtige Rolle.
- Controlling 2.0 – Koordination der Führungssysteme: Mit dem Fortschritt der Industrialisierung entstanden große Unternehmen mit umfangreichen Führungssystemen. Dementsprechend rückten die Aufstellung, Koordinierung und Durchführung von Unternehmensplänen zur Kontrolle des Geschäftsablaufs sowie weiterer die Führungsarbeit unterstützender Aufgaben (wie Berichterstattung und Bewertung) in das Zentrum der Aufmerksamkeit.
- Controlling 3.0 – Rationalitätssicherung im gesamten Unternehmen: Anfang der 90er-Jahre des vorigen Jahrhunderts wurde Rationalitätssicherung als wichtige Aufgabe des Controllings erkannt. Das war eine Folge der stärkeren Individualisierung und Subjektivierung der Führungstätigkeit, die mit der Veränderung der Informationstechnologien einherging. Dadurch wurde die Kombination von subjektiver Intuition und rationaler Orientierung zu einem wesentlichen Erfolgsfaktor.
- Controlling 4.0 – Partnerschaft von Führungskräften und Controllern im Zeitalter intelligenter Vernetzung: Seit der Jahrtausendwende haben die weltweite Vernetzung der Menschen und die Entwicklung anspruchsvoller Technologien zur Analyse und Nutzung großer strukturierter und unstrukturierter Datenmengen eine grundlegende Umwälzung in Gang gesetzt. Die Wertschöpfungsketten werden digital verknüpft, Maschinen kommunizieren untereinander und Algorithmen ersetzen menschliche Entscheidungen – zumindest teilweise. Diese Entwicklung erfordert ein besonderes Maß an Agilität und schneller Reaktionsfähigkeit (Responsiveness) bei der strategischen und operativen Führung der Geschäfte.
Digitale Disruption verändert Controlling
Die Konsequenzen dieser Umwälzungen für die Unternehmen werden zunehmend als disruptiv und herausfordernd beschrieben, bergen aber auch Chancen zur Weiterentwicklung des Geschäftsmodells. Sie wirken sich, wie im Folgenden gezeigt werden wird, auch auf das Controlling und auf die vom Controller einzunehmende Rolle im Unternehmen aus.