Immer noch erhalten die Vertriebsmitarbeiter in den meisten Betrieben Provisionen, wenn sie einen bestimmten Umsatz erzielen. Dabei wird i. d. R. nicht danach gefragt, ob ein Produkt auch einen Beitrag zur Verbesserung des Deckungsbeitrags oder Gewinns des Unternehmens liefert. Häufig wird die Situation noch dadurch verschärft, dass die Vertriebsmitarbeiter ihren Kunden ungeplante Rabatte anbieten, um die Umsatzziele schneller zu erreichen und übertreffen zu können. Dies kann zu einer erheblichen Verschlechterung von Deckungsbeiträgen führen. Im Extremfall kann es auch zur Folge haben, dass die Mitarbeiter Provision für den Verkauf eines Produkts erhalten, das dem Unternehmen einen Verlust einbringt.
Nutzung der Analyseinstrumente
Mithilfe von zwei einfachen betriebswirtschaftlichen Instrumenten lässt sich diese Fehlentwicklung zunächst aufdecken und anschließend beheben. Es handelt sich um die Rabatt-Analyse und die Nutzenprovision. Die Rabatt-Analyse dient zur Aufdeckung der Konsequenzen, wenn ein Mitarbeiter ungeplante und in der Kalkulation nicht berücksichtigte Rabatte gewährt, um den Verkauf anzukurbeln. Sie zeigt auch, wie viele Produkte zusätzlich verkauft werden müssten, um das ursprünglich geplante Deckungsbeitragsvolumen doch noch zu erreichen.
Definition der Steuerungsgrößen
Mit der Nutzen- oder Deckungsbeitragsprovision kann dann die beschriebene Fehlsteuerung aufgehoben und die Ertragslage des Betriebs erheblich verbessert werden. Bei der Nutzenprovision wird nicht der erzielte Umsatz, sondern der mit dem Verkauf eines Produkts erreichte Deckungsbeitrag als Grundlage zur Ermittlung der variablen Vergütung hinzugezogen. Um eine reibungslose Umstellung auf die Nutzenprovision gewährleisten und den Mitarbeitern bei gleichen Verkaufszahlen mindestens die gleichen Verdienstmöglichkeiten wie im System der Umsatzprovision anbieten zu können, ist es erforderlich, auf den Deckungsbeitrag einen höheren Prozentsatz auszuzahlen als auf den Umsatz. Wenn die Mitarbeiter die Chancen erkennen, die sich durch die Umstellung ergeben, werden sie sehr schnell diejenigen Produkte verstärkt verkaufen, die ihnen eine hohe Verdienstmöglichkeit versprechen und dem Unternehmen gleichzeitig eine nachhaltige und dauerhafte Verbesserung der Ertragslage sichern.
Beachtung der Planungsgrößen
Oft kommt es dabei zu einer starken Verschiebung beim Verkauf der Produkte. Was im System der Umsatzprovision bevorzugt verkauft wurde, kann sich im System der Nutzenprovision schon nach kurzer Zeit als Ladenhüter herausstellen, wenn z. B. bei Produkten mit einem hohen Verkaufspreis nur ein geringer Deckungsbeitrag erreicht wird. Um aber umgekehrt zu vermeiden, dass die Beschäftigten nur noch ein oder zwei für sie besonders lukrative Artikel verkaufen und ihre Verkaufsbemühungen bei für sie weniger attraktiven Produkten einstellen, sollten gemeinsam mit den Verantwortlichen in Einkauf und Produktion verbindliche Mindest- bzw. Maximal-Absatzmengen für jeden Artikel festgelegt werden. So können auch Engpässe in anderen Unternehmensbereichen oder Kostensteigerungen, z. B. steigende Einkaufspreise für Rohstoffe oder Vorprodukte aufgrund kurzfristig auftretender Nachfrage, vermieden werden. Dieser Aspekt ist besonders wichtig, wenn das Unternehmen als Vollsortimenter auch ertragsschwächere Erzeugnisse anbieten will. Unter Umständen muss sogar die Planung des Unternehmens noch einmal vollständig überarbeitet werden. Daher erscheint eine Umstellung der Provisionssysteme zum Jahreswechsel günstig, da dann ein Teil der Zusatzarbeiten vermieden werden kann.
Vertrauen der Mitarbeiter gewinnen
Problematisch kann sich bei einer Umstellung zudem die Befürchtung der Mitarbeiter auswirken, dass sie mit der Einführung eines neuen Provisionssystems Gehaltseinbußen hinnehmen müssen. Der Umstellung sollte daher unbedingt eine umfassende Information der Mitarbeiter vorangehen. Außerdem kann es sinnvoll sein, über einen bestimmten Zeitraum, etwa ein Jahr, eine Parallelrechnung der Provisionen vorzunehmen. Im Zweifelsfall erhält ein Mitarbeiter den jeweils höheren Betrag ausgezahlt. Die Praxis zeigt aber, dass eine eventuelle Parallelberechnung bereits nach sehr kurzer Zeit wieder eingestellt werden kann, da mit der Einführung der Nutzenprovision der Verdienst der einzelnen Mitarbeiter – und damit auch das Ergebnis des Betriebs – deutlich ansteigt. Das Besondere dabei ist, dass diese Ergebnissteigerung für alle Beteiligten mittelfristig mit keinem Zusatzaufwand oder anderen Nachteilen verbunden ist. Die Vorteile resultieren allein aus einer Umstellung des Systems.