Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung; Fortführung eines gesetzlichen Regelungen nicht entsprechenden Verwaltungshandelns
Leitsatz (NV)
1. Darlegungserfordernisse bei einer aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung geklärten Rechtsfrage.
2. Ein aus Art. 3 GG herzuleitender Anspruch gegenüber einer Behörde auf Fortführung einer den gesetzlichen Regelungen nicht entsprechenden Verwaltungspraxis besteht nicht (Rechtsprechungshinweise).
Normenkette
EStG § 34 Abs. 1-2; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, § 116 Abs. 3 S. 3; AO 1977 §§ 163, 227; GG Art. 3
Verfahrensgang
FG Nürnberg (Urteil vom 15.07.2004; Aktenzeichen VI 145/2003) |
Gründe
Der Senat entscheidet mittels Kurzbegründung (§ 116 Abs. 5 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Die Beschwerde ist unzulässig und war daher zu verwerfen. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat die von ihm geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) nicht in einer den Erfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Weise dargelegt.
Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache setzt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame Rechtsfrage voraus, deren Beantwortung in dem angestrebten Revisionsverfahren aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/ oder Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt; es muss sich um eine Frage handeln, die klärungsbedürftig und im konkreten Streitfall auch klärungsfähig ist (vgl. etwa BFH-Beschluss vom 7. Oktober 2003 VII B 196/03, BFH/NV 2004, 232, m.w.N.). Zur Darlegung dieser Zulassungsvoraussetzungen ist somit erforderlich, dass der Beschwerdeführer innerhalb der Begründungsfrist eine konkrete Rechtsfrage formuliert und substantiiert auf ihre Klärungsbedürftigkeit, ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung sowie darauf eingeht, weshalb von der Beantwortung der Rechtsfrage die Entscheidung über die Rechtssache abhängt (BFH-Beschluss in BFH/NV 2004, 232, m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Beschwerdebegründung nicht, insbesondere fehlt es an der Darlegung der Klärungsbedürftigkeit der vom Kläger benannten Rechtsfragen.
Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG), an die der Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO im Revisionsverfahren gebunden wäre, sind die bayerischen Kirchensteuerämter im Laufe des Jahres 1998 von ihrer Praxis abgerückt, bei Vorliegen eines Veräußerungsgewinns gemäß § 34 Abs. 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) einen hälftigen Teilerlass zu gewähren ("Erlassautomatik"). Diese Praxis entsprach --entgegen der Beurteilung durch die Kläger-- nicht den gesetzlichen Vorgaben der §§ 163 und 227 der Abgabenordnung (AO 1977), wonach eine Prüfung der (sachlichen oder wirtschaftlichen) Unbilligkeit der Einziehung von Steueransprüchen nach Lage des einzelnen Falles zu erfolgen hat. Von diesem Erfordernis sind auch die Kirchensteuerämter bei ihrer 1998 getroffenen Entschließung ausgegangen. Sie wird bestätigt durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Mai 2003 9 C 12/02 (BVerwGE 118, 201, Neue Juristische Wochenschrift 2003, 3001, m.w.N.), auf die sich auch die Vorentscheidung bezieht und wonach die Kirchen als Beteiligte in einem öffentlich-rechtlichen Besteuerungsverfahren gleichermaßen wie staatliche Behörden an den Grundsatz der Gesetz- und Tatbestandsmäßigkeit der Steuererhebung gebunden sind.
Es ist höchstrichterlich entschieden, dass ein (aus Art. 3 des Grundgesetzes herzuleitender) Anspruch auf Fortführung einer den gesetzlichen Regelungen nicht entsprechenden Verwaltungspraxis nicht besteht (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts gemäß § 93a Abs. 3 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht vom 7. August 1985 1 BvR 707/85, Deutsche Steuer-Zeitung/Eildienst 1985, 277); einen Anspruch auf "Gleichbehandlung im Unrecht" gibt es nicht (BFH-Urteile vom 29. April 1987 II R 166/84, BFH/NV 1988, 613; vom 15. Januar 1986 II R 141/83, BFHE 145, 453, BStBl II 1986, 418). In der Einstellung einer rechtswidrigen oder zumindest fragwürdigen Erlasspraxis kann daher auch kein Ermessensfehlgebrauch erblickt werden.
Die vorstehenden Grundsätze gelten gleichermaßen für einen vom Kläger möglicherweise zusätzlich vorgetragenen Anspruch auf eine vertrauensschützende Übergangsregelung. Aus einer Praxis, die geltendem Recht nicht entspricht, kann sich ebenso wenig wie eine Bindung der Verwaltung auch kein Vertrauensschutz ergeben (BFH-Urteil vom 27. April 1995 VII R 13/94, BFH/NV 1995, 1099).
Der Kläger hält lediglich die Vorentscheidung für unzutreffend und stellt ihr seine eigene Rechtsauffassung gegenüber. Ein derartiges Beschwerdevorbringen ist zur Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der vorliegenden Rechtssache nicht geeignet.
Fundstellen
Haufe-Index 1351796 |
BFH/NV 2005, 1214 |