Dr. Stefan Bischof, Dipl.-Oec. Klaus Wendlandt
Tz. 6
Stand: EL 43 – ET: 03/2021
IAS 1 ist bei der Aufstellung und Darstellung aller allgemeinen Abschlüsse (general purpose financial statements) anzuwenden, die in Übereinstimmung mit den IFRS erstellt werden (IAS 1.2), dies gilt unabhängig davon, ob der betreffende Abschluss separat oder zB als Teil eines Geschäftsberichts oder Emissionsprospekts veröffentlicht wird. Allgemeine Abschlüsse zielen darauf ab, die Bedürfnisse von Nutzern zu erfüllen, die nicht in der Lage sind, vom betreffenden Unternehmen für ihre besonderen Zwecke aufbereitete Unterlagen zur Verfügung gestellt zu bekommen (IAS 1.7).
IAS 1 bezieht sich gleichermaßen auf die Erstellung eines Einzel- und Konzernabschlusses (IAS 1.4). Obgleich die IFRS insbesondere auf den Konzernabschluss ausgerichtet sind, schließen sie die Erstellung von IFRS-Einzelabschlüssen nicht aus, bspw. bei Unternehmen ohne (konsolidierungspflichtige) Tochterunternehmen oder bei gesetzlich vorgeschriebenen oder freiwillig erstellten Einzelabschlüssen (vgl. bspw. IAS 27.2, IAS 28.44 und IFRS 11.26f.). IAS 1 ist des Weiteren vollumfänglich nur auf vollständige Abschlüsse, nicht aber auf die Form und den Inhalt von verkürzten Zwischenberichten anzuwenden (IAS 1.4). Letztere sind in IAS 34 "Zwischenberichterstattung" geregelt. Für solche Zwischenberichte gelten lediglich IAS 1.15–35, die die grundlegenden Anforderungen an Abschlüsse normieren. Soweit ein Unternehmen allerdings einen vollständigen Zwischenabschluss veröffentlicht, ist IAS 1 hinsichtlich Form und Inhalt der Abschlussbestandteile zu beachten (IAS 34.9).
Tz. 7
Stand: EL 43 – ET: 03/2021
Die IFRS sind grundsätzlich rechtsform-, größen- und branchenunabhängig angelegt. Die Standards sind auf die Abschlüsse aller privaten und öffentlichen Handels-, Industrie- und Dienstleistungsunternehmen anzuwenden. Diesem Grundsatz folgend gilt IAS 1 für alle erwerbswirtschaftlichen Unternehmen, inkl. im öffentlichen Bereich tätige Unternehmen (IAS 1.5), und damit etwa auch für Banken und Versicherungen. Abweichend von diesem Grundsatz bestehen derzeit branchen- bzw. aktivitätsspezifische Standards für die Landwirtschaft (IAS 41), Versicherungsverträge (IFRS 4 bzw. zukünftig IFRS 17), Bergbau-, Öl- und Gasindustrie (IFRS 6) sowie für Unternehmen, die einer Preisregulierung unterliegen, bezüglich regulatorischer Abgrenzungsposten (IFRS 14, der indes nicht von der EU in europäisches Recht übernommen wurde; vgl. IFRS-Komm., Teil B, IFRS 14, Tz. 35).
Tz. 8
Stand: EL 43 – ET: 03/2021
Differenzierungen bei den Darstellungsvorschriften bestehen auch für kapitalmarktorientierte Unternehmen. So sind IFRS 8 "Segmentberichterstattung" (als Bestandteil des Anhangs) und IAS 33 "Ergebnis je Aktie" (als Bestandteil der Darstellung von Gewinn oder Verlust und sonstigem Ergebnis (Gesamtergebnisrechnung)) nach IFRS 8.2 nur für kapitalmarktorientierte bzw. IAS 33.2 nur von börsennotierten Unternehmen anzuwenden (vgl. IFRS-Komm., Teil B, IFRS 8, Tz. 21ff. und IFRS-Komm., Teil B, IAS 33, Tz. 4). Ebenso zielt IAS 34 "Zwischenberichterstattung" auf kapitalmarktorientierte Unternehmen ab (vgl. IFRS-Komm., Teil B, IAS 34, Tz. 3ff.).
Tz. 9
Stand: EL 43 – ET: 03/2021
Darüber hinaus ergeben sich bei der Umsetzung der Darstellungsvorschriften (einschließlich Anhangangaben) aus der Natur der Sache rechtsformspezifische Unterschiede. Beispielsweise sind bei Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften oder Genossenschaften die gesellschaftsrechtlichen Grundlagen zum Kapital verschieden. Entsprechend unterscheiden sich die Angaben zum Eigenkapital bei Kapitalgesellschaften von denen von Personengesellschaften oder Genossenschaften, soweit bei diesen die Eigenkapitaldefinition von IAS 32 erfüllt ist. Bei Unternehmen, die kein Eigenkapital iSv. IAS 32 haben, bzw. deren gesellschaftsrechtliches Kapital nicht die Eigenkapitaldefinition von IAS 32 erfüllt (bestimmte Investmentfonds, Personengesellschaften oder Genossenschaften), ist – soweit erforderlich – die Darstellung der Anteile der Mitglieder bzw. Anteilseigner im Abschluss anzupassen (IAS 1.6; zu Darstellungsbeispielen zu Bilanz und GuV siehe die illustrierenden Beispiele Nr. 7 und 8 zu IAS 32). Schließlich sehen die IFRS keine größenabhängigen Erleichterungen vor. Indes können bestimmte Unternehmen den Standard für kleine und mittelgroße Unternehmen anwenden (KMU; vgl. IFRS-Komm., Teil A, Kap. V, Tz. 18ff.).
Tz. 10
Stand: EL 43 – ET: 03/2021
Wird IAS 1 von Unternehmen angewendet, deren Unternehmensaktivitäten nicht erwerbswirtschaftlich ausgerichtet sind (zB Non-profit-Unternehmen wie Vereine, Stiftungen oder karitative Einrichtungen sowie öffentliche Haushalte), ist deren Besonderheiten ggf. durch die Wahl geeigneter Bezeichnungen für bestimmte Posten der Abschlussbestandteile bzw. für die Abschlussbestandteile selbst Rechnung zu tragen (IAS 1.5). Für den öffentlichen Sektor hat das International Public Sector Accounting Standards Board (IPSASB) Rechnungslegungsgrundsätze, die International Public Sector Acc...