Leitsatz
1. Der für die Bemessung der Steuerfreiheit von Zuschlägen zur Sonntags‐, Feiertags- oder Nachtarbeit maßgebende Grundlohn ist der laufende Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum arbeitsvertraglich zusteht.
2. Ob und in welchem Umfang der Grundlohn dem Arbeitnehmer tatsächlich zufließt, ist für die Bemessung der Steuerfreiheit der Zuschläge daher ohne Belang.
Normenkette
§ 3b EStG
Sachverhalt
Die Klägerin gewährte ihren Arbeitnehmern im Streitzeitraum (2012 bis 2015) steuerfreie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit. Bei der Berechnung des für die Bemessung der steuerfreien Zuschläge maßgeblichen Grundlohns bezog sie von ihr – aufgrund einer Gehaltsumwandlung – entrichtete Beiträge an eine zugunsten der Arbeitnehmer eingerichtete Unterstützungskasse ein. Weder die erteilte Leistungszusage der Klägerin auf Alters- und Hinterbliebenenversorgung noch der Leistungsplan der Unterstützungskasse vermittelten den versorgungsberechtigten Arbeitnehmern einen eigenen Leistungsanspruch gegenüber der Unterstützungskasse.
Das FA vertrat im Anschluss an eine bei der Klägerin durchgeführte LSt-Außenprüfung die Auffassung, dass die Beiträge der Klägerin an die Unterstützungskasse nicht zum Grundlohn nach § 3b Abs. 2 EStG gehörten. Grundlohn sei danach der laufende Arbeitslohn. Hierunter sei nicht das arbeitsvertraglich geschuldete, sondern das tatsächlich zugeflossene Arbeitsentgelt zu verstehen. Beiträge des Arbeitgebers an eine Unterstützungskasse, die – wie vorliegend – den Arbeitnehmern keinen eigenen Rechtsanspruch auf Versorgung gegen die Versorgungseinrichtung begründeten, stellten mangels Zufluss keinen laufenden Arbeitslohn dar und gehörten folglich nicht zum Grundlohn. Daher seien die von der Klägerin als steuerfreie Zuschläge behandelten Beträge entsprechend zu vermindern. Demgemäß erließ das FA einen auf § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 EStG gestützten LSt-Nachforderungsbescheid.
Die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage wies das FG ab (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.4.2021, 10 K 1865/20, Haufe-Index 15155035, EFG 2022, 99).
Entscheidung
Auf die Revision der Klägerin hat der BFH die Vorentscheidung aufgehoben und der Klage stattgegeben. Das FG habe die von der Klägerin geleisteten Beiträge an die Unterstützungskasse im Streitzeitraum zu Unrecht nicht in den für die Bemessung der steuerfreien Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit maßgeblichen Grundlohn einbezogen.
Hinweis
1. Nach § 3b Abs. 1 EStG sind Zuschläge, die für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden, unter weiteren – hier nicht streitigen – Voraussetzungen steuerfrei.
2. Grundlohn ist der laufende Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum zusteht; er ist in einen Stundenlohn umzurechnen und mit höchstens 50 EUR anzusetzen (§ 3b Abs. 2 Satz 1 EStG).
3. Grundlohn (laufender Arbeitslohn) steht dem Arbeitnehmer zu, wenn er diesem bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung geschuldet wird. Ob und in welchem Umfang der Grundlohn dem Arbeitnehmer tatsächlich zufließt, ist für die Bemessung der Steuerfreiheit der Zuschläge aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift (zusteht) ohne Belang.
4. Aus der bisherigen Rechtsprechung des Senats zu § 3b EStG ergibt sich nichts anderes.
a) Der Senat hat bei der Bestimmung des Grundlohns i.S.v. § 3b Abs. 2 Satz 1 EStG die dort verwandte Maßgröße "laufender Arbeitslohn" von den sonstigen Bezügen abgegrenzt und diesbezüglich ausgeführt, dass laufender Arbeitslohn das dem Arbeitnehmer regelmäßig zufließende Arbeitsentgelt (Monatsgehalt, Wochen- oder Tageslohn, Überstundenvergütung, laufend gezahlte Zulagen oder Zuschläge und geldwerte Vorteile aus regelmäßigen Sachbezügen) sei (zuletzt BFH, Urteil vom 16.12.2021, VI R 28/19, BFH/NV 2022, 383, BFH, Urteil vom 14.10.2021, VI R 31/19, BFH/NV 2022, 112 und BFH, Urteil vom 9.6.2021, VI R 16/19, BFH/NV 2021, 1552).
b) Diese Ausführungen rechtfertigen den Schluss des FA, dass der Grundlohn gemäß § 3b Abs. 2 Satz 1 EStG nach dem tatsächlich zugeflossenen Entgelt, nicht aber nach dem arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsentgelt zu bemessen ist, jedoch nicht. Denn der Senat hat sich hierbei lediglich insoweit auf § 39b EStG bezogen, als sich auch bei dieser Vorschrift die Notwendigkeit ergibt, zwischen laufendem und nicht laufendem Arbeitslohn (sonstige Bezüge) zu unterscheiden. Bei dem Verweis des Senats auf § 39b EStG handelt es sich damit lediglich um eine (materielle) inhaltsbestimmende Konkretisierung des Gesetzestextes dahin gehend, dass auch bei der Bemessung der Steuerfreiheit von Zuschlägen für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit nach § 3b EStG entsprechend zwischen laufendem und nicht laufendem Arbeitslohn zu unters...