Leitsatz
Die Auseinandersetzung einer stillen Gesellschaft und das damit verbundene Ausscheiden des stillen Gesellschafters ist keine Veräußerung der Beteiligung und auch nicht mit ihr vergleichbar. Selbst bei entgeltlicher Anschaffung dieser Beteiligung innerhalb der Spekulationsfrist kann deshalb kein steuerpflichtiger Spekulationsgewinn entstehen.
Sachverhalt
Der Kläger hatte im Jahr 1994 eine stille Beteiligung an einer GmbH (nominal 500.000 DM) für 80.000 DM erworben. Die niedrige Kaufpreisfestsetzung wurde mit akutem Liquiditätsbedarf des Veräußerers begründet. Zum 31.12.2004 setzte sich die stille Gesellschafter auf Grund einer Kündigung des Klägers, die dieser unmittelbar nach dem Erwerb der Beteiligung ausgesprochen hatte, auseinander. Dem Kläger wurde ein Auseinandersetzungsguthaben i.H.d. Nominalbetrags der Beteiligung gutgeschrieben.
Entscheidung
Das FG entschied, dass der beim Kläger eingetretene Vermögenszuwachs keinen der Einkünftetatbestände des § 2 Abs. 1 EStG erfüllt und deshalb nicht der Einkommensteuer unterliegt. Bei der Kündigung und Auseinandersetzung einer stillen Gesellschaft handele es sich insbesondere nicht um ein Veräußerungsgeschäft i.S.d. § 23 EStG, weil es an dem Merkmal der Veräußerung fehle.
Ein Veräußerungsgeschäft in diesem Sinne sei ein Rechtsgeschäft, das auf die entgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts auf eine andere Person gerichtet ist. Der wirtschaftliche Gehalt der Kündigung, Auflösung und Auseinandersetzung der stillen Gesellschaft liege dagegen in dem Verbrauch der Wirtschaftsgüter "Gesellschaftsanteil" und "Forderungsrecht auf Auseinandersetzungsguthaben" des Stillen. Zwar sei der in § 23 EStG verwendete Begriff der Veräußerung kein eindeutiger und damit ein auslegungsfähiger und auslegungsbedürftiger Begriff. Das bedeute aber nicht, dass die Auseinandersetzung einer stillen Gesellschaft unter diesen Begriff subsumiert werden kann. Hierzu fehle es an dem zentralen und allseits konsentierten Mindestmerkmal der Veräußerung - der Übertragung eines Wirtschaftsguts.
Dies mache der Gesetzgeber auch dadurch deutlich, dass er Sachverhalte, die keine Veräußerungen in diesem Sinne darstellen und die nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt Veräußerungsvorgängen vergleichbar sein sollen, im Wege ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung in den jeweiligen Anwendungsbereich einer Norm aufnehme (z.B. § 17 Abs. 4 EStG). Im Umkehrschluss bedeute dies, dass, soweit das Gesetz nur von einer Veräußerung spricht, auch nur Sachverhalte der Übertragung eines Wirtschaftsguts auf einen anderen gemeint sein können.
Hinweis
Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt (Az. des BFH: IX R 7/04). Die Revision des Finanzamts erscheint angesichts des zu entscheidenden Sachverhalts verständlich. An der Begründung durch das FG zu der entschiedenen Rechtsfrage dürfte kaum etwas auszusetzen sein. Sollte die Finanzverwaltung in vergleichbaren Fällen, wozu sicher auch die Einziehung einer Forderung gehört, einen privaten Veräußerungsgewinn besteuern, sollte in Hinblick auf das anhängige Revisionsverfahren Einspruch eingelegt und das Ruhen des Verfahrens beantragt werden.
Link zur Entscheidung
FG Hamburg, Urteil vom 20.01.2004, III 362/01