Leitsatz
Es ist nicht verfassungswidrig, dass bei einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer ab dem Veranlagungszeitraum 2005 die Arbeitgeberbeiträge bei der Höchstbetragsberechnung der als Sonderausgaben abziehbaren Vorsorgeaufwendungen einbezogen werden; die Einbeziehung stellt auch keine nachträgliche Besteuerung dieser nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei zu belassenden Beträge dar
Sachverhalt
Die Kläger machen im Klageverfahren geltend, dass die beschränkte Abziehbarkeit der Vorsorgeaufwendungen gemäß § 10 Abs. 3 und 4 EStG in der für das Streitjahr 2005 geltenden Fassung nicht verfassungsgemäß sei. Der Gesetzgeber habe die Vorgaben des BVerfG ignoriert. Insbesondere die Einbeziehung der Arbeitgeberanteile zu den Vorsorgeaufwendungen stelle eine nachträgliche Besteuerung der nicht steuerbaren Arbeitgeberanteile dar. Die Leistungen des Arbeitgebers an einen Träger der Sozialversicherung seien keine Gegenleistung für die Arbeitsleistung, sondern aufgrund gesetzlicher Verpflichtung zu erbringen. Nach Ansicht der Kläger stehen ihnen daher insgesamt 60 % der Arbeitnehmeranteile der Altersvorsorgeaufwendungen (2.049 EUR) sowie übrige Vorsorgeaufwendungen in voller Höhe (3.033 EUR) zu.
Entscheidung
Nach Auffassung des FG ist der angefochtene Einkommensteuerbescheid rechtmäßig. Unter Anwendung der in § 10 Abs. 1 Nr. 2 a EStG i.d.F. des AltEinkG erfolgten Neuregelung hat das Finanzamt zu Recht die Arbeitgeberanteile den Vorsorgeaufwendungen zugerechnet. Den Klägern ist zwar zuzugeben, dass der Arbeitgeber mit seinen Leistungen an einen Träger der Sozialversicherung keine Gegenleistung für die Arbeitsleistung und damit keinen Arbeitslohn erbringt und daher § 3 Nr. 62 EStG allenfalls deklaratorische Bedeutung zukommt (siehe hierzu: BSG, Urteil v. 29.6.2000, B 4 RA 57/98 R, BSGE 86 S. 262 und BFH, Urteil v. 6.6.2002, VI R 178/97, BStBl 2003 II S. 34). Die Kläger übersehen aber nach Auffassung des FG, dass nach der Rechtsprechung des BVerfG in Gestalt des Arbeitgeberanteils ein Beitrag zum Erwerb von Vorsorgeanwartschaften vorliegt, der unmittelbar wirtschaftliches Ergebnis der Arbeitsleistung ist (BVerfG, Urteil v. 6.3.2002, 2 BvL 17/99, BStBl 2002 II S. 618, unter C.V.1.b). Zudem stellt die Einbeziehung der Arbeitgeberanteile zu den Vorsorgeaufwendungen auch keine nachträgliche Besteuerung dieser nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei zu belassenden Beträge dar. Denn als Sonderausgabe abzugsfähig ist nach dem Wortlaut des Gesetzes lediglich der Teil der Vorsorgeaufwendungen, die der Arbeitnehmer tatsächlich, und zwar aus seinem versteuerten Einkommen getragen hat und die der Gesetzgeber in § 10 Abs. 1 Nr. 2 a EStG als "Beiträge" deklariert hat. Die Hinzurechnung des nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfreien Arbeitgeberanteils sowie die Kürzung um diesen Betrag gemäß § 10 Abs. 3 Satz 5 EStG erfüllt daher lediglich eine rechnerische Funktion. Ebenso gut hätte der Gesetzgeber den gesetzlichen Tatbestand auch in der Weise formulieren können, dass 20 % des Arbeitnehmeranteils zur gesetzlichen Rentenversicherung als Sonderausgaben Berücksichtigung finden und im Übrigen 60 % der Altersvorsorgeaufwendungen, die der Steuerpflichtige zusätzlich aus versteuertem Einkommen aufwendet.
Hinweis
In dem anhängigen Revisionsverfahren (X R 45/07) hat der BFH die Frage zu klären, ob der Gesetzgeber die Vorgaben des BVerfG (Urteil v. 6.3.2002, 2 BvL 17/99) durch das AltEinkG
erfüllt hat. Da die Einkommensteuerbescheide zurzeit wegen der beschränkten Abziehbarkeit der Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 3, 4 und 4a EStG) für Veranlagungszeiträume ab 2005 gem. § 165 Abs. 1 Satz 2 AO vorläufig ergehen, ist ein Einspruch insoweit nicht erforderlich.
Link zur Entscheidung
FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.11.2007, 1 K 1665/06