Rz. 135
Der Gesetzgeber ordnet aus drei Gründen die ergänzende Anwendung von HGB-Vorschriften zu den IFRS an:[1]
- Vorschriften, die unabhängig von den zu befolgenden Rechnungslegungsvorschriften immer Gültigkeit besitzen,
- Vorschriften, die ausgewählte Regelungen der Bilanzrichtlinie umsetzen, und
- Vorschriften, die dem öffentlichen Interesse dienen oder Angaben vervollständigen, die für den Nutzer relevant sind.
Rz. 136
Zur ersten Gruppe gehören:
- § 243 Abs. 2 HGB: Grundsatz der Klarheit und Übersichtlichkeit (§ 243 Rz 20 ff.),
- § 244 HGB: Aufstellung in deutscher Sprache und in EUR (§ 244 Rz 4 ff.),[2]
- § 245 HGB: Pflicht zur Unterzeichnung (§ 245 Rz 1 ff.) und
- § 257 HGB: Aufbewahrungsvorschriften (§ 257 Rz 1 ff.).
Rz. 137
Zur zweiten Gruppe gehören:
- § 285 Satz 1 Nr. 7 HGB: Anhangangabe zur Beschäftigtenzahl (§ 285 Rz 37 ff.),
- § 285 Satz 1 Nr. 8b HGB: Anhangangabe zum Personalaufwand (§ 285 Rz 44 ff.),
- § 285 Satz 1 Nr. 9 HGB: Anhangangabe zu den Bezügen der (ehemaligen) Organmitglieder sowie zu den ihnen gewährten Krediten und Vorschüssen (§ 285 Rz 49 ff.); hierbei konnte bis einschl. des Gj 2020 unter den Voraussetzungen des § 286 Abs. 6 HGB[3] auf die in § 285 Satz 1 Nr. 9 Buchst. a HGB Satz 5–8 verlangten Angaben verzichtet werden, ab dem Gj 2021 sind diese Angabepflichten ohne Befreiungsmöglichkeit mit dem ARUG II in § 162 AktG verschoben worden (§ 315d Rz 3 ff.),
- § 285 Satz 1 Nr. 11 HGB: Anhangangabe zu den Unt, von denen die bilanzierende Ges. mind. 20 % der Anteile besitzt (§ 285 Rz 79 ff.),
- § 285 Satz 1 Nr. 11a HGB: Unt, deren unbeschränkt haftender Gesellschafter das bilanzierende Unt ist (§ 285 Rz 84 ff.).
Unter den Voraussetzungen des § 286 Abs. 3 HGB (§ 286 Rz 12 ff.) kann im Jahresabschluss nach internationalen Rechnungslegungsstandards auf die Angaben gem. § 285 Satz 1 Nr. 11 und 11a HGB verzichtet werden.
Rz. 138
Zur dritten Gruppe gehören die folgenden Regelungen:
- § 285 Satz 1 Nr. 10 HGB: namentliche Nennung der Organmitglieder (§ 285 Rz 73 ff.),
- § 285 Satz 1 Nr. 15 HGB: Angaben zu den persönlich haftenden Gesellschaftern bei PersG nach § 264a HGB (§ 285 Rz 106 ff.),
- § 285 Satz 1 Nr. 16 HGB: Angaben zur Entsprechenserklärung gem. § 161 AktG (§ 285 Rz 110 ff.) und
- § 285 Satz 1 Nr. 17 HGB: Angaben zur Höhe der Vergütung des Abschlussprüfers (§ 285 Rz 113 ff.).
Rz. 139
Sofern im Gesellschaftsrecht weitere Vorgaben zu Erläuterungen i. R. d. Anhangs bestehen, wie insb. zu den Rücklagen der AG gem. § 152 Abs. 2 und 3 AktG, sind diese nicht in den IFRS-Anhang aufzunehmen. Entscheidend hierfür ist, dass sich alle materiellen Fragen, wie insb. die Höhe der möglichen Ausschüttungen oder die Umwandlung von Rücklagen in Nennkapital, aus dem HGB-Jahresabschluss ergeben.
Rz. 140
Der Lagebericht des Unt bezieht sich auf den HGB-Abschluss. Nutzt ein Unt das Wahlrecht des § 325 Abs. 2a HGB, ordnet Satz 4 die Bezugnahme im Lagebericht auf den internationalen Abschluss an. Dies ist jedoch nur insoweit erforderlich, wie sich die Angaben nicht bereits aus dem Anhang ("notes") ergeben, weil sonst eine doppelte Berichterstattung erfolgte. Um dies zu verhindern, sollte im Lagebericht auf den Anhang verwiesen werden.[4] Diese Vorgehensweise hat den Vorzug, dass die von § 325 Abs. 2a Satz 2 HGB verlangte Vollständigkeit gewahrt bleibt. Dabei muss der Verweis eindeutig sein. Er darf nicht dazu führen, dass einem Außenstehenden der Einblick erschwert wird, sodass ein präziser Verweis unter Angabe der exakten Fundstelle in den "notes" geboten ist. Hingegen könnte eine umgekehrte Verweisung dazu führen, dass nicht alle Angaben in den "notes" enthalten sind. Dies ist nur zulässig, wenn ein IFRS-Standard den Verweis explizit erlaubt.[5]
Rz. 141
In der Praxis werden tw. zwei eigenständige Lageberichte aufgestellt, die im Übrigen identisch sind, aber bei der Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage ein Lagebericht auf den HGB-Abschluss Bezug nimmt und der andere auf den IFRS-Abschluss (§ 324a Rz 17). Gem. § 325 Abs. 2a und 2b HGB sind dann beide Abschlüsse offenzulegen. Dies hat zur Konsequenz, dass kein Verlust an Informationen ggü. einer zusammengefassten Veröffentlichung eintritt. Daher ist davon auszugehen, dass diese Vorgehensweise zulässig ist.
Rz. 142
Diese Erläuterungen haben sich – entsprechend dem Grundsatz der Wesentlichkeit – auf bedeutsame Änderungen bzw. Abweichungen zu beziehen. Ferner muss erkennbar bleiben, auf welchen Regelungskreis sich die Angaben im Lagebericht beziehen.
Rz. 143
Als grundlegend problematisch erweist sich die "Vermischung" von internationalen und nationalen Vorgaben. Dies führt im Detail zu erheblichen Problemen, weil Begrifflichkeiten z. T. abweichend definiert werden.
Praxis-Beispiel[6]
Der Kreis der Arbeitnehmer wird nach den IFRS bzw. den HGB-Vorschriften unterschiedlich abgegrenzt. So zählen z. B. Vorstände und Geschäftsführer nach IAS 19.5 zu den employees, nicht aber zu den Arbeitnehmern gem. § 267 HGB.
Rz. 144
Um die angestrebte Transparenz zu erlangen, kann es sich anbieten, i. R...
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