Leitsatz
1. § 116 Abs. 3 S. 3 FGO stellt Anforderungen an die Klarheit, Verständlichkeit und Überschaubarkeit des Beschwerdevorbringens.
2. Eine mehrere hundert Seiten umfassende Beschwerdebegründung, die zugleich weitere Nichtzulassungsbeschwerden gegen andere Urteile des gleichen FG betrifft und die in großem Umfang Kopien von Schriftstücken enthält, entspricht den Anforderungen nicht, wenn die Ausführungen die das konkret zu entscheidende Verfahren betreffenden Verfahrensrügen nicht hinreichend klar, geordnet und verständlich abgrenzen. Es ist nicht Aufgabe des Beschwerdegerichts, sich aus einer derartigen Beschwerdebegründung das herauszusuchen, was möglicherweise zur Darlegung eines Zulassungsgrunds i.S.d. § 116 Abs. 3 S. 3 FGO geeignet sein könnte.
Normenkette
§ 115 Abs. 2, § 116 Abs. 3 S. 3 FGO
Sachverhalt
Der Kläger hatte gegen das klageabweisende Urteil durch seinen Prozessbevollmächtigten Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Ein Teil der Beschwerdebegründung, die aus zwei umfangreichen, zusammen mehrere hundert Seiten umfassenden Schriftsätzen bestand, betraf neben diesem Verfahren noch sieben weitere Nichtzulassungsbeschwerden gegen andere Urteile des gleichen FG. Eine "ergänzende" Beschwerdebegründung war zwar formell auf das vorliegende Verfahren bezogen, enthielt jedoch ebenfalls Vortrag und Materialien, die die anderen Verfahren und in der Vorinstanz nicht streitgegenständliche Jahre betrafen. Ferner wurden jeweils in großem Umfang Schriftsätze und Aktenstücke aus unterschiedlichen finanzgerichtlichen Verfahren in den Text der Beschwerdebegründung hineinkopiert.
Entscheidung
Der BFH verwarf die Beschwerde als unzulässig. Er sei aus den in den Praxis-Hinweisen dargelegten Gründen nicht gehalten, das oben bezeichnete Vorbringen näher daraufhin zu untersuchen, ob es möglicherweise hier oder dort auch Hinweise enthalte, die – auch bei wohlwollender Auslegung – revisionsrechtlich für das konkret zu entscheidende Verfahren von Belang sein könnten. Der Entlastungszweck des § 116 Abs. 3 S. 3 FGO werde verfehlt, wenn die Beschwerdebegründung – wie hier – ein Konglomerat von Verfahren und auch Streitjahren betreffe. Auch die das konkret zu entscheidende Verfahren betreffenden Verfahrensrügen seien nicht hinreichend klar, geordnet und verständlich abgegrenzt und substanziiert. Auch lasse das extensive Einkopieren von Schriftstücken eine ausreichende Durchdringung und Aufbereitung des Streitstoffs durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers vermissen.
Hinweis
1. Die große Zahl unzulässiger Nichtzulassungsbeschwerden hat den BFH veranlasst, nochmals eine einschlägige Entscheidung zu veröffentlichen. Bereits in der Besprechung zum BFH-Beschluss vom 13.04.2005, VI B 193/04, BFH-PR 2005, 273 wurde eingehend dargelegt, was ein Berater beachten muss, um mit einer Beschwerde zum Erfolg zu kommen. Auf diese Entscheidungsbesprechung (mit Ausführungen u.a. zum Zweck und zu den Mindestanforderungen der Beschwerde) wird ausdrücklich hingewiesen.
2. Nach § 115 Abs. 2 FGO darf eine Revision nur zugelassen werden, a) wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, b) die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert oder c) ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 S. 3 FGO). Dies erfordert hinsichtlich der Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 FGO, dass der Beschwerdeführer substanziierte und konkrete Angaben darüber macht, weshalb eine Entscheidung des BFH über eine bestimmte vom Beschwerdeführer herauszuarbeitende Rechtsfrage aus Gründen der Rechtsklarheit, der Rechtsfortbildung oder der Einheitlichkeit der Rechtsprechung im allgemeinen Interesse liegt.
Bei dem Zulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO (Verfahrensmangel) ist weitergehend eine konkrete und schlüssige Bezeichnung der Tatsachen zu fordern, die den behaupteten Verfahrensfehler ergeben (vgl. auch § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b FGO).
3. Die Vorschrift des § 116 Abs. 3 S. 3 FGO stellt hinsichtlich aller Revisionszulassungsgründe gewisse Anforderungen an die Klarheit, Verständlichkeit und Überschaubarkeit des Beschwerdevorbringens. Die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde muss hiernach eine an den gesetzlichen Zulassungsgründen orientierte Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs erkennen lassen sowie ein Mindestmaß an Klarheit, Geordnetheit und Verständlichkeit des Vortrags aufweisen (siehe auch BFH, Beschluss vom 13.04.2008, VI B 193/04, BFH-PR 2005, 273).
4. Welche Anforderungen im Einzelnen an die Darlegung zu stellen sind, ist nach den jeweiligen Umständen zu beurteilen. Eine umfangreiche Beschwerdebegründung entspricht jedenfalls dann nicht den formellen Erfordernissen, wenn die Ausführungen zu den Zulassungsgründen in unübersichtlicher, ungegliederter, unklarer, kaum auflösbarer Weise mit Einlassungen zu ir...