Kommentar
Der AEAO zu § 158 AO (Beweiskraft der Buchführung) wurde neu gefasst. Die Finanzverwaltung geht insbesondere darauf ein, wann die Vermutung zur sachlichen Richtigkeit nach § 158 AO ihre Wirksamkeit verliert.
Eine nicht unerhebliche Anzahl von Änderungen der AO hat ein Gesetz mit der recht sperrigen Bezeichnung "Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/514 des Rates vom 22. März 2021 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Modernisierung des Steuerverfahrensrechts" gebracht. Verkürzt wird hierbei auch vom DAC-7-Umsetzungsgesetz gesprochen, da diese EU-Richtlinie durch das Gesetz in nationales deutsches Recht transformiert wird.
Ausgestaltung der elektronischen Buchführung
§ 158 Abs. 2 AO wurde hierbei dahingehend ergänzt, dass keine Beweiskraft für die Buchführung gelten soll, wenn wie bisher die Umstände des Einzelfalls dagegensprechen sowie – und das ist neu – die elektronischen Daten nicht nach der Vorgabe der einheitlichen digitalen Schnittstelle zur Verfügung gestellt wurde. Diese gesetzliche Ergänzung wird in der Überarbeitung des Anwendungserlasses zur AO den § 158 AO betreffend nachvollzogen.
Die Gesetzesänderung sowie die Überarbeitung des Anwendungserlasses, der die Auffassung der Finanzverwaltung bei der Auslegung der Bestimmungen der AO wiedergibt, zeigen, wie wichtig es in der Zwischenzeit ist, bei der Organisation der Buchführung auf eine Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zur Ausgestaltung der elektronischen Buchführung zu achten. In diesem Zusammenhang sei auch auf die Grundsätze der ordnungsgemäßen Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD) verwiesen, die ebenfalls jüngst in Teilbereichen überarbeitet worden sind (BMF, Schreiben v. 11.3.2024, vgl. News).
§ 158 AO ist eine recht häufig unterschätzte Bestimmung der AO. Die Bestimmung normiert zunächst in § 158 Abs. 1 AO, dass eine Buchführung, die den gesetzlichen Vorgaben der §§ 140 bis 148 AO entspricht, grundsätzlich der Besteuerung zugrunde zu legen ist. Dies gilt nach § 158 Abs. 2 AO nicht, sofern die Umstände des Einzelfalls die Richtigkeit in Frage stellen oder die elektronischen Daten nicht nach den Vorgaben der einheitlichen digitalen Schnittstelle zur Verfügung gestellt werden.
Formelle Ordnungsmäßigkeit der Buchführung
Einleitend stellt das BMF-Schreiben die gesetzliche Neuregelung des § 158 Abs. 2 AO dar, die Grund für die Überarbeitung des AEAO ist (siehe hierzu oben). Eine formell ordnungsgemäße Buchführung führt dazu, dass die Richtigkeit der Buchführung und der Aufzeichnungen vermutet wird.
Von einer formellen Ordnungsmäßigkeit ist auszugehen, wenn die Buchführung und die übrigen Aufzeichnungen den Anforderungen der §§ 140 bis 148 AO sowie gegebenenfalls weiteren Ordnungsvorschriften aufgrund von Einzelsteuergesetzen entsprechen. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalles. Einzelne Mängel führen nicht dazu, dass die Buchführung in der Gesamtwertung zu verwerfen ist. Dies ist erst bei wesentlichen Mängeln der Fall.
Die Vermutung der Richtigkeit der Buchführung gilt nicht, wenn aufgrund einer Verprobung oder anderer Erkenntnisse unwahrscheinlich ist, dass das ausgewiesene Ergebnis zutreffend ist.
Digitale Unterlagen
Neu sind Ausführungen zu den Ergänzungen des § 158 Abs. 2 Nr. 2 AO. Die Vermutung nach § 158 Abs. 1 AO gilt nicht, wenn der Steuerpflichtige der Finanzverwaltung aufbewahrungspflichtige digitale Unterlagen nicht nach den Vorgaben der einheitlichen digitalen Schnittstellen (hierzu insbesondere § 146a AO, § 147b AO sowie § 41 Abs. 1 Satz 7 EStG) zur Verfügung stellt. Das Zurverfügungstellen nach den Vorgaben der einheitlichen digitalen Schnittstelle stellte eine Anforderung an die formelle Ordnungsmäßigkeit der Buchführung und der übrigen Aufzeichnungen dar. Erforderlich ist es insbesondere auch, dass die digitalen Unterlagen und Strukturinformationen in dem geforderten Datenformat vorgelegt werden. Die Ausführungen konkretisieren somit die gesetzlichen Vorgaben nach § 158 Abs. 2 Nr. 2 AO.
Folgen einer nicht ordnungsgemäßen Buchführung
Schließlich werden die Folgen einer nicht ordnungsgemäßen Buchführung dargestellt. Die Folgen für die Besteuerung ergeben sich nach den Umständen des Einzelfalles. Ist die Buchführung oder die Aufzeichnungen ganz oder zum Teil nicht ordnungsgemäß, können die Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden. Diese Schätzungsbefugnis geht so weit, wie die Beanstandungen reichen. Eine Vollschätzung an der Stelle einer Hinzuschätzung kommt nur dann in Betracht, wenn die Buchführung in wesentlichen Teilen unbrauchbar ist. Diese Schätzungsbefugnis ist auch bei einer Anwendung des § 158 Abs. 2 Nr. 2 AO gegeben. Die Schätzungsbefugnis reicht hier so weit, wie die digitalen Unterlagen und Strukturinformationen nicht in dem geforderten Datenformat vorgelegt werden.
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