In vielen Unternehmen der Prozessindustrie finden Mischungsprozesse statt. Dabei geht es in erster Linie darum, auf der Basis verschiedener Ausgangsstoffe ein fertiges Produkt mit der entsprechenden Produktspezifikation herzustellen. Die Produktspezifikation enthält bspw. Vorgaben zu Mindest- oder Maximalgehalten von bestimmten Inhaltsstoffen. Erschwerend kommt hinzu, wenn die Ausgangsstoffe in ihren Eigenschaften und Inhaltsstoffen schwanken und/oder auch die Preise für die Ausgangsstoffe volatil sind.
Die Problemstellung besteht also darin, dass die gegebenen, aber in ihren Eigenschaften und Preisen schwankenden Ausgangsstoffe so zusammengefügt werden, dass die Spezifikationen der zu produzierenden Artikel eingehalten werden. Das führt zwangsläufig zu einem variierenden Einsatz der verschiedenen Ausgangsstoffe und somit zu flexiblen Rezepturen bzw. Stücklisten.
Und schließlich soll die Produktion der Artikel unter minimalen Kosten oder mit dem höchstmöglichen Deckungsbeitrag erfolgen. Es muss also die Produktspezifikation mit dem besten betriebswirtschaftlichen Ergebnis erreicht werden.
3.1 Aufgabenstellung
Die Aufgabenstellung ist fiktiv, aber realistisch und praxisnah: Die Firma Optifood GmbH produziert u. a. eine bedarfsgerechte Mischung ("Compound A100") als B2B-Produkt für die Herstellung von Lebensmitteln für den Endverbraucher. Dieser hat die in Tabelle 1 aufgeführte Spezifikation im Hinblick auf die Trockenmasse sowie der Gehalte an Fett, Protein, Kohlenhydrate, Mineralstoffe sowie der Viskosität (bei der Weiterverwendung des Compounds für die Lebensmittelherstellung). Ebenso sind die verfügbaren Ausgangsstoffe mit ihren Inhaltsstoffgehalten aufgeführt.
Der Compound erzielt einen Erlös von 5.000 pro Einheit und erfordert eine Trockenmasse (TM) von 90 %, einen Fettgehalt von 20, einen Proteingehalt von 35, Kohlenhydrate mit einem Gehalt von 25 sowie einen Mineralstoffgehalt von 10. Zusätzlich muss der Compound für seinen späteren Einsatz zur Herstellung des Endverbraucherproduktes ein Viskositätsmaß von 150 einhalten.
Bei den Ausgangsstoffen sind analog die Einkaufspreise sowie die Gehalte an Trockenmasse sowie der einzelnen Inhaltsstoffe aufgeführt.
Die Aufgabe besteht darin, die Mischungsmenge der einzelnen Ausgangsstoffe mit dem größten Gewinn zu berechnen. Obwohl es sich hier um eine relativ kleine und nicht sehr komplexe Aufgabenstellung handelt, ist diese Aufgabe ohne lineare Optimierung kaum ergebnisoptimal zu lösen.
Produkt/Ausgangsstoffe |
Erlös/Kosten |
TM % |
Fett |
Protein |
Kohlenhydrate |
Mineralstoffe |
Viskosität |
Produkt: |
|
|
|
|
|
|
|
Compound A100 |
5.000 |
90 |
20 |
35 |
25 |
10 |
150 |
Ausgangsstoffe: |
|
|
|
|
|
|
|
Butter |
-5.000 |
84 |
82 |
1 |
1 |
0 |
0 |
Planzenfett |
-3.000 |
90 |
70 |
5 |
0 |
15 |
20 |
Magermilchpulver |
-1.700 |
96 |
0,5 |
38 |
47 |
10,5 |
20 |
Stärkepulver |
-1.500 |
98 |
0 |
0 |
85 |
13 |
250 |
Zucker |
-500 |
98 |
0 |
0 |
98 |
0 |
10 |
Verdickungsmittel1 |
-4.500 |
90 |
0 |
85 |
0 |
5 |
300 |
Verdickungsmittel2 |
-5.000 |
95 |
0 |
90 |
0 |
5 |
320 |
Wasser |
0 |
0 |
0 |
0 |
0 |
0 |
0 |
Tab. 1: Zusammensetzung und Inhaltsstoffe des Compounds sowie der einsetzbaren Ausgangsstoffe
3.2 Darstellung des Problems in Gleichungen und Ungleichungen
Kennzeichnend für das Lösungsverfahren der linearen Optimierung ist, dass die Problemstellung in ein mathematisches Modell mit Gleichungen und Ungleichungen überführt wird. Dieses Gleichungssystem wird dann mit einem LP-Solver gelöst und eine optimale Lösung ermittelt.
Das Erstellen des linearen Gleichungssystems ist der entscheidende und schwierigste Schritt bei Anwendung der linearen Optimierung. Die obige Aufgabenstellung ist durch verschiedene Einschränkungen (Restriktionen) gekennzeichnet. Für jede Restriktion wird eine Gleichung ("ist gleich" einem Wert) oder eine Ungleichung ("ist größer/kleiner" einem Wert) aufgestellt.
Bspw. muss der Compound eine Trockenmasse von 90 haben. Die verschiedenen Ausgangsstoffe liefern Trockenmasse in unterschiedlichen Mengen (vgl. Tabelle 1). Alle Ausgangsstoffe mit ihren berechneten Mengen müssen in der optimalen Lösung genau einen Compound mit einer Trockenmasse von 90 ergeben.
Somit ergibt sich für diese Restriktion folgende Gleichung:
Verbrauch Trockenmasse von 90 % durch die Produktion einer Menge Compound |
= |
"gelieferte" Trockenmasse durch die Mengen der einzelnen Ausgangsstoffe |
oder:
90 TM% * Menge Compound |
= |
84 TM % * Menge Butter + 90 TM% * Menge Pflanzenfett + 96 TM% * Menge Magermilchpulver + 98 TM % * Menge Stärkepulver + 98 TM% * Menge Zucker + 90 TM% * Menge Verdickungsmittel 1 + 95 TM% * Menge Verdickungsmittel 2 + 0 TM% * Menge Wasser |
Umformuliert ergibt sich:
90 TM% * Menge Compound – 84 TM % * Menge Butter – 90 TM% * Menge Pflanzenfett – 96 TM% * Menge Magermilchpulver – 98 TM % * Menge Stärkepulver – 98 TM% * Menge Zucker – 90 TM% * Menge Verdickungsmittel 1 – 95 TM% * Menge Verdickungsmittel 2 – 0 TM% * Menge Wasser |
= |
0 |
Die Restriktion für das Einhalten der Trockenmasse wurde somit in eine Gleichung überführt mit dem Wert 0 auf der rechten Gleichungsseite. Der Compound bzw. die Menge des Compounds und die Mengen der verschiedenen Ausgangsstoffe sind die Variablen des Optimierungsmodells, da ihre (optimalen...