Dr. Stefan Bischof, Dipl.-Oec. Klaus Wendlandt
Tz. 195
Stand: EL 43 – ET: 03/2021
Nach IAS 1.125 hat ein Unternehmen Angaben zu den wichtigsten zukunftsbezogenen Annahmen und über sonstige am Abschlussstichtag wesentliche Quellen von Schätzungsunsicherheiten zu machen, die ein erhebliches Risiko in sich bergen, wesentliche Anpassungen von Buchwerten von ausgewiesenen Vermögenswerten und Schulden innerhalb des nächsten Geschäftsjahres nach sich zu ziehen. Zu derartigen Vermögenswerten und Schulden sind im Anhang zwei Angaben zu machen:
- die Art der Vermögenswerte und Schulden und
- ihre Buchwerte am Abschlussstichtag.
Tz. 196
Stand: EL 43 – ET: 03/2021
Hierzu erläutert IAS 1.126, dass bei der Bestimmung der Buchwerte bestimmter Vermögenswerte und Schulden eine Schätzung der Auswirkung ungewisser zukünftiger Ereignisse erforderlich ist. Als Beispiele werden folgende Sachverhalte angeführt, die Bewertungen nach sich ziehen, bei denen zukunftsorientierte Annahmen erforderlich sind, wenn aktuelle Marktpreise nicht vorhanden sind:
- erzielbarer Betrag bestimmter Gruppen von Sachanlagen;
- Folgen technischer Veralterung bei Vorräten;
- Rückstellungen, deren Höhe von den Ergebnissen von Gerichtsverfahren abhängen;
- Bewertung von Verpflichtungen gegenüber Arbeitnehmern, wie zB Pensionsrückstellungen.
Diese Schätzungen beziehen Annahmen über Risikoanpassungen von Cashflows, Abzinsungssätzen, Inflationssätzen, Preisannahmen über Verkaufspreise von Vorräten, zukünftige Gehaltssteigerungen etc. mit ein.
Tz. 197
Stand: EL 43 – ET: 03/2021
Indes ist nicht jede Art von Schätzungsunsicherheit anzugeben. Wie IAS 1.127 ausführt, handelt es sich bei den nach IAS 1.125 angabepflichtigen zukunftsbezogenen Annahmen bzw. Schätzungsunsicherheiten um solche Schätzungen, die "besonders schwierige, subjektive oder komplizierte Ermessensentscheidungen des Managements erfordern". Je größer die Zahl der Variablen bzw. Annahmen ist, die in die Beurteilung eingehen, desto höher sind der Grad der Subjektivität und die Schwierigkeit der Ermessensausübung. Dies führt zu einer erhöhten Wahrscheinlichkeit von Anpassungen der unter Berücksichtigung von zukunftsbezogenen Annahmen bestimmten Buchwerte.
Zudem ist eine Angabe nur dann erforderlich und geboten, wenn ein erhebliches Risiko von wesentlichen Anpassungen im nächsten Geschäftsjahr besteht. Beispielsweise stellt die Schätzung der Nutzungsdauer von Sachanlagen unzweifelhaft eine Annahme dar. Soweit jedoch kein erhebliches Risiko besteht, dass innerhalb des nächsten Geschäftsjahrs im Zusammenhang mit dieser Annahme eine wesentliche Anpassung des Buchwerts der Sachanlagen erforderlich ist, ist diese Art der Schätzungsunsicherheit nicht anzugeben (vgl. auch Bischof/Staß, DB 2013, S. 2757). IAS 1.125 fordert eine Angabe nur, soweit es um wesentliche Anpassungen geht. UE ist Bezugspunkt für die Frage, ob eine Anpassung wesentlich ist, nicht nur auf den betroffenen Vermögenswert bzw. die betroffene Schuld abzustellen, sondern auch auf die Bedeutung der Anpassung für den Abschluss. So mag eine Schätzung für einen betroffenen Posten wesentlich sein, ist der Posten indes für den Abschluss unwesentlich, so erübrigt sich eine Angabe.
Die Erfüllung der Anforderungen von IAS 1.125ff. erfordert ein hohes Maß an subjektiver Einschätzung bezüglich des Umfangs und des Detaillierungsgrads der erforderlichen Angaben. UE sollten, je höher die Risiken einer wesentlichen Anpassung der Buchwerte sind, Umfang und Detaillierungsgrad der Angaben steigen. In diesem Sinne sollten nach Auffassung der ESMA bspw. beim Goodwill Impairment-Test, wenn der Headroom gering ist, mehr detaillierte Informationen zu den getroffenen Annahmen, und entsprechende Sensitivitäten angegeben werden (vgl. ESMA, 2014, S. 3).
Auch der IASB scheint sich dieser hohen Anforderungen bewusst zu sein. Deshalb begrenzt der Standard die Angaben auf solche, die ein beträchtliches Risiko in sich tragen, wesentliche Anpassungen von Buchwerten von Vermögenswerten und Schulden im nächsten Geschäftsjahr nach sich zu ziehen. Je länger nämlich der Zeitraum wäre, für den die Angaben zu machen wären, umso mehr Sachverhalte würden unter die Angabepflicht fallen und umso weniger spezifisch würden die Angaben ausfallen, die zu bestimmten Vermögenswerten und Schulden gemacht werden könnten. Entsprechend würde ein längerer Zeitraum das Risiko in sich bergen, dass relevante Informationen mit anderen Informationen vermischt werden würden (IAS 1.BC84).
Tz. 198
Stand: EL 43 – ET: 03/2021
Eine Besonderheit stellt die in IAS 1.128 beschriebene Konstellation dar: Wird ein Buchwert eines Vermögenswerts oder einer Verbindlichkeit auf der Basis von am Abschlussstichtag festgestellten Marktpreisen (bzw. von Börsenpreisen auf einem aktiven Markt für einen identischen Vermögenswert oder eine Verbindlichkeit) bewertet, so fällt dieser Sachverhalt nicht unter die Angabepflicht von IAS 1.125, selbst wenn ein beträchtliches Risiko von erheblichen Anpassungen im nächsten Geschäftsjahr bestehen sollte. Der Grund dafür ist, dass diese Änderungen von ...