Kirsten Wüst, Bernd Kuppinger
Über das Jahr gleichmäßiger Bedarf unrealistisch
Die Voraussetzung eines über das ganze Jahr gleichmäßigen Bedarfs ist allerdings unrealistisch. In der Praxis treten oft Schwankungen der Nachfrage, z. B. saisonale Schwankungen etc., auf. Die Nachfrage wird dann auf kleinere Perioden als ein Jahr, z. B. auf Wochen, heruntergerechnet.
Ein Beispiel für Bedarfsgrößen in fünf aufeinanderfolgenden Wochen ist in Tab. 2 gegeben. Im weiteren Verlauf gehen wir bei der Nachfrage von einem zu Beginn der ersten Periode leeren Lager aus; dadurch entfällt die Unterscheidung zwischen Brutto- und Nettobedarf.
Woche |
1 |
2 |
3 |
4 |
5 |
Nachfrage |
40 |
8 |
14 |
12 |
37 |
Tab. 2: Nachfrage nach einem Produkt für fünf aufeinanderfolgende Wochen
Es stellt sich hier die Frage, welcher Produktionsplan aufgestellt werden soll. Soll die Losgröße jeweils so gewählt werden, dass der Bedarf für eine Woche abgedeckt wird oder sollen mehrere Wochenbedarfe zu einem Los zusammen gefasst werden, auch wenn dieses bedeutet, dass fertige Produkte gelagert werden müssen? Die Rüstkosten bleiben bei 100 EUR, die Lagerkosten betragen – bei einem Ansatz von 50 Wochen im Jahr – 1,5 EUR/Woche.
Los-für-Los-Fertigung
Die einfachste Idee besteht darin, den Bedarf in jeder Woche getrennt zu fertigen. "Los für Los". Im Beispiel in Tab. 2 würden also in den einzelnen Wochen 40, 8, 14, 12 und 37 Teile zu einem Los zusammengefasst. Dadurch entstehen in jeder Woche Rüstkosten. Lagerkosten ergeben sich nicht, da davon ausgegangen wird, dass der Bedarf einer Woche direkt nach der Produktion verkauft wird. Die Gesamtkosten belaufen sich so auf 500 EUR. Dieser Wert kann sicherlich noch verbessert werden.
Heuristik nach Andler bei schwankendem Periodenbedarf
Übertragung des klassischen Modells auf schwankenden Bedarf
Man kann natürlich in diesem Fall auch hergehen und einen durchschnittlichen Bedarf pro Woche ausrechnen. Dieser beträgt 22,2 Produkte pro Woche. Setzt man diesen Wert in die Andlersche Losgrößenformel ein, ergibt sich eine optimale Losgröße von 54,4 Teilen und damit eine Rüsthäufigkeit von 54,4 Teile / 22,2 Teile/Woche = 2,45 Wochen. Da auf Wochenbasis geplant wird, muss die Rüsthäufigkeit ganzzahlig sein und wird hier zu "alle zwei Wochen" bestimmt. Es wird dann jeweils so viel produziert, wie in den nächsten zwei Wochen gebraucht wird. Damit ergibt sich der in Tab. 3 dargestellte Verlauf der Bestände sowie der Kosten.
Woche |
1 |
2 |
3 |
4 |
5 |
Nachfrage |
40 |
8 |
14 |
12 |
37 |
Lagerbestand zu Beginn der Woche |
0 |
8 |
0 |
12 |
0 |
Produktion |
48 |
0 |
26 |
0 |
37 |
Lagerbestand am Ende der Woche |
8 |
0 |
12 |
0 |
0 |
Rüstkosten |
100,00 EUR |
0,00 EUR |
100,00 EUR |
0,00 EUR |
100,00 EUR |
Lagerkosten |
12,00 EUR |
0,00 EUR |
18,00 EUR |
0,00 EUR |
0,00 EUR |
Gesamtkosten |
112,00 EUR |
0,00 EUR |
118,00 EUR |
0,00 EUR |
100,00 EUR |
Tab. 3: Losgrößenbestimmung über die Andlersche Losgrößenformel bei schwankenden Bedarfen
Insgesamt betragen die Kosten also 330 EUR. Es ist zu beachten, dass über die Andlersche Losgrößenformel nur die Umrüsthäufigkeit ausgerechnet werden kann. Die Losgröße kann nicht fest vorgegeben werden. Würde man in diesem Beispiel alle zwei Wochen 55 Teile produzieren, würden sich teilweise unnötige Lagermengen ergeben. Schlimmer wäre aber noch eine Situation, in der die Bedarfe von Woche 2 und Woche 5 vertauscht wären, d. h., wenn in der zweiten Woche 37 Teile und in der fünften Woche acht Teile nachgefragt werden. Der durchschnittliche Bedarf wäre dann immer noch 22,2 Teile/Woche. Produzierte man nun nur 55 Teile in der ersten Woche, ergäbe sich in der zweiten Woche ein Fehlbedarf.
Dass die Übertragung der Losgrößenformel von einem gleichmäßigen auf einen schwankenden Bedarf nicht ideal ist, kann man sich vorstellen. Man erkennt dieses auch an der Möglichkeit zur Kostenreduktion mit anderen Verfahren.