Dr. Mathias Onischka, Kim-Svea Sommer
Eine der zentralen Arbeitshypothesen bei MVV war die Notwendigkeit verschiedenste Fachbereiche und Akteure von Anfang an in die CSRD-Umsetzung einzubinden. Die Annahme, dass es sich hier um ein reines Nachhaltigkeits- bzw. Reporting-Thema handelt und somit nur diese Fachbereiche betroffen sind, wäre problematisch. Vielmehr ist es so, dass die Anforderungen der CSRD fast alle kaufmännischen Einheiten betrifft, aber darüber hinaus auch weitere Facheinheiten. Insofern ist es wichtig, die vorhandenen Ressourcen zu identifizieren und zu wissen, wo das notwendige Know-how liegt. Dabei genügt es nicht, allein die betroffenen Fachbereiche zu identifizieren, sondern möglichst die spezifischen Experten innerhalb der Einheiten. Wichtig ist die Frage, wer die Verantwortung für die verschiedenen Aufgabenbereiche übernimmt, und wer noch beteiligt ist. Dabei hat MVV gemeinsam mit den beteiligten Fachbereichen die Projektvorgehensweise, Aufgaben und Verantwortungen erarbeitet. Somit können alle ihre eigene Perspektive und ihr Know-how einbringen, zudem auch Synergien mit anderen Prozessen und Projekten mitdenken.
Als Startpunkt hilfreich ist die für komplexere Projekte übliche RACI-Matrix, um alle relevanten Stakeholder einzubinden (Abb. 3).
Abb. 3: Das Konzept der RACI-Matrix
Generell ist es ratsam, direkt zu Beginn einer derartigen Projektkonzeption Experten aus den folgenden Themenbereichen miteinzubeziehen:
- Externes Reporting: Die Verantwortlichen für das externe Reporting legen die strukturellen Anforderungen für den zu veröffentlichenden CSRD-Bericht fest. Auch Teile des künftigen ESEF-Tagging könnten in den Zuständigkeitsbereich fallen.
- Finance: Der Finance-Bereich könnte die Definition und Implementierung von quantitativen und qualitativen CSRD-Berichtsprozessen verantworten.
- IT: Die IT sollte die technische Implementierung und Integration der CSRD-Anforderungen in bestehende oder neue IT-Systeme verantworten.
- Kommunikation: Die Kommunikation unterstützt einerseits beim Informationstransfer des Projektfortschritts sowie Einbezug von verschiedenen Stakeholder-Interessen. Andererseits hat die Kommunikation eine Schlüsselrolle für die Steuerung des Change-Prozesses und Realisierung von bereichsübergreifenden Synergien.
- Nachhaltigkeit: Gemeinsam mit dezentralen Experten können die CSRD-Kennzahlen sowie Offenlegungsanforderungen definiert werden. Zudem liegt hier oft die Hauptverantwortung für die sog. "Impact-Wesentlichkeit".
- Risikomanagement: Das Risikomanagement entwickelt die finanzielle Wesentlichkeitsanalyse und integriert die ESG-Risiken und -Chancen in bestehende Risikomanagementprozesse. In einigen Unternehmen werden Impact-Wesentlichkeit und finanzielle Wesentlichkeit auch in einer Einheit integriert umgesetzt.
- Unternehmensentwicklung: Die Unternehmensentwicklung kann maßgeblich die Entwicklung und das Nachhalten von Strategien, Maßnahmen und Zielen im Zusammenhang mit den ESRS-Themen vorantreiben.
Darüber hinaus ist es sinnvoll, für inhaltlichen Fragen zu den ESRS-Themen Fachexperten aus verschiedensten Organisationseinheiten – sowohl aus Querschnittsfunktionen als auch Business Units – einzubinden. Z. Bsp. kann die Personalabteilung als Fachexperte für den "ESRS S1 – Eigene Belegschaft" eine wichtige Rolle spielen. Neben den genannten Bereichen sollten punktuell auch Vertreter aus anderen Bereichen des Unternehmens einbezogen werden.
Im Falle von MVV besteht die Unternehmensgruppe aus viele Einzelgesellschaften bzw. Teilkonzernen, in denen die operativen Geschäftsfelder gebündelt sind. Es hat sich als zielführend erwiesen, dort zentrale CSRD-Ansprechpartner zu benennen (POC – Points of Contact), um gesellschaftsspezifische Aspekte diskutieren zu können. Die Zusammenarbeit mit externen Beratern oder Experten kann zudem hilfreich sein, falls interne Ressourcen nicht verfügbar sind oder das benötigte Know-how nicht schnell genug aufgebaut werden kann.
Darüber hinaus ist zu erwarten, dass sich für CSRD-umsetzende Unternehmen Rollen verändern. Bspw. ist die künftige Rolle der Controller wichtig, da sie oft die Funktion der Datenerfassung und -analyse für die interne und externe Nachhaltigkeitsberichterstattung übernehmen. Daher sollten künftige Controller im Kontext nichtfinanzieller Informationen nicht nur über einschlägiges Finanz- und Controlling-Know-how verfügen, sondern auch über Nachhaltigkeitswissen.
Die erfolgreiche Umsetzung der CSRD erfordert eine sorgfältige Planung, Koordination und Zusammenarbeit aller relevanten Akteure im Unternehmen. Nur so kann eine umfassende und aussagekräftige Nachhaltigkeitsberichterstattung gewährleistet werden.