Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksame Ausschlußfrist bei maschinenschriftlicher Wiederholung der Unterschrift
Leitsatz (NV)
Eine Ausschlußfrist nach Art. 3 § 1 VGFGEntlG zur Nachreichung einer Prozeßvollmacht ist wirksam gesetzt, wenn die Urschrift von dem Richter mit dem vollen Namen unterschrieben ist und die dem Prozeßbevollmächtigten zugestellte beglaubigte Abschrift diese Unterzeichnung erkennen läßt.
Normenkette
VGFGEntlG Art. 3 § 1; VwZG § 2
Tatbestand
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Beschwerdeführerin) hatte gegen die Festsetzung der Umsatzsteuer für das Kalenderjahr 1983 durch den Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt - FA -) mit Schriftsatz vom 2. Januar 1986 Klage zum Finanzgericht (FG) . . . einlegen lassen. Mit Verfügung vom 7. Januar 1986 ist die Prozeßbevollmächtigte aufgefordert worden Vollmacht vorzulegen. Am 10. April 1986 setzte der Vorsitzende des zur Entscheidung zuständigen Senats des FG zur Einreichung einer Prozeßvollmacht eine Ausschlußfrist von einem Monat, beginnend mit Zustellung der Verfügung gemäß Art. 3 § 1 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit vom 31. März 1978 (VGFGEntlG). Die Verfügung ist vom Vorsitzenden mit vollem Namen unterzeichnet; der Prozeßbevollmächtigten wurde die Verfügung durch Übergabe einer beglaubigten Abschrift am 16. April 1986 zugestellt. Da die Vollmacht erst am 22. Mai 1986 beim Gericht einging, wies das FG die Klage mit Urteil vom 20. Juni 1986 als unzulässig ab; einen Ausspruch über die Zulassung der Revision enthielt das Urteil nicht.
Mit Schriftsatz vom 28. Juni 1986 legte der nunmehrige Prozeßbevollmächtigte Revision gegen das Urteil ein. Mit Anordnung vom 29. August 1986 wies der Berichterstatter des erkennenden Senats den Prozeßbevollmächtigten darauf hin, daß die Rechtsmittelbelehrung in dem angefochtenen Urteil unrichtig sei, da sie die Streitwertrevision für statthaft erklärte. Da im Fall einer unrichtigen Rechtsmittelbelehrung die Rechtsmittelfrist nicht zu laufen beginne, könne die Revision nachträglich statthaft werden, wenn eine zulässige und begründete Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bei dem FG eingelegt würde. Mit Schriftsatz vom 13. Oktober 1986 an das FG beantragte der Prozeßbevollmächtigte unter anderem ohne weitere Begründung die Zulassung der Revision. Das FG half der Nichtzulassungsbeschwerde nicht ab (Beschluß vom 15. Oktober 1986). Am 24. November 1986 ging beim Bundesfinanzhof (BFH) eine Begründung zur Nichtzulassungsbeschwerde ein, mit der ein Verfahrensmangel nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geltend gemacht wird.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie rechtzeitig eingelegt, da die Beschwerdefrist nach § 115 Abs. 3 Satz 1 FGO wegen der unzulänglichen Rechtsmittelbelehrung (s. hierzu den Beschluß vom 9. April 1987 in der Sache V R 85/86) nicht zu laufen begonnen hat (§ 55 FGO). Entgegen § 115 Abs. 3 Sätze 2 und 3 FGO ist zwar die Begründung der Beschwerde nicht bei dem FG eingelegt worden. Dem kommt jedoch wegen der besonderen Fallgestaltung für die Frage der Rechtzeitigkeit der Begründung keine Bedeutung zu, weil jedenfalls die Frist des § 55 Abs. 2 Satz 1 FGO noch lief. Einer nachträglichen Vorlage der Begründung an das FG durch den BFH bedurfte es nicht, da dieses bereits den Beschluß über die Nichtabhilfe erlassen hat, so daß nunmehr der BFH über die Beschwerde zu entscheiden hat.
Die Klägerin stützt ihre Beschwerde auf einen Verfahrensmangel i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO. Die der Prozeßbevollmächtigten im Klageverfahren zugestellte beglaubigte Abschrift der Anordnung vom 10. April 1986 sei nur maschinenschriftlich unterzeichnet worden. Dies genüge den geforderten Formvorschriften nicht; die Frist sei daher nicht wirksam gesetzt worden, so daß die Klageabweisung als unzulässig zu Unrecht erfolgt sei.
Die Beschwerde ist unbegründet.
Der von der Klägerin behauptete Verfahrensmangel liegt nicht vor. Der BFH hat in dem von der Klägerin zitierten Urteil vom 26. August 1982 IV R 31/82 (BFHE 136, 351, BStBl II 1983, 23) gefordert, daß eine festsetzende Anordnung nach Art. 3 § 1 VGFGEntlG vom Vorsitzenden oder dem beauftragten Richter mit dem vollen Namen zu unterschreiben sei. Das ist im Streitfall geschehen. Unschädlich ist, daß die der Prozeßbevollmächtigten zugestellte beglaubigte Abschrift lediglich den Namen des unterzeichnenden Richters maschinenschriftlich wiederholte. Der BFH hat in dem genannten Urteil ausgeführt, daß bei Zustellung durch Übergabe eines Schriftstücks in beglaubigter Abschrift (§ 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes), Abschrift und Urschrift übereinstimmen müssen. Es genügt aber, wenn die Urschrift mit dem vollen Namen des Vorsitzenden unterzeichnet ist und die Abschrift diese Unterzeichnung - wie im Streitfall - erkennen läßt (ebenso Urteil vom 14. April 1983 V R 4/80, BFHE 138, 21, BStBl II 1983, 421).
Fundstellen