Prof. Dr.-Ing. Rüdiger Fischer
Logistikeffizienz ist nicht einfach zu ermitteln
Der Output der logistischen Prozesse wird als Logistikleistung bezeichnet, im Wesentlichen beinhaltet diese den Lieferservice. Der Input besteht aus den Logistikkosten, im Wesentlichen den Bestandskosten sowie den Prozesskosten. Anders als in der Produktion ist es nicht so einfach, die Effizienz als Verhältnis von Output und Input darzustellen. Es geht in der Praxis darum, ein notwendiges Maß an Logistikleistung zu möglichst niedrigen Logistikkosten zu erreichen.
Die Effizienz der Logistik wird in den jeweiligen Anwendungsbereichen deshalb an den kritischen Erfolgsfaktoren gemessen. Dies sind:
- Zeit,
- Qualität,
- Flexibilität,
- Kosten.
Zeit
Für die Logistikleistung gewinnt der Faktor Zeit immer mehr an Bedeutung. Die kurzfristige Lieferfähigkeit bestellter Ware und die Erreichbarkeit der wichtigsten Märkte innerhalb von 24/48 Stunden sind wichtige Differenzierungsmerkmale im Wettbewerb der Produzenten und Händler eines Landes. Konzepte wie Just in Time oder Efficient Consumer Response (ECR) setzen wesentlich auf den Faktor Zeit.
Die wichtigsten Logistikkosten sind:
- Kapitalbindungskosten für Lagerbestände,
- Personal-, Material- und Energiekosten,
- Abschreibungskosten für eigene Gebäude und Anlagen,
- Miet- und Nutzungskosten für fremde Gebäude und Anlagen.
In Abhängigkeit von den gewählten Beschaffungs-, Lagerhaltungs-, Verpackungs- oder Kooperationsstrategien ergeben sich in einigen Kostenarten stark divergierende Entwicklungen, sodass die Suche nach einer kostenoptimalen Lösung eine in der Praxis häufig zu lösende Aufgabe darstellt. Beispiele hierfür sind die Bestellmengenoptimierung, die Bestandsoptimierung oder die Verpackungsoptimierung.
Die Qualität der logistischen Leistungserstellung kann gemessen werden
- an der termingerechten Verfügbarkeit der bestellten oder gelieferten Güter und
- an dem Servicegrad als Verhältnis befriedigter Anforderungen/Nachfragen zur Gesamtzahl der Anforderungen/Nachfragen.
Flexibilität wird zum Erfolgsfaktor
Zunehmende Bedeutung bekommt die Flexibilität als Erfolgsfaktor. In Bezug auf die Logistik bedeutet dies vor allem:
- die Anpassung an Schwankungen von Angebot und Nachfrage,
- die Anpassung an neue Märkte und neue Lieferanten-Produzenten-Beziehungen,
- die Anpassung an neue Produkte, auch durch die kürzeren Produktlebenszyklen und
- die Anpassung von Arbeitszeiten und Betriebszeiten an schwankende Ressourcenerfordernisse.
Logistik bedeutet Gesamtoptimierung
Diese Faktoren können sich gegenseitig beeinflussen. Beispielsweise bedingt eine Erhöhung des Servicegrads eine Erhöhung des Fertigwarenbestands und damit höhere Logistikkosten. In der logistischen Praxis geht es deshalb häufig um Gesamtoptimierungen; divergierende oder konkurrierende Interessen von Vertrieb und Einkauf oder Vertrieb und Produktion sind zu eliminieren.
Unternehmensübergreifende Lieferketten
Erschwerend kommt noch hinzu, dass heute unternehmensübergreifende Lieferketten (supply chains) vom Vorlieferanten über das eigene Unternehmen bis zum Kunden eher die Regel als die Ausnahme sind. Die schnelle Reaktion auf veränderte Nachfragesituationen – die Flexibilität – ist heute entscheidender als kurzfristige Vorteile aus einer nur finanziell attraktiven Standortwahl oder eine ausschließliche Optimierung hinsichtlich der Lohnkosten.
Die zunehmende strategische Bedeutung der Logistik führt neben dem hohen Kostendruck dazu, dass Logistikcontrolling aktueller denn je ist. Logistikmanager müssen längst nicht mehr nur finanzielle Ergebnisgrößen überprüfen, sondern auch kontinuierlich die relevanten Stellhebel zur Verbesserung von Prozessen identifizieren. Gleichzeitig wird von ihnen erwartet, Chancen und Risiken im Markt frühzeitig zu erkennen und die richtigen Entscheidungen abzuleiten. Hierzu sind Kennzahlen von grundlegender Bedeutung.
Verwendung selektiver Kennzahlen ist sinnvoll
Allerdings geht es nicht darum, irgendetwas zu messen. Kennzahlen und Kennzahlensysteme gibt es genügend. Auch die Einsicht, nicht nur Finanzkennzahlen zu erheben, sondern beispielsweise mit Balanced Scorecards zu arbeiten, ist weit verbreitet. Die Kunst liegt darin, die wirklich relevanten Kenngrößen zu ermitteln und als Steuerungsinstrument einzusetzen. Deshalb werden in der Praxis vielfach selektive Kennzahlen verwendet.
Im Folgenden werden deshalb einige wenige wesentliche Kennzahlen betrachtet und diskutiert (vgl. Abb. 1). Die Systematisierung erfolgt entlang der Logistikkette, also von der Beschaffungslogistik über die Produktionslogistik zur Distributionslogistik. Die Entsorgungslogistik wird nicht betrachtet.
Kennzahlen zur Prozesssteuerung
Neben der Definition der Kennzahlen wird auch und vor allem die Frage beantwortet, wie damit steuernd im Sinne von Leistungserhöhung oder Kostensenkung umgegangen werden kann.
Abb. 1: Ausgewählte Kennzahlen