Prof. Harald Schnell, Prof. Dr. Peter Saile
Hohe Mitarbeiterproduktivität erforderlich
Die Beurteilung, inwieweit sich der Personaleinsatz durch die Einführung von Lean Production Konzepten verbessert, ist traditionell schwierig zu beurteilen. Denn auch wenn der Mensch – trotz Automatisierung – noch immer einer der entscheidenden Erfolgsfaktoren in der Fertigung, hängt seine individuelle Leistungsfähigkeit von externen Faktoren:
- Viele Tätigkeiten in der Fertigung sind anlagengebunden, so dass eine Produktivitätssteigerung manueller Arbeiten vom Produktivitätsfortschritt der Maschinen abhängen.
- Erforderliche Personalanpassungsmaßnahmen sind heute dank Kurzarbeitsregelungen und des Einsatzes von Leiharbeitern leichter geworden; dennoch bestehen zahlreiche Restriktionen (Zustimmung Betriebsrat, Qualifikation der Leiharbeiter) bzgl. der Personaleinsatzplanung.
Dennoch sind Kennzahlen zur Messung der Produktivität des Personaleinsatzes erforderlich. Eine beliebte Größe ist dabei das Verhältnis von "Produktiver Arbeitszeit pro Mitarbeiter". Hierbei werden die innerhalb einer Periode produzierten Erzeugnisse mit ihrer individuellen Fertigungszeit multipliziert und über alle Produkte hinweg aufaddiert. Das sich so ergebende Produktionszeitvolumen wird anschließend ins Verhältnis zur regulären Anwesenheitszeit aller verfügbarer Fertigungsmitarbeiter gesetzt. Dadurch ergibt sich ein Prozentwert, der im Zeitvergleich die Auswirkungen von Verbesserungsmaßnahmen in der Fertigung aufzeigt.
Mitarbeiterproduktivität = |
Summealler Erzeugnisse (Produktionsmengei × manuelle Fertigungszeiti) |
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Anwesenheit aller verfügbarer Mitarbeiter |
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Formel 10: Berechnung der Mitarbeiterproduktivität auf Basis der Produktivzeit (mit i = Erzeugnis)
Produktvarianten pro Mitarbeiter
Mit Blick auf die zunehmende Variantenvielfalt in vielen Unternehmen und dadurch gestiegene Anforderungen an die Unternehmensflexibilität ist es interessant, sich regelmäßig des Verhältnisses zwischen der Anzahl der Produktvarianten und der Anzahl der Mitarbeiter bewusst zu werden. Ob man dabei die Komplexität der einzelnen Produktvarianten durch einen Komplexitätsfaktor mitberücksichtigt ist unternehmensindividuell zu entscheiden. In jedem Fall weist ein Anstieg der Kennzahl auf eine verbesserte Flexibilität hin.
Anzahl Produktvarianten pro Mitarbeiter = |
Summealler Varianten (Produktvariantei × Komplexitätsfaktori) |
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Anzahl Mitarbeiter |
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Formel 11: Berechnung der Anzahl gefertigten Produktvarianten pro Mitarbeiter (mit i = Produktvariante)
Allerdings muss man zugeben, dass sich retrograd aus der Kennzahl nur schwer Optimierungsmaßnahmen ableiten lassen. Dafür sind die Ursache-Wirkungs-Beziehungen zwischen Produktvarianten, Fertigungsprozessen und dem Personaleinsatz zu vielfältig und die hier vorgenommene Betrachtung zu pauschal. Teilweise werden deshalb zur Beurteilung der Variantenflexibilität andere unternehmensbereichsspezifische Messgrößen empfohlen, wie beispielsweise in der Beschaffung die Anzahl aktiver Bauteile und Komponenten, in der Fertigung die Anzahl von Produktvarianten (vgl. EPEI oben) und in der Logistik die Anzahl von Lagerplätzen und Behältern. Hierbei gilt die banale These, dass eine Verringerung der Mengengrößen zu einer Reduktion der Variantenvielfalt im Unternehmen beiträgt, was umgekehrt die Reaktionsfähigkeit des Unternehmens erhöht.