Prof. Dr. Sven Hayn, Dr. Thomas Ströher
Tz. 1
Stand: EL 32 – ET: 5/2017
Die Bilanzierung von Unternehmenszusammenschlüssen (business combinations) stellt seit jeher einen besonderen Fokus der internationalen Standardsetzer dar. Vor allem die zunehmende Zahl von Unternehmenszusammenschlüssen in den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts hat die Diskussion stark belebt. Im Dezember 1998 hat das IASC, die Vorgängerorganisation des IASB, ein Diskussionspapier der Arbeitsgruppe "Group of Four plus One of Accounting Standard Setters" (G4+1) mit dem Titel "Recommendations for Achieving Convergence on the Methods of Accounting for Business Combinations" veröffentlicht. Neben den Vertretern der Standardsetzer der USA, Großbritanniens, Kanadas und Australiens/Neuseelands hat auch das IASC als Beobachter an dieser Arbeitsgruppe teilgenommen. Ziel der Untersuchung war es, zu klären, ob die Vergleichbarkeit verbessert werden kann, wenn für alle Formen von Unternehmenszusammenschlüssen eine einheitliche Methode der Kapitalkonsolidierung angewendet wird. Neben der Erwerbsmethode (purchase method) und der Interessenzusammenführungsmethode (pooling-of-interests-method) wurde auch die Neugründungsmethode (fresh-start-method) zur Bilanzierung von Unternehmenszusammenschlüssen diskutiert. Die G4+1 kommt in dem Diskussionspapier zu dem Ergebnis, dass künftig nur noch die Erwerbsmethode als einzige Methode der Bilanzierung von Unternehmenszusammenschlüssen zulässig sein soll. Ferner empfahl sie ihren Mitgliedern, die Ergebnisse des erarbeiteten Papiers bei der künftigen Entwicklung von Rechnungslegungsstandards zu berücksichtigen (vgl. IASC (Hrsg.), G4+1 Position Paper Recommendations for Achieving Convergence on the Methods of Accounting for Business Combinations).
Tz. 2
Stand: EL 32 – ET: 5/2017
Als erstes Mitglied der G4+1 veröffentlichte der FASB im Jahr 2001 mit SFAS No. 141 Business Combinations und SFAS No. 142 Goodwill and other intangible assets zwei neue Standards zur Bilanzierung von Unternehmenszusammenschlüssen (vgl. nunmehr FASB Accounting Standards Codification (ASC) 350 Intangibles – Goodwill and Other sowie ASC 805 Business Combinations). Diese beiden Standards änderten die Bilanzierung von Unternehmenszusammenschlüssen in den USA grundlegend. Den Vorschlägen des Diskussionspapiers der G4+1 folgend, wurde die Interessenzusammenführungsmethode zur Bilanzierung von Unternehmenszusammenschlüssen abgeschafft und die Erwerbsmethode zwingend vorgeschrieben. Zudem wurde die planmäßige Abschreibung des Goodwills aufgehoben und durch einen jährlichen Wertminderungstest ersetzt.
Tz. 3
Stand: EL 32 – ET: 5/2017
Auch der IASB initiierte als Folge des Diskussionspapiers der G4+1 und der Bemühungen des FASB im Juli 2001 ein Projekt zur Neuregelung der Bilanzierung von Unternehmenszusammenschlüssen. Ziel des Projekts Business Combinations war es, die Qualität der Bilanzierung von Unternehmenszusammenschlüssen im Vergleich zu den Regelungen des IAS 22 zu verbessern und eine Angleichung an die neuen US-amerikanischen Regelungen zu erreichen (vgl. IASB (Hrsg.), Project Summary – Business Combinations Phase I, S. 1; vgl. auch IFRS 3.IN2–6). Das Projekt wurde in zwei Phasen aufgeteilt. Das Ergebnis der ersten Phase wurde am 31. März 2004 als IFRS 3 Business Combinations veröffentlicht. IFRS 3 (2004) ersetzte IAS 22 (rev. 1998) als Standard für die Bilanzierung von Unternehmenszusammenschlüssen sowie die Interpretationen SIC-9 Business Combinations – Classification either as Acquisitions or Unitings of Interests, SIC-22 Business Combinations – Subsequent Adjustment of Fair Values and Goodwill Initially Reported und SIC-28 Business Combinations – "Date of Exchange" and Fair Value of Equity Instruments (IFRS 3.86 f. (2004)). Aufgrund der zahlreichen Veränderungen bei der Bilanzierung von Unternehmenszusammenschlüssen, die mit IFRS 3 (2004) verabschiedet worden sind, hat der IASB ebenfalls IAS 36 Impairment of Assets und IAS 38 Intangible Assets grundlegend überarbeitet und an die neuen Regelungen in IFRS 3 angepasst (IAS 36 (rev. 2004) bzw. IAS 38 (rev. 2004)).
Tz. 4
Stand: EL 32 – ET: 5/2017
Mit der Veröffentlichung von IFRS 3 (2004) wurde die Interessenzusammenführungsmethode (pooling of interests method) auch nach IFRS abgeschafft und die Ansatz- und Bewertungsvorschriften für die Vermögenswerte (vgl. Tz. 150 ff.) sowie die Folgebilanzierung des Goodwills (vgl. Tz. 309 ff.) grundlegend geändert. Ziel des IASB war es zudem, einen prinzipienorientierten Standard zu formulieren. IFRS 3 (2004) ist zwar wesentlich kürzer als IAS 22 (87 statt 103 Textziffern), umfasst allerdings drei Anhänge (appendices), sehr umfangreiche Erläuterungen (basis for conclusions) und Beispiele (illustrative examples).
Tz. 5
Stand: EL 32 – ET: 5/2017
Nachdem der IASB bereits im Juni 2005 drei Entwürfe mit Änderungsvorschlägen zu IFRS 3, IAS 27 und IAS 31 veröffentlicht hat, wurden die Neufassungen von IFRS 3 (rev. 2008) und IAS 27 (amend 2008) erst nach Abschluss einer Phase intensiver Diskussionen am ...